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Warum sollten Obstbäume geschnitten werden, wann ist die richtige Zeit dafür und wie gehe ich am besten vor? Für Hobbygärtner gibt Stephan Reisloh einige grundsätzliche Tipps, wie Schere und Säge bei Apfelbaum und Co. richtig zum Einsatz kommen.

Warum sollten Obstbäume überhaupt geschnitten werden?
In der Regel sind Obstbäume Züchtungen, die auf Ertrag ausgerichtet sind. Ziel des Schnittes ist es, gutes Fruchtholz zu bekommen, indem der Baum optimal ausgelichtet und zu viel Blattmasse verhindert wird. In jungen Jahren muss der Kronenaufbau gezielt gesteuert werden, ansonsten recken sich zu viele Triebe gen Himmel und machen sich untereinander Konkurrenz.

Was passiert, wenn ich meinen Obstbaum einfach wachsen lasse?
Die Krone wächst wild, was zu einer frühzeitigen Vergreisung des Baumes führt. Der Ertrag des Baumes und die Qualität der Früchte nehmen nach wenigen Jahren deutlich ab.


Ein Anfang ist bei diesem in die Jahre gekommenen Obstbaum gemacht: Wichtig ist auch später immer wieder der Auslichtungsschnitt.
Ein Anfang ist bei diesem in die Jahre gekommenen Obstbaum gemacht: Wichtig ist auch später immer wieder der Auslichtungsschnitt. © WP

Wann sollte ich Obstbäume schneiden?
Ab Anfang November bis etwa Mitte März ist eine gute Zeit, um Obstbäume zu schneiden. Hobbygärtner sollten also umgehend zur Tat schreiten. Wird zum falschen Zeitpunkt geschnitten, also erst dann, wenn bereits der Saft einschießt, vergeudet der Baum Energie. Denn er braucht zu viel Kraft zur Wundheilung. Im Winter muss darauf geachtet werden, dass die Temperaturen nicht zu niedrig sind, also nicht unter fünf Grad sinken. Das Schneiden während starker Frostperioden sollte vermieden werden. Steigt das Thermometer über die fünf- bis zehn-Grad-Marke, beginnt der so genannte Sporenflug: Sporen könnten sich an den frischen Schnittwunden der Bäume absetzen. Auch dann sollten Schere und Säge besser im Keller bleiben.

Der gleichmäßige Schnitt ist wichtig

Wie muss ich vorgehen, um den Kronenaufbau des Obstbaumes richtig zu steuern und später richtig auszulichten?
Als Grundregel gilt: Die Leittriebe, die auf einer „Etage“ wachsen, sollten ungefähr auf gleicher Höhe geschnitten werden. In der Fachsprache heißt dieses Prinzip „Saftwaage“. Welcher Trieb zum Leittrieb gefördert werden soll, bestimmt der Gärtner durch den Schnitt selbst. Diejenigen Triebe, die zu Leitästen (Hauptästen) des Baumes werden sollen, müssen durch den Schnitt nicht zu flach nach außen gelenkt werden. An diesen Ästen bildet sich das Fruchtholz. Der gleichmäßige Schnitt ist wichtig, damit sich nicht eine Seite stärker ausbildet als die andere. Etwa fünf bis zehn Jahre sollte der so genannte Erziehungsschnitt angewendet werden. Junge Bäume werden deshalb anfangs sehr stark geschnitten. Starker Schnitt bedeutet im Folgejahr auch starkes Wachstum. Wichtig ist auch später immer wieder der Auslichtungsschnitt, bei dem neue (nach innen weisende) Triebe entfernt werden, die sich untereinander Konkurrenz machen und deren Blätter sich gegenseitig beschatten.



Soll ein Ast entfernt werden, schräg zum Stamm sägen.
Soll ein Ast entfernt werden, schräg zum Stamm sägen. © WP

Muss ich bei Apfelbäumen anders vorgehen als bei Kirschbäumen?
In jungen Jahren ist der Erziehungsschnitt identisch. Ältere Apfel- und Birnbäume muss man regelmäßig schneiden, aber nicht zwangsläufig jedes Jahr. Wogegen Steinobst deutlich weniger Schnitt braucht.


Der Schnitt sollte schräg über einer Knospe angesetzt werden.
Der Schnitt sollte schräg über einer Knospe angesetzt werden. © WP

Wie setze ich den Schnitt richtig an?
Der Schnitt sollte schräg über einer Knospe angesetzt werden. Soll ein Ast entfernt werden, schräg zum Stamm schneiden und darauf achten, die Rinde nicht zu verletzen. Wichtig hierbei: Keine Stummel stehen lassen, da diese absterben und Totholz die Grundlage für einen Pilzbefall bietet.


Welches Werkzeug sollte für den Obstbaumschnitt verwendet werden?
Garten- oder Rosenschere und Astschere sind geeignet. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Schere aus zwei Schneiden besteht, um Quetschungen der Äste zu vermeiden. Mit Hilfe einer klassischen Baumsäge können Äste auch an schwer zugänglichen Stellen entfernt werden.

Der Mendener Stephan Reisloh hat Landschaftsarchitektur studiert.
Der Mendener Stephan Reisloh hat Landschaftsarchitektur studiert. © WP

Stephan Reisloh ist leidenschaftlicher Gärtner

Stephan Reisloh, vielen Mendenern aus der Stadtverwaltung und als Stadtführer bekannt, ist seit eh und je leidenschaftlicher Gärtner. Der Mendener hat sich während seines Studiums der Landschaftsarchitektur unter anderem intensiv mit Obstgehölzkunde beschäftigt. Das wurde ihm – im positiven Sinne – zum Verhängnis. Denn Freunde, die um seine Kenntnisse wussten, baten ihn um Rat: Ihr Obstbaum trage kaum noch Früchte, ob sie ihn nicht besser fällen sollten. Stephan Reisloh konnte den Baum vor der Axt retten.

Inzwischen schneidet der Mendener im Familienkreis seit 15 Jahren Obstbäume. „Ich hatte das Grundwissen aus dem Studium und habe mich dann selber weitergebildet.“ Über die heimische Volkshochschule gibt er nun sein Wissen weiter und bietet Obstbaumschnittkurse an. Denn auch der Laie sei durchaus in der Lage, selbst zur Tat zu schreiten. „Ein grüner Daumen ist dabei von Vorteil“, weiß Stephan Reisloh aus Erfahrung.

Ebenso hilfreich sind entsprechende Schnittkurse, die über die Volkshochschule ( www.vhs-menden-hemer-balve.de ) und das Naturschutzzentrum Märkischer Kreis ( www.naturschutzzentrum-mk.de ) angeboten werden. Sie zeigen in der Praxis, wie der Hobbygärtner beim Schnitt – ob Erziehungsschnitt oder Auslichtungsschnitt – vorgehen sollte.