Meschede. . „Flüchtlinge - das ist das Thema des Jahres“, Pastor Reinhold Schlappa wird ernst. „Ich kann doch nicht immer nur darüber predigen, dass man helfen soll. Damit zu leben - das ist schon eine andere Herausforderung.“
Seit einer Woche beherbergt Pastor Reinhold Schlappa ein junges Paar aus Albanien. Erinda und Arbri lebten seit einem Jahr in Flüchtlingsunterkünften in Calle, Freienohl und Berge. Die junge Frau ist schwanger.
„Na, wenn das nicht zu Weihnachten passt“, sagt Pastor Schlappa und seine Augen blitzen schelmisch: „Kind in katholischem Pfarrhaus geboren.“
Wohnen im Pfarrhaus
Doch Schlappa wird wieder ernst. Er wisse, wie es sei, fremd in einem Land zu sein, sagt der gebürtige Pole, der als Priester auch in Lateinamerika war. „Das Thema Flüchtlinge hat einfach an mein Gewissen geklopft.“ Deshalb bietet er nach dem ersten Treffen des neuen „Arbeitskreises Flüchtlinge“ Annegret Rasch von der Flüchtlingsberatung der Diakonie an, Asylbewerber im Pfarrhaus aufzunehmen.
Kurze Zeit später kommt ihr Anruf: „Könnten Sie sich vorstellen, ein junges Paar aufzunehmen, der Mann ist Katholik, die Frau ist Muslimin – sie ist im dritten Monat schwanger?“. Der Pastor kann.
Reinhold Schlappa wohnt im Pfarrhaus am Gemeinsamen Kirchenzentrum. „Ein Palast“, wie der Pastor sagt. Gebaut für einen Pfarrer, seine Haushälterin und mit viel Platz für ein Büro und eine Sekretärin. Platz, den Schlappa nicht braucht. Die Büroräume geben jetzt eine Wohnküche und ein Schlafzimmer her. Die Toilette ist auf dem Flur, das Bad eine halbe Treppe tiefer neben dem Wohnzimmer des Pastors.
„Eins hatte ich allerdings vergessen“, gesteht Schlappa, „den Kirchenvorstand zu fragen.“ Aber auch das ist kein Problem. Der Vorsitzende Dieter Borgmeier signalisiert: „Das ist deine Entscheidung, die Gemeinde freut sich.“
Als Schlappa im Gottesdienst nach der Erstausstattung für eine Flüchtlingsfamilie fragt, gibt es spontane Angebote: Jürgen und Margret Wrede stellten Küchengeräte und Möbel zur Verfügung. Else Garske organisierte über den Arbeitskreis Flüchtlinge den Transport.
Seit einer Woche wohnt das junge Paar nun im Kastanienweg. Arbri ist ein ernster junger Mann mit kurz geschorenen Haaren. Der 29-Jährige hat in seiner Heimat als Kassierer in einem Spielcasino gearbeitet. Seine lebhafte Frau hat die Schule mit dem Abitur abgeschlossen.
Mit dem Tod bedroht
Als Arbri um ihre Hand anhält, verweigert ihr Vater die Erlaubnis. „Bei uns heiraten Moslems und Christen nicht“, erzählen die beiden in einem Gemisch aus Englisch und Deutsch. Erindas Vater droht Arbri mit dem Tod, wenn er es wagt, seine Tochter zu heiraten, schwört Blutrache: „Nimmst du mir meine Tochter, nehme ich dir deinen Sohn.“ Das Paar widersetzt sich. Es heiratet noch in Albanien, bricht den Kontakt zur Familie ab und flieht nach Deutschland. „Nur meine Schwester weiß, wo ich bin“, sagt Erinda. Beide hoffen auf ein „Leben in Frieden - und eine Arbeit für Arbri.“
Wo sie sich in zehn Jahren sehen? Erinda ist schneller mit der Antwort. In Deutschland wolle sie leben „mit meinem Mann und zwei Kindern“, sagt die junge Frau. Arbri, der schon recht gut Deutsch spricht, denkt länger nach. „Leben wie die Deutschen, in Frieden und Freiheit“, sagt er nach einer Weile ernst. Erstmal wünscht er sich jetzt - da er einen befristeten Aufenthaltsstatus hat, einen Job. Auf lange Sicht würde er gern als Kfz-Mechaniker arbeiten. „Angst“, sagt Pastor Reinhold Schlappa, „müssen wir vor diesen Menschen nicht haben. Sie machen uns nicht arm, sondern reich.“