Lendringsen. Die Praxis für Ergotherapie und Handreha arbeitet mit neuster Technik. Wie Mathias Eschricht und sein Team Patienten wieder fit machen.
Mathias Eschricht trägt ein kühles, klares Gel auf eine zierliche Hand auf und positioniert die Ultraschallsonde. Langsam fährt er die Gelenke ab und beobachtet auf einem Monitor die Bilder, die sich ihm offenbaren. Für Laien schwer zu erkennen, zeichnen sich unter anderem Knochen und Sehnen ab. „Das sieht alles gut aus“, sagt der 59-Jährige zufrieden. Doch das ist nicht bei jedem Patienten so. Mathias Eschricht ist Ergotherapeut und Inhaber der Praxis für Ergotherapie und Handrehabilation. Und die hat nicht nur jüngst neue Technik bekommen, sondern wächst auch seit der Gründung Ende 2010. Mathias Eschricht hat sein Team nun um eine neue Therapeutin, die 24 Jahre alte Hanna Sperling, erweitert und seine Räumlichkeiten ausgebaut: Patienten können jetzt nicht nur in der Kaltenbachstraße behandelt werden, sondern auch in den neuen Neurologieräumen auf der anderen Straßenseite, Bieberberg 27.
Im Alltag wieder eigenständiger sein können
Ergotherapie ist eine Therapieart, die sich auf die Wiederherstellung, Verbesserung und Erhaltung der Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit in Alltagssituationen konzentriert. Das klingt beim ersten Lesen sperrig. Dabei geht es um ganz alltägliche, praktische Dinge, die die Patienten beschäftigen: Schuhe binden, ein Glas aus dem oberen Regal holen, Treppen steigen oder sich eigenständig, sicher rasieren zu können. Welche Muskeln und Nerven sorgen dafür, dass die Aktion nicht funktioniert und was können wir tun, um das persönliche Ziel des Patienten zu erreichen? „Der Muskel bekommt seine Informationen vom Nerv. Wenn der Nerv nicht funktioniert, funktioniert der Muskel nicht und der Nerv braucht eine gute Blutversorgung, damit er funktioniert“, sagt Mathias Eschricht. Er vergleicht den Nerv mit einem Wasserschlauch. Steht jemand kurz nach dem Wasserhahn auf dem Schlauch, kommt kein Wasser durch.
Nicht selten seien Patienten verwundert. „Sie fragen mich dann, wieso ich am Rücken arbeite, wenn sie ein Problem an der Hand haben.“ Doch meist sei das Problem in der Hand ein Symptom und die Ursache befinde sich im Rücken. „Wir gucken uns alle Stellen am Körper an.“ Dazu nutzen Eschricht und seine drei festangestellten Ergotherapeutinnen außer ihrem Fachwissen und ihren Händen auch moderne Technik. Sie greifen auf eine Kombination aus Ultraschall und Elektrotherapie, die Vakuumtherapie oder auch ein Infrarotgerät für die Darstellung der Wirbelsäule zurück. Mathias Eschricht hat sichtlich Spaß daran, sich fortzubilden und Neues zu probieren.
Behandlung nach Schlaganfall, Operationen oder bei neurologischen Erkrankungen möglich
Behandelt werden Menschen nach einem Schlaganfall, einer Hirnblutung, Verletzungen oder Operationen. Auch Personen mit neurologischen Erkrankungen wie Parkinson oder Krankheiten wie Arthrose, Rheuma oder Ischiasläsionen finden ihren Weg in die Praxis, die in der Kaltenbachstraße liegt. Ebenfalls willkommen sind Kinder, die beispielsweise Schwierigkeiten mit der Körperwahrnehmung, der Motorik oder der Konzentration haben. Auch mit orthopädischen Beeinträchtigungen kommen sie vorbei. Die Bandbreite ist groß, die Behandlungsarten auch.
Im Bewegungsraum wird es mit Sprossenwand, Trampolin und Wackelbrett sportlich, im Handwerkraum kreativ. So entstehen Figuren beispielsweise aus kleinteiligem Lego, geflochtene Lampenschirme oder auch Fliesenmosaike. Das Gefühl, wieder etwas zu schaffen, etwas motorisch wieder leisten zu können und es selbst in den Händen zu halten, das helfe vielen Patienten. Aber auch Spiele wie „Plitsch Platsch Pinguin“, bei dem kleine Figuren auf einem wackeligen Eisberg abgestellt werden müssen, finden sich im Regal der Praxis. Für die Feinmotorik und das Üben von Handlungsabläufen.
Verordnung vom Arzt nötig, in Ausnahmefällen auch ohne
Verordnet wird die Therapie von einem Arzt, nur in Ausnahmefällen ist es ohne eine Verordnung möglich, Patienten zu behandeln. Viele Patienten haben bereits einiges erlebt, bevor sie zur Ergotherapie kommen. Manchmal entdeckt der gebürtige Ostberliner, der durch eine Umschulung die Liebe zum Beruf entdeckt hat, bei der Untersuchung auch grundlegende Baustellen, wie zu lange oder verbogene Schrauben in Körperteilen nach Operationen. Diese Patienten schickt er dann zurück zum Arzt.
Doch meist können die Probleme vor Ort behandelt werden. „Oft ist eine Verbesserung schnell durch Training möglich“, sagt Mathias Eschricht. Und selbst bei Menschen, die schon lange Probleme haben, können Fortschritte machen. „Wir haben einen Patienten, der vor zehn Jahren einen Schlaganfall hatte, in Behandlung und er macht immer noch Fortschritte“, erklärt Ergotherapeutin Deborah Beuke (31). Viel passiere über Übungen, das Aufkleben von Tapes und Muskellockerungen.
Wie die persönlichen Ziele erreicht werden, sei aber immer anders und individuell. „Das macht den Job so vielseitig“, sagt Deborah Beuke. So habe sie mit einem Patienten, der es sich nicht mehr zugetraut hatte, sich selbst zu rasieren, das Rasieren an einem angemalten Luftballon geübt. Mit Erfolg. Er konnte seine Angst, es nicht zu schaffen, überwinden. Einmal, erinnert sich auch Mathias Eschricht, habe er einen Bus besorgt, um mit einem Patienten das Ein- und Aussteigen intensiv zu üben. Er wollte bei einem Ausflug mit Freunden unbedingt dabei sein - und hat es dank des Trainings auch geschafft. „Es geht auch darum, Teilhabe zu ermöglichen.“