Menden. .
Wäre Menden noch gar nicht an Reihe gewesen bei der Verteilung der Gelder aus dem NRW-Stärkungspakt? Weil die Stadtverwaltung erst jetzt den Jahresabschluss für das Jahr 2008 komplett erstellt hat, zeigt sich, dass in jenem Jahr die Haushaltssituation erheblich besser war als bislang angenommen.
Der neue Stadtkämmerer Uwe Siemonsmeier bestätigte am Dienstag entsprechende Informationen der Westfalenpost. Am Montagabend hatte Bürgermeister Volker Fleige die Spitzen der so genannten „Sparpaket-Koalition“ aus CDU, FDP und SPD über die neue Entwicklung informiert.
Einen Betrag wollte Siemonsmeier nicht nennen: Der Jahresabschluss 2008 sei noch nicht vor einem Wirtschaftsprüfer testiert worden. Doch nach WP-Informationen dürfte die Summe bei 6 bis 7 Millionen Euro liegen, die im Jahr 2008 als Überschuss erwirtschaftet wurde. Und das hat Folgen bis in die Gegenwart: Menden galt bislang nämlich als eine der 34 am stärksten verschuldeten Städte in ganz Nordrhein-Westfalen, bei denen bis zum Jahr 2013 die so genannte „bilanzielle Überschuldung“ drohte.
Nach den neuesten Berechnungen würde dieser Zeitpunkt aber erst später eintreten. Mit der Folge, dass wohl eine andere finanzschwache Stadt in NRW eigentlich von den jährlich 3,3 Millionen Euro für Menden aus dem Stärkungspakt profitieren müsste. Laut Siemonsmeier ist die Bezirksregierung über diese neue Erkenntnis informiert. Der Bescheid über die 3,3 Millionen Euro für das Jahr 2011 sei auch schon rechtskräftig. Ob es in Zukunft aber auch so bleiben wird, das wird sich wohl noch zeigen.
„Kein Arm-Rechnen“
Ein absichtliches „Arm-Rechnen“, um von Landes-Geldern zu profitieren, könne Menden niemand unterstellen, so Siemonsmeier: „Die Zahlen stammen ja aus dem Jahr 2008, damals hat noch niemand wissen können, dass eine Landesregierung im Jahr 2011 einen Stärkungspakt auflegen würde.“
Und doch stellt sich die Frage: Warum gibt es erst jetzt zu Beginn des Jahres 2012 einen Abschluss für das Jahr 2008? Und wie konnten die Annahmen um siebenstellige Beträge neben den tatsächlichen Werten liegen? „Wir sind sicherlich etwas spät und gehören nicht gerade zu den ersten im Land“, so der erst seit dem 1. Januar amtierende Stadtkämmerer. „Aber wir sind auch nicht die letzten.“ Sein Amtsvorgänger habe ja schon Vorarbeiten geleistet, er selbst räume nun aber der Erstellung der noch ausstehenden Jahresabschlüsse hohe Priorität ein.
Dass die tatsächlichen Zahlen so weit neben den Prognosen liegen, sei wohl mit der Umstellung auf das Neue Kommunale Finanzmanagement (NKF) zu erklären: Damals sei für alle vieles neu gewesen, und man habe wohl sehr vieles nicht richtig einschätzen können. Insbesondere die Gewerbesteuereinnahmen seien 2008 erheblich höher gewesen als angenommen – die Aufwendungen aber geringer als prognostiziert.
Die neuen Zahlen änderten aber nichts daran, dass der Spardruck unvermindert groß sei und auch das geschnürte Sparpaket alternativlos sei, so Kämmerer Siemonsmeier, der es plastisch macht: „Menden sitzt in einem abstürzenden Flugzeuge. Bislang waren wir 2000 Meter über dem Boden, jetzt sind wir bei 2500 Metern. Auf den Boden knallen werden wir aber auf jeden Fall, wenn wir nichts tun.“
So sieht es auch der FDP-Vize-Fraktionsvorsitzende Stefan Weige: „Der Druck bleibt, ich hoffe auch nicht, dass die neue Situation benutzt wird, um das Sparpaket in Frage zu stellen.“ Allerdings fühle er sich nun bestätigt in seiner vehementen Forderung aus dem vergangenen Jahr, dass ohne die Jahresabschlüsse eine ordentliche Datenbasis für das Sparpaket fehle. „Dafür habe ich viel Prügel bekommen.“