Lendringsen. .
Es waren schicksalhafte Stunden. Ärzte, die zunächst mit der Diagnose des gerade geborenen Jungen überfordert waren. Dass etwas nicht stimmen konnte, ahnte auch Petra Homberg. Sie brach nicht zusammen, als Mediziner ihr dann mitteilten, dass der junge Erdenbürger mit einer extrem seltenen Behinderung eine maximale Lebenserwartung von maximal 13 Jahren haben würde. Petra Homberg wuchs im Angesicht so vieler trauriger Nachrichten. In den vergangenen gut drei Jahrzehnten ist sie so etwas wie die soziale Stimme Lendringsens geworden. Am 19. April erhält die Lendringserin aus der Hand von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft das Landesverdienstkreuz.
Institution mit Vorbildcharakter
Es ist eine Selbstbezeichnung, die Bände spricht. „Ich bin nun mal die ,Mama Schlumpf’“, muss Petra Homberg lachen. Aber schließlich ist sie vor 30 Jahren die Gründerin der Bieberschlümpfe gewesen. Es war ein Zusammenschluss von Familien mit behinderten Kindern mit einem stets offenen Gruppencharakter. Zu den regelmäßigen Treffen gesellten sich bald auch Familien, in denen Behinderungen keine Rolle spielten.
Die Bieberschlümpfe wurden zu einer Institution mit Vorbildcharakter für andere Städte. Die Familien Homberg, Meisterjahn und Koch waren die Motoren und sind es bis heute geblieben. Sie alle erlebten immer wieder, dass Menschen rätselnd fragten: „Wie schaffst Du das?“ Gewiss war es auch der tief verwurzelte christliche Glaube, der Petra Homberg getragen hat, das alles zu schaffen. Der Alltag war vielleicht mitunter deutlich härter als der in anderen Familien. „Er war für mich aber immer auch erfüllend. Ich wüsste nicht, dass ich meinen Daniel jemals richtig schlecht gelaunt erlebt hätte. Er strahlt auf eine ganz besondere Art riesig viel Lebensfreude aus und gibt uns Eltern und seinem Bruder so viel zurück.“
Die Medizin machte im Laufe der Jahre Fortschritte. Aus den prognostizierten 13 Jahren Lebenserwartung sind bereits 32 reale Lebensjahre geworden. Ähnliche Erfahrungen machten längst auch viele andere Bieberschlumpf-Familien. Das Leben mit Behinderung und das Erleben von Behinderung veränderte sich. Vielfach sogar überaus positiv. Dank Frauen wie Petra Homberg.
Der De-Cent-Laden in Lendringsen als kleiner Schwester des Angebots im Mendener Arche-Sozialzentrum wäre und und ist ohne Petra Homberg nicht denkbar. Seit fast zehn Jahren engagiert sie sich auch in diesem Bereich. Dass bedürftige Bürger seit nunmehr fünf Jahren regelmäßig besondere Mahlzeiten genießen dürfen, wäre ohne ihren Einsatz im Ehrenamt ebenfalls kaum denkbar. Und die persönlichen und wirtschaftlichen Sorgen von Alleinerziehenden in Lendringsen hat sie im Blick. Da klingt es fast schon wie ein kleines Wunder, dass Petra Homberg als Küsterin der St.-Josef-Gemeinde zudem noch einen großen Teil des Gemeindelebens managt.
„Mein Glaube hilft mir viel“, sagt Petra Homberg. Und daraus hat sie auch ihr Lebensmotto abgeleitet: „Ich habe immer versucht, Gutes weiterzugeben.“ Das hat sie in reichem Maß getan. Am 19. April darf sie dann auch selbst mal und ganz für sich etwas entgegennehmen. Eigentlich wollte die gesamte Bieberschlumpf-Großfamilie dem Ereignis beiwohnen. Doch nur vier Personen dürfen teilnehmen. Es wird Familie Homberg sein.