Meschede. . Motorrad-Raser bereiten der Polizei im Hochsauerlandkreis zunehmend Probleme. Selbst Rüttelstreifen halten sie nicht auf. Es gab schon vier Tote.

Eine Minderheit von Motorradfahrern bedroht die Sicherheit auf den Straßen im Kreisgebiet. Sie rasen auf Teufel komm heraus. Wenn sie angehalten werden sollen, fahren sie der Polizei mit weit über 200 Stundenkilometern davon. Die Raser auf zwei Rädern sind zum Problem für die Polizei geworden. Selbst die Rüttelstreifen am Hirschberger Weg haben sich als nutzlos bei ihnen erwiesen.

Mit Vollgas an der Grenze zum Tod

Eigentlich könnte die Polizei beruhigter sein. Denn die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschäden im HSK ist im ersten Halbjahr 2015 sogar leicht rückläufig (350 zu 357). Selbst die Unfälle mit Beteiligung von Motorradfahrern gingen zurück, von 87 auf 61. Doch in der Statistik sind eben auch vier tote Motorradfahrer, die für die Polizei als Raser feststehen. Josef Jakobi, Leiter der Direktion Verkehr bei der Kreispolizeibehörde, muss feststellen: „Wer ständig am Limit fährt, der fährt an der Grenze zum Tod.“

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Josef Jakobi nennt die Gruppe der Raser „die Hardcorefahrer“. Sie fahren PS-starke Einsitzer, die optisch auf Sportlichkeit getrimmt sind: „Das stellt schon von außen die pure Aggression dar.“ Man erkennt sie äußerlich: An der Außenseite der Knie haben sie zentimeterdicke Alu-Platten aufgeklebt, damit sie in Kurvenlage auf der Straße entlangschleifen können. Sie tragen nicht die übliche schwarze Motorradkluft, sondern individuelle Kleidung: „Das soll alles zeigen, dass sie anders sind.“

Ermittlungen gegen Raser aus dem Ruhrgebiet

Videos, vom Polizeimotorrad aus gefilmt, zeigen das skrupellose Verkehrsverhalten – zuletzt aufgenommen am 23. Juli am Hirschberger Weg, als ein Polizist die Verfolgung aus Eigenschutz schließlich in Hirschberg-Bache aufgeben muss, weil der Motorradfahrer vor ihm auf über 200 km/h beschleunigte. Zuvor hatte er Kurven mit 120 km/h genommen. Die Ermittlungen gegen den Fahrer aus dem Ruhrgebiet laufen, sein Kennzeichen konnte immerhin abgelesen werden.

18-Jähriger filmt in Hagen eigenen Motorrad-Unfall

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    Das ist nicht die Regel: Bei Sundern wurde ein Motorradraser angehalten, bei dem der Einstellwinkel am Kennzeichen bei Bedarf gezielt verändert werden konnte – so kann das Nummernschild nicht abgelesen werden: „Die bereiten sich darauf vor, hier geblitzt zu werden“, sagt Jakobi. In diesem Fall wurde der Fahrer gefragt, warum er nicht auf dem Nürburgring fahre: „Das wäre ja langweilig“, antwortete er der Polizei.

    Raser verabreden sich über WhatsApp-Gruppen zum Rennen 

    Auf den Strecken sprechen sich die Fahrer über WhatsApp-Gruppen ab. Sie schauen, ob am Hirschberger Weg eine Streife unterwegs ist. Die Raser kommen dann, wenn die „Cruiser“ auf ihren Motorrädern und der Berufsverkehr auf der Strecke durch sind: Nach 18 Uhr, 60 Prozent der Unfälle ereignen sich freitags bis sonntags.

    Rüttelstreifen sind Eyecatcher

    „Rüttelstreifen sind Eyecatcher. Die zeigen nur, dass es gefährlich wird. Mehr nicht.“ Denn sogar zwischen den Rüttelstreifen beschleunigen die Raser wieder, so die Beobachtung der Polizei – und vor und hinter den Streifen ohnehin. Man werde wieder über eine Sperrung des Hirschberger Weges für Motorradfahrer an Wochenenden sprechen müssen, meint Josef Jakobi.

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    Der letzte schwere Unfall am Hirschberger Weg passt ins Bild: Am 22. Juli verunglückt ein 25-Jähriger aus Bielefeld genau zwischen den Rüttelstreifen – bei angeblich 90 km/h hatte er die Kontrolle über sein Motorrad verloren. Erlaubt ist Tempo 70. Durch die Wucht des Aufpralls war ihm der Helm vom Kopf gerissen worden. Er wurde schwerst verletzt, hat dauerhafte Schäden am Arm.

    Polizei schafft neue Messgeräte an

    Mit Prävention ist bei den Rasern nichts anzufangen, sagt Jakobi freimütig: „Da hilft nur Repression.“ Die Polizei ist dabei, neue Messgeräte anzuschaffen. Die „Leivtec“-Geräte können auch unter Leitplanken oder in Bäumen angebracht werden.

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    Bei ertappten Rasern hofft er auf Unterstützung der Straßenverkehrsbehörde: Raser müssten ihre charakterliche Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr nachweisen – das würde eine Teilnahme an der verhassten Medizinisch-Psychologischen Untersuchung bedeuten.

    Außerdem sollten Raser gezwungen werden, Fahrtenbücher führen zu müssen. Erwischte Raser sollten ihre Fahrverbote nicht in den Herbst oder Winter legen dürfen – „das muss natürlich im Sommer in der Saison sein“.