Fröndenberg. Bei der Ehrenamtswürdigung ging es um bürgerschaftliches Engagement. Der Disput um Fröndenbergs schönsten Stadtteil wurde dabei ausgetragen.

Wer sich nicht einbringt in die Gesellschaft, ist ein Idiot. Zumindest, wenn man vom altgriechischen Ursprung dieses Wortes ausgeht. Das erklärte Jochen Hänel seinen gut 50 Zuhörern am Montagabend in der Kulturschmiede. Darunter verstand man im Ursprung nämlich einen Menschen, der sich rein auf seine Privatangelegenheiten beschränkte und sich nicht im Sinne der Allgemeinheit einbrachte, beziehungsweise sich für diese Anliegen nicht interessierte. Oder um mit Perikles zu sprechen, wie Hänel weiterführte: „Wer an den Dingen der Stadt keinen Anteil nimmt, ist kein stiller Bürger, sondern ein schlechter Bürger.“ Insofern waren es natürlich allesamt vorbildliche Bürger, die hier zum jährlichen Ehrenamtlichenempfang der Stadt eingeladen waren. Aus den abwechselnden Schwerpunkten dieser Würdigung war es dieses Mal der Bereich bürgerschaftliches Engagement, der im Mittelpunkt stehen sollte.

Künstliche Intelligenz kann menschliches Miteinander nicht ersetzen

Und Jochen Hänel, der selber vielfältig und schon viele Jahre ehrenamtlich engagiert ist, und betonte, dass er nun zum ersten Mal Schirmherr sein durfte, erklärte auch, warum gerade hier kein Einsatz von Künstlicher Intelligenz sinnvoll sein kann. Eine KI habe ihm zwar in Sekundenbruchteilen eine durchaus sinnvolle und schlüssige Rede für diesen Anlass vorgeschlagen. „Was sie nicht kann, ist aber das authentische Zusammensein von Menschen zu schaffen.“ Dieser Kontakt, ob als Hilfe für den Bedürftigen, als geselliger Austausch, sei nicht anders als im realen Miteinander möglich. „So kann die KI uns auch heute Abend nicht dazwischenfunken.“ Denn an diesem Abend in der Kulturschmiede ging es um Würdigung besonderen Einsatzes, um Zeit miteinander, um alte Bekannte und das Knüpfen neuer Kontakte.

Schirmherr Jochen Hänel sprach über die Bedeutung des Ehrenamtes.
Schirmherr Jochen Hänel sprach über die Bedeutung des Ehrenamtes. © WP | Alexander Lück

Denn alle Geehrten - in der Regel war eine Gruppe oder ein Verein mit zwei Personen vertreten - konnten ihre Arbeit kurz vorstellen. So dass selbst Moderator Hans Kuhn, der in Fröndenberg sehr umtriebig ist und als Sprecher durch vielerlei Veranstaltungen und Anlässe führt, immer wieder betonte, dass er hier auf der Bühne im Gespräch mit den Akteuren noch etwas Neues erfahren habe. Und zu diesen emotionalen Aspekten des Ehrenamtes noch eine nackte Zahl: 20 Milliarden Euro betrage pro Jahr die Wertschöpfung durch das Ehrenamt alleine in NRW, betone Jochen Hänel, in ganz Deutschland das Vierfache.

Schützen, Förderverein oder Bücherschrank: Alle werden geehrt

Und das waren die Ehrenamtlichen mit ihren Vereinen, Initiativen und Gruppen, die dann alle nach und nach auf die Bühne kamen, Hans Kuhn Rede und Antwort standen und aus den Händen von Stadtoberhaupt Sabina Müller eine Urkunde und einen Fröndenberg-Gutschein als Dank und Würdigung ihrer Arbeit erhielten: Da waren zum Beispiel die Schützenvereine aus Bausenhagen, Langschede, Fröndenberger Bürgerschützen, vom Kirchspiel Dellwig und aus Bentrop. Letztere werden übrigens schon am kommenden Wochenende den Festreigen für diesen Sommer in der Ruhrstadt eröffnen. Besonders mit diesen Festen wird Tradition bewahrt, die Gelegenheit für Begegnungen wie auch ausgelassene Feierstunden geschaffen.

Für einfachen Zugang zu Kultur und kreative Inspiration wiederum sorgt der Bücherschrank in Frömern. Und der Förderverein der Ardeyer Kita Villa Kunterbunt unterstützt hier Lernen, Spielen und Aufwachsen der Kleinen. Das erste Ziel seien glückliche Kinder, betonte Sonja Eichhorst.

Moderator Hans Kuhn (links) im Gespräch mit Ortsheimatpfleger Meinolf Müller (rechts).
Moderator Hans Kuhn (links) im Gespräch mit Ortsheimatpfleger Meinolf Müller (rechts). © WP | Alexander Lück

Der Fröndenberger Bürgerbus kann durch die ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrer nicht nur Menschen Mobilität ermöglichen, die es sonst viel schwerer hätten im Alltag. Bei den Stadtrundfahrten, immer samstags übrigens, können selbst Einheimische Orte und Geschichten Fröndenbergs erleben, die ihnen zuvor wohl noch nicht bekannt waren.

