Platte Heide. .
Vor 50 Jahren wurde die St.-Marien-Kirche gebaut, vor 40 Jahren Reinhold Theune in Paderborn zum Priester geweiht. Seit 25 Jahren wirkt er als Seelsorger auf der Platte Heide. All das wird heute, Samstag, ab 14.30 Uhr mit einem adventlichen Nachmittag im Marienheim und ab 17 Uhr mit einer Messe in der Kirche gefeiert. Gewiss kommen sogar noch weitere Glückwünsche hinzu. Reinhold Theune hat am 5. Dezember sein 66. Lebensjahr vollendet.
Reinhold Theune gehörte zum letzten Jahrgang, der am 8. Dezember 1972 noch von Lorenz Kardinal Jäger (damals 80) geweiht worden ist. Kurios dabei: Der damals junge Diakon (24) hatte nicht einmal auch nur eine Nacht im Priesterseminar verbracht. Die meisten Mitbrüder ebenfalls nicht. Reinhold Theune erinnert sich: „Das Amt des Leiters (Regens) im Priesterseminar war damals verwaist, und Kardinal Jäger war gut vier Wochen vor einer Emeritierung überaus nachsichtig mit uns allen.“
Spannende 68er-Zeit prägte
In seiner Geburtsstadt Arnsberg hatte Reinhold Theune das Abitur erlangt. Mit dem Berufswunsch Priester begann der 19-Jährige sein Studium an der Theologischen Fakultät in Paderborn. „Den Aufbruch der so genannten 68er erlebte ich dann als Student der Universität München.“ Es waren diese Ereignisse, aber auch der konzilsbedingte Aufbruch in der katholischen Kirche, die ihn stark prägten.
„Unsere Kirche erlebte eine spannende Zeit, und ich durfte sie mitgestalten. Immer mehr Gemeindemitglieder übernahmen Aufgaben, die Jugend engagierte sich für religiöse Erneuerungen, wir konnten viel experimentieren und genossen die Freiheit der Kinder Gottes.“ Ein wenig dieser Freiheit nahm Reinhold Theune sich nach seiner Vikarszeit in Attendorn selbst. Mit Billigung der Erzbistumsleitung durfte er in Buenos Aires (Argentinien) wirken. Der dortige Bischof beauftragte ihn mit der Gründung einer Pfarrei in Monte Chingolo. Sogar eine Kirche konnte dank des katholischen Hilfswerks Adveniat errichtet werden. Der Priester aus Deutschland, dem schnell Argentien zur Heimat geworden war, erlebte „die vielleicht schönste Zeit meines Lebens“. Für heimische Verhältnisse fast unvorstellbar: Reinhold Theune taufte pro Jahr in seiner Gemeinde etwa 500 Mädchen und Jungen und führte zahlenmäßig ebenso viele zur Erstkommunion.
Das Wirken in Argentinien blieb mehr als eine Episode. „Ich danke Gott für die acht Jahre, die er mir im Kontinent der Hoffnung schenkte.“ Der Kontakt riss nie ganz ab. Und bis heute besuchen argentinische Theologiestudenten, die an der Päpstlichen Universität in Rom ausgebildet werden, den heimischen Seelsorger im Pfarrhaus St. Marien, damit sie auch Erfahrungen mit der Kirche in Deutschland sammeln können. Aber auch Bischöfe schauten bei Besuchen in Europa schon mal bei ihm in St. Marien vorbei. Was die weitgereisten Gäste im rein weltlichen Bereich einte? Maßloses Staunen darüber, wie man von derart „kleinen“ Steaks wie denen in deutschen Restaurants satt werden kann...
Als Reinhold Theune vor 25 Jahren in St. Marien seinen Dienst begann, musste er ein fast übermächtiges Erbe antreten. Pfarrer Josef Fischer, einst Gründer der Gemeinde auf der Platte Heide, war verstorben. Die Erzbistumsleitung setzte seinerzeit auf den überaus erfahrenen Seelsorger Reinhold Theune und nicht auf den damals jungen St.-Marien-Vikar Hermann-Josef Sander. Der „Neue“ wurde schnell heimisch.
Es erwuchs eine intensive Beziehung zwischen Gemeinde und Seelsorger. Auch Mitbrüder schätzten ihn überaus. Es waren besondere Gaben und insbesondere eine große Herzenswärme, die Reinhold Theune einbringen konnte. Einerseits das große Vertrauen in die vielen ehrenamtlich Tätigen, die er im Gemeindeleben wirken ließ. Andererseits ein authentisches (Vor-) Leben der christlichen Botschaft, wie es nur wenigen
Priestern gegeben ist. So war es schon folgerichtig, dass er zum Vorsitzenden des Stadtpfarrverbandes gewählt wurde und dass er gleichermaßen als langjähriger Bezirkspräses der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung politisch seine Stimme erhob, wenn es um die Interessen des kleinen Mannes ging.
Mit Pfarrer Klaus Steinweg, seinem langjährigen evangelischen Amtsbruder im Stadtteil, verband und verbindet ihn viel. Beide gelten vor allem auch in ihrer Art der Verkündigung des Wortes Gottes als überragende Seelsorger weit über Menden hinaus. Wenn viele Gottesdienstbesucher Reinhold Theune bewundern, für die Art, wie er predigt, ahnen sie jedoch kaum, wie sehr er mitunter zuvor mit Worten gerungen hat.
Es muss erlaubt sein, auch schon mal melancholisch-realistisch zu reagieren. „Ich bin der letzte Pfarrer von St. Marien. Es ist fast wie vor 100 Jahren: Bald gehört wieder alles zur Urpfarre St. Vincenz und ihren Gliederungen“, sagt der Jubilar bereits seit geraumer Zeit. Dieses „Bald“ mag nicht nur so mancher Platte Heider verdrängen. Keiner mag und will sich ein Gemeindeleben ohne Reinhold Theune auch nur ansatzweise vorstellen. Kann es ein größeres Kompliment für einen Seelsorger geben? Erst einmal wird jedoch mit dem zweiten Pfarrer von St. Marien ausgiebig und generationenübergreifend am Samstag gefeiert.