Menden. . Ein besonders schwieriger Fall beschäftigte das Amtsgericht Menden. Ein 45-Jähriger hatte seine Töchter über Jahre misshandelt. Trotz eines Geständnisses stellte das Gericht das Verfahren ein. Die Begründung: Der Richter wollte die Annäherung der Familienmitglieder nicht gefährden.

Auf dem Flur vor dem Verhandlungssaal fallen sich Vater und Tochter in die Arme. Der Mann streicht der jungen Frau vorsichtig über die Wange. Sie gibt ihm ein Küsschen. In der Familie ist man sich in den vergangenen Monaten wieder vorsichtig nähergekommen. Jahrelang war das ganz anders. Da hatte der Vater seine Kinder mit Schlägen traktiert.

Ja, die Vorwürfe seien so zutreffend. Der 45-Jährige gesteht gleich zu Beginn der Verhandlung im Amtsgericht alles ein, was die Staatsanwaltschaft ihm vorwirft. Die Anklage schildert ein jahrelanges Martyrium für die Töchter. Er soll die beiden Mädchen immer wieder mit Schlägen gedemütigt haben. Einmal soll der Kopf der ältesten Tochter gegen die Wand geschlagen sein. Ein anderes Mal nahm der Vater einen Fleischklopfer und schlug das Mädchen damit grün und blau.

Annäherung mit Tochter

Das Familiengerüst liegt in Trümmern. Die Mutter, die sich mehrfach vom Vater trennte, aber nie verheiratet war, steht unter amtlicher Betreuung. Die jüngste Tochter ist in klinischer Behandlung. Die ältere Tochter lebt selbst mit ihrer gerade geborenen Tochter im Mutter-Kind-Heim. Die Familie kam 2009 aus Polen nach Deutschland. Im Heimatland des Angeklagten gebe es noch einen anderen Begriff von Gewalt in der Erziehung, sagt die Verteidigerin.

Noch bevor die älteste Tochter und die Mutter überhaupt als Zeugen aussagen können, legt Richter Martin Jung eine Atempause ein. Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben gemerkt, dass sich in der Familie in den vergangenen Wochen viel Positives getan hat. Die Töchter reden wieder mit ihrem Vater. Es gibt gegenseitige Besuche. Der Vater besucht sein Enkelkind. Die Töchter geben den Rhythmus vor.

„Es ist sehr schwierig, alle Details zu verhandeln“, sagt Jung. Er fürchtet, dass eine Vernehmung der Töchter in der Familie wieder viel zerstören könnte. „Das würde eher zur Belastung der Beteiligten führen.“ So absurd es auf den ersten Blick klingt: Jung schlägt die Einstellung des Verfahrens vor – um die Opfer zu schützen.

40 Arbeitsstunden als Auflage

Das sehen alle Beteiligten nach den Beobachtungen aus der Verhandlung auch so. Das Verfahren gegen den prügelnden Papa wird eingestellt. Der 45-Jährige muss als Auflage 40 Arbeitsstunden ableisten. Der Angeklagte atmet auf. Und auch die Tochter lächelt. Sie freut sich für den Papa.