Meschede. . Gegen den Willen der heimischen Jägerschaft und des Landesjagdverbandes NRW will die Stadt Meschede in der nächsten Woche neue Pachtverträge für zwei ihrer fünf Jagdbezirke vergeben.

Sie sehen neue, strengere Vorgaben vor. Die Jäger sprechen von „Gängel-Pachtverträgen“, so der Justiziar des Landesjagdverbandes, Rechtsanwalt Hans-Jürgen Thies aus Hamm.

Mit den neuen Verträgen sollen Jäger dazu gezwungen werden, Wild nicht mehr als künftige Trophäenträger zu betrachten, sondern intensiv zu jagen. Denn die Stadt ist in Sorge um ihre Bäume: Zuviel Rot- und Sikawild bedeutet zu hohe Schäden an jungen Bäumen. Das mindert den Gewinn beim Holzverkauf. Noch, sagt Stadtförster Roland Wiese, sind die Schäden „nicht so verbreitet“. Er beziffert sie nicht: „Aber man spürt den Druck der Tiere auf unser Stadtgebiet.“ Die Stadt will deshalb vorbeugen.

Der Druck kommt aus dem Norden des Arnsberger Waldes. Bei Hirschberg haben sich Mescheder Politiker gerade über die dortigen Biss-Schäden informiert. Bürgermeister Uli Hess sagt: „Wir sind ganz nah dran.“ „Innerhalb von fünf Jahren kann sich das drehen“, sagt Roland Wiese. Bei Warstein wird jetzt intensiver bejagt. Konsequenterweise soll sich das auch auf Mescheder Gebiet fortsetzen.

„Wild hat sich unterzuordnen“

Dafür sind die neuen Pachtverträge gedacht: „Wir suchen uns die Pächter aus, die auch jagen wollen“, sagt der Mescheder Förster. Der Zeitpunkt ist gerade günstig: Zwei Verträge im Mescheder Stadtwald (Wildleck mit 531 Hektar, Fuchsloch mit 218 Hektar) laufen im März 2016 aus, die drei Reviere bei Eversberg gelten noch bis 2024. Es geht um viel Geld für die Stadt: Während die Einnahmen aus der Jagdpacht bei derzeit 60 000 Euro im Jahr liegen, steuern die Holzverkäufe dem Haushalt rund 550 000 Euro im Jahr an Gewinn bei. Roland Wiese sagt klar: „Das Wild hat sich dem unterzuordnen, was wir forstwirtschaftlich wollen.“ Sein Ziel lautet: „Gesundes Wild in einem gesunden Wald.“

Wilfried Bastert, Vorsitzender des Hegerings Bestwig (in dessen Gebiet Reviere bei Eversberg liegen), zweifelt die Zahlen des Försters an: „Die Stadt baut ein Horrorszenario auf.“ Die Probleme, die etwa in Warstein bestünden wegen eines „forstpolitischen Versagens“, gebe es in Meschede nicht. Bastert spricht von einer „wirtschaftlich tragbaren Wilddichte“.

Die neuen Bestimmungen sehen unter anderem restriktive Schadensersatzforderungen der Stadt an die Pächter vor, wenn diese ihre Abschussquoten nicht erfüllen. An so genannten „Schälschadenspunkten“ im Wald wird der Förster (auf Kosten der Pächter) kontrollieren, ob die Jäger ihr Revier künftig im Griff haben. Bis zum 15. Oktober müssen 70 Prozent des weiblichen Schalenwild-Abschusses erfüllt sein: Ansonsten darf die Stadt als Verpächter ohne die Beteiligung des Pächters mit eigenen Gästen eine so genannte Drück- oder Regiejagd durchführen.

Verstoß gegen Gesetz?

Unter anderem diese Regelung macht die Jäger beinahe sprachlos: In 30 Jahren Erfahrung, sagt Landesjagd-Justiziar Hans-Jürgen Thies, habe er „noch nirgendwo Verträge in dieser rigorosen Form entdeckt“. Aus seiner Sicht verstoße die Stadt Meschede mit ihren Pacht-Klauseln gegen das Bundesjagdgesetz: Mit der Möglichkeit der Stadt, gegen den Willen des Pächters die Drückjagd zur Erfüllung der Abschussquote durchzusetzen, „ist der Jäger nicht mehr Herr in seinem eigenen Revier“. Thies betont auch das „enge Zeitfenster“, vom Beginn der Jagdzeit ab August/September bis Mitte Oktober überhaupt die Quote erfüllen zu können: „Das ist schlichtweg in der Praxis nicht erreichbar.“ Der Landesjagdverband rät seinen Mitgliedern ausdrücklich davon ab, solche „Gängel-Verträge“ zu unterzeichnen. Er rät dazu, die Ausschreibung zu stoppen.

Auch Bernd Bertelsmeyer, Vorsitzender des Hegerings Meschede, sieht den Pachtvertrag als „sittenwidrig und juristisch nicht haltbar“ an. Er hat keinerlei Verständnis dafür, dass in Meschede noch restriktivere Vorschriften für Jäger gelten sollen als es das neue, von den Grünen geprägte und umstrittene Landesjagdgesetz ohnehin vorsehe – „und das auch noch bedauerlicher Weise mit der Unterstützung einer CDU geführten Stadtverwaltung“.

Auch die beiden heimischen Hegeringe raten ab, die Pachtverträge jetzt abzuschließen. Aber, sagt Wilfried Bastert: „Wir befürchten, dass die Verträge noch unter dem jetzigen Bürgermeister abgeschlossen werden sollen.“