Wimbern.
Ein Flüchtlingsheim, ein Kindergarten und eine Seniorenresidenz auf dem selben Gelände in direkter Nachbarschaft – kann das gut gehen? Das Beispiel Wimbern zeigt: Ja! Bewohner der Seniorenresidenz St. Raphael, des Kindergartens Mini-Max und der Notunterkunft für Asylbewerber haben mit einem Straßenfest am Mittwoch bewiesen, wie gute Nachbarschaft funktionieren kann.
Sprachprobleme? Gibt es für Heidi nicht. Das Mädchen kommt aus Bosnien, hat von ihren Eltern aber schon ein paar Brocken Deutsch mitbekommen und gerade auf dem Fußweg zwischen Asylunterkunft und Kita ein neues Wort gelernt. „Laufdosen.“ Während sie das Wort immer wieder aufsagt, geht sie auf den Dosenstelzen auf und ab. „Ich habe Angst. Ich falle“, ruft sie lachend. Und die Kinder neben ihr, aus Syrien und aus Wimbern, lachen mit.
Eltern aus Syrien und Albanien
Kinder haben – anders als manche Erwachsene – keine Berührungsängste. Auch in Wimbern sind es die Kinder, die praktisch ohne Vorurteile aufeinander zugehen, miteinander spielen und sich mit Händen und Füßen unterhalten. Zuschauer sind die Eltern, Väter und Mütter aus Syrien und Albanien oder eben aus Wickede, aber auch die Senioren aus den Häusern St. Raphael. Zugegeben: Die Unterhaltungen der Erwachsenen halten sich aus verschiedensten Gründen in Grenzen. Aber sie alle sind hier. Und ihre Gesichter strahlen eine Zufriedenheit aus, die manche Zweifler überzeugen müsste.
Das Straßenfest am Mittwoch mit seinen langen Kaffeetischen und den Sonnenschirmen ist organisiert, aber nicht aufgesetzt. Denn das Nebeneinander von Senioren, Kindern und Flüchtlingen funktioniert auch im Alltag gut.
Das jedenfalls bestätigt Petra Gillberg von den Häusern St. Raphael. „Man läuft sich ständig über den Weg“, sagt sie und berichtet, dass sich die Senioren über das neue Leben in der Nachbarschaft freuen. In der Kita Mini-Max kommen immer wieder Kinder aus der Asyl-Notunterkunft vorbei und dürfen auf dem Spielplatz toben, so weit es der Platz zulässt. „Die Kinder finden schnell zueinander“, sagt Kita-Leiterin Diana Ersel. Und manch ein Senior fühlt sich angesichts der Flüchtlingsgeschichten von nebenan an die eigenen Erfahrungen erinnert. „Sie sagen, sie hätten nach ihrer eigenen Flucht auch gerne solch ein herzliches Willkommen erlebt“, erzählt Petra Gillberg.
Täglich wechselnde Bewohnerzahl
Die Idee hinter dem Straßenfest ist, die Nachbarn besser kennen zu lernen. Die Rahmenbedingungen machen das freilich nicht einfach, wie Kai Jetzenko berichtet. Er leitet die Notunterkunft und die Betreuung durch den Malteser-Hilfsdienst. „Die Bewohnerzahl wechselt täglich“, berichtet er, just am Tag vor dem Straßenfest verließ ein Bus mit Asylbewerbern Wimbern, um die Flüchtlinge zu ihrer nächsten Station in Deutschland zu bringen.
Die starke Fluktuation erschwert es, dass die Nachbarn persönliche Beziehungen aufbauen. Das fällt selbst den Kindern schwer. Aber immerhin: Einige Flüchtlinge haben beim Aufbau der Stände und Tische für das Straßenfest sehr bereitwillig geholfen.
„Der Anteil der Kinder unter den Bewohnern liegt oft über 50 Prozent“, sagt Jetzenko. Probleme unter den Flüchtlingen oder mit Nachbarn kennt er nicht. „Ich hoffe, dass bald die letzten Kritiker verstummen und sich überzeugen lassen“, sagt er.
Die Besucher der Kindertagesstätte Minimax und die Seniorenresidenz St. Raphael müssen nicht mehr überzeugt werden. Sie wollen einmal im Monat – wenn möglich – gemeinsame Aktionen oder Besuche organisieren.