Menden. Bizarre Bilder in „Menden Arena“: Rechtsradikale Organisation lädt zu 100-Jahr-Feier und Konzert. Bürgermeister Schröder empört.

Die Parkplätze rund um die prächtig leuchtende Menden Arena am Industrieweg sind alle voll an diesem Montagnachmittag. Den vielen Autos aus ganz Westfalen entsteigen schick gekleidete Menschen, viele türkische Familien mit Kindern, denen die Vorfreude auf das Konzert zweier türkischer Sänger ins Gesicht geschrieben steht. Die wenigsten Frauen tragen Kopftuch. Am ersten Weihnachtsfeiertag, an dem auch muslimische Mitbürger frei haben, lässt es sich entspannt feiern, sollte man meinen. Doch entspannt ist rund um diesen scheinbar harmlosen Abend gar nichts.

Polizei überwacht das Konzert draußen und drinnen

Denn dieses Konzert wird, wie im Vorfeld angekündigt, von der Polizei überwacht, von Beamten in Uniform und, wie es heißt, auch von Ermittlern in Zivil. Die Mendener Stadtverwaltung hat vorab auch den Staatsschutz in Hagen informiert. Denn Veranstalter ist hier die Organisation „Türk Federasyon“, und die stuft der deutsche Verfassungsschutz als eindeutig rechtsextremistisch und antisemitisch ein. Mit den gefürchteten „Grauen Wölfen“ und sogenannten „Idealisten“ wird die „Türk Federasyon“ in einem Atemzug genannt.

Strenge Auflagen für umstrittenen Veranstalter

Das gleichwohl nicht anmeldepflichtige Konzert hat von der Stadt strenge Auflagen bekommen, die mit einem fröhlichen Familienfest wenig zu tun haben: És dürfen nicht mehr als 750 Gäste erscheinen, es dürfen keine verfassungsrechtlich problematischen Symbole gezeigt werden, zu denen man auch Fahnen mit stilisierten Wölfen rechnet. Im Festsaal ist davon dann auch nichts zu sehen.

Gäste abgetastet: „Federasyon“ stellt allein 60 Ordner

Im Eingang zur „Menden Arena“ tasten Ordnungskräfte mit Headsets und eleganten Anzügen eintretende Gäste am ganzen Körper ab. Allein 60 Securitykräfte will der Veranstalter nach eigenen Angaben aufgeboten haben. Im Foyer sitzen dann junge Frauen an einem Tisch und verteilen strahlend die türkische Nationalflagge, die offenbar im Saal geschwenkt werden soll. Denn gefeiert werden hier nicht nur die Sänger, sondern vor allem die Gründung der türkischen Republik vor 100 Jahren.

Zum Auftakt die türkische und die deutsche Nationalhymne

Zum Auftakt der Veranstaltung sollen beide Nationalhymnen gesungen werden, die türkische und die deutsche, wie dem WP-Reporter im Saal angekündigt wird. Auf dem großen Beamer-Schirm sind links und rechts der Sänger-Porträts die türkische und die deutsche Nationalflagge zu sehen. Darüber steht groß der Name der „Türk Federasyon“.

Bilder von Rechtsradikalen prangen über dem Konzert

Neben der Bühne sind auf einem großen Plakat drei Männer abgebildet: In der Mitte der Republikgründer Kemal Atatürk, der für die Trennung von Staat und Religion steht. Eingerahmt ist Atatürk von Porträts der Politiker Alparslan Türkeş und Devlet Bahçeli. Türkeş war Oberst und Gründer der Partei der Nationalistischen Bewegung „Milliyetçi Hareket Partisi“, kurz MHP. Diese Partei gilt laut dem deutschen Verfassungsschutz als rechtsextremistisch und ultranationalistisch. Alparslan Türkeş wird als Neofaschist beschrieben.

Nähe zu gefürchteten „Grauen Wölfen“

Auch Bahçeli, der die MHP nach dem Tode von Türkeş übernahm, gilt den Verfassungsschützern als rechtsextrem. Gleichwohl war er von 1999 bis 2002 schon Vize-Ministerpräsident der Türkei. Heute bildet die MHP, die als politischer Arm der „Grauen Wölfe“ und sogenannter „Idealisten“ beschrieben wird, in einer Allianz mit Erdogans AKP eine Mehrheit im türkischen Parlament.

Empörung bei Mendener Stadt-Spitzen über die „Menden Arena“

Die extremistischen Vor-Bilder, die so gar nicht zu einem fröhlichen Familienfest passen wollen, hängen an diesem Montagabend nun neben Kemal Atatürk groß in der „Menden Arena“ aus. In Gesprächen mit Mendens Bürgermeister Dr. Roland Schröder und der Ordnungsamtschefin Manuela Schmidt ist die Empörung darüber sehr deutlich spürbar, dass ausgerechnet dieser Veranstalter in der „Menden Arena“ zum Zuge gekommen ist.

Schröder: „Extreme gleich welcher Couleur hier nicht willkommen“

Denn: „Extreme gleich welcher Couleur“, sagt Schröder, seien ihm in Menden nicht willkommen. Doch für ein Verbot hätten die rechtlichen Möglichkeiten nicht ausgereicht. So müssen neben Polizei und Staatsschutz heute auch Kräfte des Mendener Ordnungsamtes hier zugegen sein. Als würden ihnen die Absperrungen beim Weihnachts-Hochwasser nicht schon genug Arbeit bescheren.

WP-Reporter nach kritischen Fragen hinauskomplimentiert

Als der WP-Reporter im Saal kritische Fragen stellt, teilt ihm ein junger Übersetzer nach einer Intervention des Veranstalters freundlich, aber bestimmt mit, dass der Chronist nun wegen einer fehlenden Akkreditierung den Saal verlassen muss. Da helfe auch die ausdrückliche schriftliche Einladung der Besitzerin der „Menden Arena“, Mary Celik, nichts: Sie sei ja nicht die Veranstalterin. Die WP könne später den Hauptsitz der „Türk Federasyion“ in Frankfurt kontaktieren und dort für das nächste Mal um eine Presse-Zulassung ersuchen.

Nicht noch einmal: Klare Ansage an die Arena-Betreiber

Ob es ein nächstes Mal mit diesem Veranstalter oder anderen fragwürdigen Organisationen in der „Menden Arena“ geben wird, steht unterdessen dahin. Bürgermeister Schröder hat nach eigenen Angaben gegenüber Mary Celik klipp und klar erklärt: Niemand in der Mendener Stadtverwaltung oder bei der Polizei wolle auch nur noch ein einziges Mal erleben, dass die Hönnestadt wegen einer Veranstaltung in der „Menden Arena“ unversehens zum Einsatzort wird.