Menden. .

In das Haus Falkenweg 2 hat am Donnerstag der stärkste Blitz eingeschlagen, der seit 33 Jahren in Deutschland gemessen wurde. Das hat Deutschlands Top-Blitzschutzexperte Reinhard Schüngel (München) analysiert.

Die Bewohner des einsturzgefährdeten Hauses kämpften gestern darum, eine vorübergehende Bleibe zu finden und möglichst viel Hab und Gut retten zu können. Die wohl beste Nachricht lautet dabei: Der schwerverletzte Bewohner der zerstörten Dachwohnung ist außer Lebensgefahr.

Ortstermin am Unglücksort, Freitagmittag um halb eins: Die Fernsehteams von WDR, RTL und SAT1 gehören seit dem Blitzeinschlag am Donnerstag quasi zum Straßenbild am Falkenweg. Jetzt haben sich vor dem Absperrband der Feuerwehr aber auch die Bewohner und Besitzer des Mehrfamilienhauses versammelt. Vertreter der betroffenen Versicherung, Ordnungsamtsleiterin Martina Potthoff und Feuerwehr-Einsatzleiter Frank Wyczisk sind vor Ort. Gemeinsam will die Gruppe noch einmal ins Haus zurückkehren, bevor es vorläufig versiegelt wird.

„Ich will Kleidung und persönliche Dinge herausholen“, sagt Uwe Mathieu. Er bewohnte das mittlere Geschoss, war aber beim Blitzzeinschlag nicht zu Hause. Da half er gerade nichtsahnend einem Bekannten beim Rasenmähen – und war wie vor den Kopf gestoßen, als er spätnachmittags nach Hause kam, das Wohnhaus inmitten eines Trümmerfeldes vorfand und von der Feuerwehr nicht mehr hinein gelassen wurde. Nur die Arbeitsklamotten trägt er noch am Leib. „Ich bin bei Freunden untergekommen“, berichtet er.

Bewohner tritt Wohnungstür ein

Auch Kevin Jubbs schläft vorerst bei einem Bekannten auf dem Sofa. Der junge Mann wirkt erstaunlich gelassen angesichts der Tatsache, dass ihn der Blitz nur knapp verfehlt hat. Jubbs wohnt in der zweiten Dachgeschosswohnung des Hauses, direkt neben jenen Räumen, in die der Blitz wie eine Bombe eingeschlagen ist. Nach dem ersten Schock war er es, der die verklemmte Tür zur Nachbarwohnung eintrat, damit der schwerverletzte Nachbar in Sicherheit gebracht werden konnte. „Das war kein schöner Anblick“, erinnert sich Jubbs. Ein Freund begleitet ihn heute. Sie haben zwei Kastenwagen mitgebracht und holen jetzt Bekleidung, Fernseher und die Stereoanlage raus. Ob die Geräte noch funktionieren? „Keine Ahnung.“ Immerhin: Seine Papiere und den E-Bass hat Jubbs schon direkt nach dem Unglück zusammengerafft und aus der Wohnung rausgeholt.

Wie es mit dem beschädigten Haus weitergeht, müssen die Eigentümer mit ihrer Versicherung klären. Feuerwehrmann Frank Wyczisk weiß, dass das Gebäude korrekt geerdet war und sogar Rauchmelder hatte. Ob ein Blitzableiter den Schaden verhindert oder begrenzt hätte, bleibt offen.

Blitz-Experten auch in Menden

Blitzschutzexperte Schüngel erlebte das Geschehen an seinem Dienstsitz in München. Seine Analyse für die WP: „Die Stärke des Einschlags war außergewöhnlich. 334 400 Ampere Stromstärke, das war ein Jahrhundertblitz.“ Üblich seien bei Gewittern Stromstärken unter 100 000 Ampere (100 Kilo-Ampere). „Da können wir Gott danken, dass es bei Ihnen in Menden keine Toten gegeben hat.“

Eine Vergleichszahl des Experten: „Der genormte Blitzschutz an Gebäuden deckt nur Stromstärken bis zu 200-Kilo-Ampere ab.“ Gleichwohl könnten und sollten sich Immobilienbesitzer besser schützen: „Sie haben in Menden mit dem OBO-Blitzschutzzentrum erstklassige Experten vor Ort.“

Was Schüngel allen Mendenern ans Herz legt: Ein paar Hundert Euro mehr für den Blitzschutz hätten sich selbst beim Bösperder Jahrhundertblitz gelohnt. „Eine solche Wucht hält aber selbst die beste Anlage nur einmal aus. Dann muss sie ausgetauscht werden.“