Menden. Eine Abschieds-E-Mail in den Ruhestand sorgt für Gesprächsstoff im Mendener Rathaus: Ein städtischer Verwaltungsangestellter hat an hunderte Kollegen geschrieben, dass er die vergangenen 14 Jahre im Grunde keine Aufgaben gehabt habe, weil ihm diese entzogen worden seien. Trotzdem habe er aber 745.000 Euro an Bezügen erhalten. Bürgermeister Volker Fleige reagierte sauer.

Eine E-Mail zum Abschied in den Ruhestand sorgt für reichlich Gesprächsstoff im Rathaus: Ein städtischer Verwaltungsangestellter hat an mehrere hundert Kollegen geschrieben, dass er die vergangenen 14 Jahre quasi keine Aufgaben gehabt habe, weil ihm diese konsequent entzogen worden seien. Trotzdem habe er aber 745.000 Euro an Bezügen erhalten. Bürgermeister Volker Fleige reagierte in einer Rund-Mail an alle Mitarbeiter und die Fraktionsvorsitzenden im Rat mit „Unverständnis und einer gehörigen Portion Zorn“.

Der Angestellte, der seit 1974 in Diensten der Stadt steht und im März seinen 65. Geburtstag gefeiert hatte, will dagegen kein weiteres Öl ins Feuer gießen. Zur WP sagte er: „Ich möchte mich nicht weiter äußern. Die Mail war auch nicht für die Medien-Öffentlichkeit bestimmt.“

Doch da ist sie längst gelandet: Da sie an mehr als 500 Bedienstete der Stadtverwaltung gegangen war, hat sie ihren Weg ins Internet gefunden. Und dort wird sie bereits heftig unter dem Tenor diskutiert, ob die Verwaltung so schlecht organisiert sei, dass dort noch mehr Mitarbeiter gar keine Aufgaben hätten.

"Seit 1998 war ich nur anwesend; aber nicht da. So gehe ich also bestens vorbereitet in den Ruhestand."

Der Vermessungs-Ingenieur jedenfalls erhebt in seinem Fall schwere Vorwürfe. Systematisch seien ihm seit 1998 im Bau-Fachbereich Aufgaben entzogen worden. Stattdessen seien Parallelstrukturen geschaffen und sogar ein Mitarbeiter neu eingestellt worden. Unbrauchbare Hard- und Software sei entgegen seines Rats angeschafft worden. Zudem habe er bereits 2008 ein System vorgeschlagen, mit dem man zum Beispiel die Straßenbeleuchtung systematisch habe katalogisieren könne. Gerade diese nicht vorhandene Katalogisierung soll jetzt nachgeholt werden, um danach erst mit der Sanierung der maroden Straßenbeleuchtung starten zu können.

Der 65-Jährige führt dies alles vor allem auf persönliche Animositäten mit dem früheren Bau-Fachbereichsleiter zurück. Diesen kritisiert er mit heftigen Worten. Frank und frei schreibt er auch: „Selbstverständlich habe ich die von mir nicht zu verantwortenden Freiräume nach Gutdünken sinnvoll genutzt. Fazit: Seit 1998 war ich nur anwesend; aber nicht da. So gehe ich also bestens vorbereitet in den Ruhestand – Adieu.“

Sanktionen gegen den Ruheständler wird es nach der Aktion nicht geben

Trotz der Deutlichkeit der Worte des Vermessungsingenieurs hinterlässt sein Schreiben einige Ratlosigkeit im Rathaus. Nach WP-Informationen, die der 65-Jährige auch bestätigt, hatte er sich mit seiner Kritik in all den Jahren nie hilfesuchend an den Personalrat gewandt. Zudem war der von ihm so heftig kritisierte Fachbereichsleiter vor zweieinhalb Jahren auf einen anderen Posten gewechselt. An den neuen Vorgesetzten hatte er sich aber nicht gewandt.

In einem Rundschreiben reagiert Bürgermeister Fleige. Die Abschiedsworte zeugten „von über Jahre aufgestautem Frust“, Kollegen und Vorgesetzte würden diffamiert. Das Schreiben lasse „jegliche Form von Fairness und Anstand“ vermissen. Gegenüber der WP formulierte es Fleige etwas zurückhaltender: „Ich finde das Verhalten charakterlich sehr bedenklich.“ Spätestens mit dem Wechsel im Bürgermeister-Amt 2009 habe der Mitarbeiter doch die Möglichkeit gehabt, eine Veränderung herbeizuführen.

Sanktionen gegen den Ruheständler wird es aber trotz der Angriffe wohl nicht geben. Das habe eine Prüfung ergeben, so Fleige. Ob die Stelle des Vermessungs-Ingenieurs tatsächlich überflüssig war, wird wohl eine offene Frage bleiben. Derzeit gilt ohnehin eine Wiederbesetzungssperre. Da die Verwaltung im Zuge des Sparpakets Personal abbauen muss, wird auch hier über eine Umorganisation des gesamten Bereichs nachgedacht. Die politische Diskussion um eine „Aufgabenkritik“ für die Verwaltung wird das Thema aber sicher beflügeln.