Das Frauennetzwerk setzt seit vielen Jahren auch politische Akzente („Aber keine parteipolitischen“, wie Barbara Streich betonte.), hat sich aber auch für neue Bücherei oder die Innenstadtentwicklung eingesetzt. Der Freundeskreis Fröndenberg-Bruay vertieft das Verständnis beider Länder miteinander und feiert demnächst 60-jähriges Bestehen dieses Austausches. Der NABU hat einen Bauwagen so umgestaltet, dass vor allem Kinder und Jugendliche hier die Natur und Tierwelt hautnah kennenlernen können und ein Verständnis für ihren Schutz entwickeln.

Das Bündnis für Familie hat in Fröndenberg die Aktion „Suspended Coffee“ etabliert: ein Getränk oder ein Essen mehr bezahlen, was ein Bedürftiger dann per Gutschein für sich nutzen kann. So ermöglicht man Teilhabe im Kleinen. Ein kleines Einkommen können sich Jugendliche bei der Taschengeldbörse verdienen und dabei andere Leute im Alltag unterstützen. Dieses Prinzip erklärte Barbara Cichy, rief aber auch zur weiteren Unterstützung auf, denn nach einem euphorischen Beginn ist sie nun bei dieser Börse im Moment als letzte Ehrenamtliche übrig geblieben.

Agnes Bernhardt (Mitte) und Veronika Bark (rechts) berichten vom Stadtteilcafé Mühlenberg in der Windmühle.
Agnes Bernhardt (Mitte) und Veronika Bark (rechts) berichten vom Stadtteilcafé Mühlenberg in der Windmühle. © WP | Alexander Lück

Nachwuchs ist für alle ehrenamtlichen Gruppen wichtig

Reparieren statt wegschmeißen und damit Nachhaltigkeit fördern: darum geht es im Repaircafé im Bürgerzentrum auf dem Mühlenberg. Nur einige Meter weiter in der Windmühle ist immer am letzten Dienstag im Monat Stadtteilcafé. Erst vor kurzem gestartet, sei man vom Erfolg überwältigt, erzählten die Initiatoren. Und man schaffe es, alle Generationen zu einem schönen Austausch zu versammeln.

Gruppenbild der Fröndenberger Ortsheimatpfleger mit Bürgermeisterin Sabina Müller (ganz rechts).
Gruppenbild der Fröndenberger Ortsheimatpfleger mit Bürgermeisterin Sabina Müller (ganz rechts). © WP | Alexander Lück

Ob Stadtteilkonferenz West, „Wir für die Palz“, „Wir in Strickherdicke“ oder die Dorfgemeinschaft Altendorf: Bürger kommen hier in ihren Ortsteilen zusammen, verbessern die Lebensbedingungen ganz konkret, knüpfen neue Partnerschaften, lindern Not, setzen sich politisch ein. Auch das war der Stadt eine Würdigung wert am Montagabend. Genauso wie der Heimatverein und die Ortsheimatpfleger, einige von ihnen wurden kürzlich neu ernannt, die diese Aspekte auch noch um das Bewahren lokaler Geschichte und Geschichten erweitern. Die aber auch neuen Nachwuchs brauchen, wie sie betonten. Dieser Punkt bot auch Anlass für einen humorvollen Disput in der Schmiede. „Dellwig ist ja bekanntlich Fröndenbergs schönster Stadtteil“, begann Dr. Andreas Hennemann aus dem Westen seine Ausführungen. Der Tumult im Publikum und die späteren Korrekturen dieser Aussagen durch andere Ortsheimatpfleger waren wie Hennemanns Aussage freilich alle augenzwinkernd. Und Willi Schnieder, für die Geschichte Westicks zuständig, was ja kein eigentlicher Ortsteil ist, korrigierte mit Blick auf frühere Größenverhältnisse: „Eigentlich ist die Innenstadt ja ein Ortsteil von Westick.“

Ehrenamtliches Engagement ist in Fröndenberg hoch

Fast hätten hier also noch die Streitschlichter in Form der Fröndenberger Schiedsleute eingreifen müssen. In anderen Konflikten spielen sie tatsächlich eine entscheidende Rolle, bevor es vor Gericht geht. „Schlichten statt richten“, nannte Ekkehard George das Prinzip. „Das klappt zwar nicht immer.“ Aber doch ziemlich oft.

Viele haben ja gleich mehrere Ehrenämter.
Bürgermeisterin Sabina Müller

Bürgermeisterin Sabina Müller schloss mit einem großen Dank an alle, hatte schon vorher betont: „Viele haben ja gleich mehrere Ehrenämter.“ Und sie schloss in diese Worte auch Moderator Hans Kuhn ein, der nicht nur in der Schmiede an diesem Tag, sondern bei Wind, Wetter und Kälte etwa auf dem Christkindelmarkt durch viele Veranstaltungen kompetent, wortreich und mitreißend führe.