Menden. .
Alle Beteiligten sehen es als großes Geschenk. Für Familie Kißmer gibt es 52 Mal im Jahr an Donnerstagen so etwas wie einen Heiligen Abend. Und das generationenübergreifend. Seit fast 40 Jahren.
Die WP hat einen typischen Großfamilie-Kißmer-Abend im Advent erlebt, durfte sogar als Gast mit am Tisch sitzen. Der Auftakt ist mit einem Ritual verbunden. Damit niemand über Gebühr mit den Vorbereitungen für das Abendessen belastet wird, gibt es eine Gemeinschaftsbestellung für ein paar Kleinigkeiten aus der Pommes-Bude.
Thomas Kißmer, der das Camping und Wohnwagenfachgeschäft seiner Eltern mittlerweile führt, nimmt die Bestellungen entgegen und holt alles mit dem Pkw ab. So einfach kann ein Familienleben sein. Und repräsentativ: „Natürlich ist auch bei uns Curry-Wurst mit Pommes und Majo der Renner.“ Familien-intern existiert sogar eine Rangliste der besten Pommes-Buden im Stadtgebiet.
Es gibt exakt ein Verbot, wenn sich die Großeltern, ihre Kinder und die Enkel regelmäßig von 19 bis etwa 22 Uhr am Bräukerweg 69 treffen. „Alkohol ist tabu“, sagt Familienoberhaupt Walter Kißmer.
Erzählen, was einen möglicherweise bedrückt. Freude miteinander teilen. Oder einfach nur mal Banalitäten austauschen. Da sein. Offen und respektvoll. „Jeder Donnerstag verläuft anders. Es entwickelt sich immer ohne Vorgaben. Das macht unsere Treffen ja so schön“, sagen sie alle.
Frotzeleien gehören dazu. „Der Uwe kommt meistens zu spät.“ Ein Erfahrungswert. Denn Uwe Kißmer ist trotz aller Tradition als Chef einer Mendener Hausverwaltung nur eingeschränkt Herr über seinen Terminkalender. Sein Zuspätkommen ist nur für ihn selbst mit einem kleinen Nachteil verbunden. Das Essen ist halt nicht mehr ganz so warm.
Wie alle anderen Familienmitglieder zuvor hat Uwe Kißmer dreimal geschellt. „Das ist unser Erkennungszeichen.“ Zwölf Angehörige sitzen bereits am Tisch in der großelterlichen Stube, als er eintrifft. Mitunter ist die Runde jedoch größer. Häufig sind junge Gäste mit von der Partie, die von Walter und Marlis Kißmer und allen anderen stets schnell ins Herz geschlossen werden. „Wenn Austauschschüler unserer Enkel für längere Zeit in Menden bleiben, gehören die doch zur Familie.“
Auch Sportkameraden der Enkel-Generation genießen schon mal die Abende. „Es weiß von den vielen jungen Leuten doch kaum noch jemand, wie schön es ist, wenn sich mehrere Generationen treffen und gemeinsam Spaß haben, spielen und reden“, ist Walter Kißmer stolz darauf, einst die Tradition ins Leben gerufen zu haben.
Vor fast 39 Jahren war es ein Einschnitt für Walter und Marlis Kißmer. Schwester und Schwager hatten aus beruflichen Gründen Menden verlassen müssen. „Da haben wir uns fest versprochen, dass wir uns nie aus den Augen verlieren wollen.“ Fortan wurden Donnerstage die Trefftage. Zur zunächst noch kleinen Runde kamen im Laufe der Zeit die Kinder Frank, Thomas und Uwe Kißmer und ihre eigenen Familien hinzu.
Mittlerweile ist die Enkel-Generation erwachsen geworden oder wird es in wenigen Jahren. Verbunden sind damit Hoffnungen, dass bald eine vierte Generation hinzukommt. Marlis und Walter Kißmer: „Es wäre schön, wenn wir das noch erleben würden.“
Gibt es überhaupt ein Bedürfnis über die wöchentlichen Treffen hinaus auch noch Weihnachten gemeinsam verbringen zu wollen? Übereinstimmend heißt es: „Selbstverständlich feiern wir auch Weihnachten gern zusammen. Aber dann ist wirklich alles ganz anders.“ Ja, Weihnachten ist anders. Eben Weihnachten.