Menden/Iserlohn.

Das Eingreifen einer jungen Mendenerin hatte wohl Schlimmeres verhindert: Vier Mädchen zwischen 17 und 20 Jahren hatten eine 20-jährige Hemeranerin vor einer Mendener Berufsschule verprügelt. „Schlägereien unter Mädchen sind genauso unübersichtlich wie die unter Jungen“, resümierte Jugendrichter Hans-Ulrich Kremper den gestern vor dem Amtsgericht Iserlohn verhandelten Fall.

Vier Angeklagte und fünf Zeugen: Der komplizierte Tat-Hergang war schwer nachzuvollziehen. „Das muss man alles erst einmal auseinanderhalten“, sagte Richter Kremper. Die Geschädigte soll mit ihrem Handy Fotos von einer der Angeklagten gemacht haben, um deren Ex-Freund zu beweisen, dass sie ein „schlechtes Mädchen ist“. Dieser Vorwurf wurde zum Anlass für eine Schlägerei, bei der die vier Angeklagten das 20-jährige Opfer geschlagen und getreten haben sollen.

Am Morgen des 24. Mai 2011 fuhren alle Beteiligten gemeinsam mit dem Bus zur Schule nach Menden. An der Haltestelle begann die ­Aus­einandersetzung. Laut den Angeklagten soll die Geschädigte provoziert und beleidigt haben, diese schilderte die gleichen Vorwürfe genau anders. Dass eine der Angeklagten – eine 19-jährige Hemeranerin – zuerst zugeschlagen hatte, darüber waren sich alle Beteiligten einig. Dann aber gingen die Schilderungen stark auseinander.

Wer nun auf dem Boden gelegen, wer zugeschlagen, an den Haaren gezogen oder gar getreten hatte, war durch die vielen Beteiligten schwer zu rekonstruieren. „Das war eine recht unübersichtliche Gemengelage“, befand Richter Kremper. Letztendlich hatte das 20-jährige Opfer Prellungen an Nase und Beinen, Schürfwunden und musste über Nacht im Krankenhaus bleiben. Wegen psychischer Beschwerden ist sie immer noch in Behandlung und muss Tabletten nehmen.

Am glaubhaftesten war wohl die Tatschilderung einer unbeteiligten Zeugin. Mit ihrem Eingreifen hatte eine 18-jährige Mendener Schülerin Mut und Zivilcourage bewiesen. Auch sie war an diesem Morgen auf dem Weg zur Schule. Als sie gesehen hatte, wie vier Mädchen auf ein am Boden liegendes Mädchen einschlugen und eintraten, rannte sie zu der Gruppe, um die Schlägerei zu beenden. „Sie hat sich richtig verhalten“, sagte Richter Kremper.

Fazit der Beweisaufnahme: „Es sieht so aus, dass die Geschädigte die deutliche Verliererin der ganzen Sache ist“, so Richter Kremper. Das Verfahrern wurde gegen alle vier Angeklagten eingestellt. Allerdings nur gegen Auflagen: Als „aktiver Auslöser“ erhielt die Angeklagte, die den ersten Schlag austeilte, 60 Sozialstunden, zwei weitere Angeklagte erhielten vier Sozialstunden. Das vierte Mädchen wurde lediglich ermahnt, weil ihr kein aktives Eingreifen nachgewiesen werden konnte.