Menden. Wenn ab Sonntag Bilder von Otto Pankok in der Mendener Heilig-Geist-Kirche ausgestellt werden, dann geht es auch um düstere NS-Geschichte.

„Sinti-Bilder“: Zur Eröffnung einer besonderen Ausstellung mit Werken von Otto Pankok lädt die Evangelische Kirchengemeinde Menden am kommenden Sonntag, 3. September, um 11 Uhr ein. Die Eröffnung soll im Rahmen eines Gottesdienstes unter Mitwirkung von Bürgermeister Dr. Roland Schröder in der Heilig-Geist-Kirche gefeiert werden. Für die musikalische Untermalung sorgen Ignacio Zudaire und Jonas Lierenfeld.

Wertvolle Leihgaben aus dem Otto-Pankok-Museum in Hünxe

Das Otto-Pankok-Museum aus Hünxe, nach einer Sanierung erst seit dem Frühjahr wieder neu eröffnet, hat zu diesem Anlass Bilder des berühmten Malers zur Verfügung gestellt, die dieser von den damals auf dem Heinefeld lebenden Sinti-Familien gemalt hat. Die meisten von ihnen wurden später von den Nazis deportiert und umgebracht. Moritz Pankok, Großneffe des Künstlers, hat die für Otto Pankok typischen schwarz-weißen und expressiven Darstellungen der Sinti aus den 1920er Jahren für die Mendener Ausstellung persönlich ausgewählt.

Ausführliche Broschüre zur Verfolgung und Deportation der Sinti in Menden

Die evangelische Kirchengemeinde gibt zu diesem Anlass eine Broschüre heraus, in der Dr. Gabriele Schulte-Kurteshi ihre Recherchen zu den 37 in Auschwitz ermordeten Sinti aus Menden zusammengetragen hat. Sie wird im Anschluss an den Gottesdienst auch eine Einführung in die Ausstellung geben. Wer sich diese Broschüre genauer ansieht, muss feststellen, dass auch in Menden viele Sinti dem Terror und Rassenwahn in der Nazizeit zum Opfer fielen. Schulte-Kurteshi arbeitet heraus, dass allein 35 Menschen am 9. März 1943 den Weg aus Menden ins Konzentrationslager Auschwitz antreten mussten. Das ist auf Karteikarten nachzulesen, die im Mendener Stadtarchiv aufbewahrt werden. Dass sie ausnahmslos katholische Christen waren und alle Erwachsenen in Lohn und Brot standen, half ihnen nichts.

Wilhelmstraße damals offiziell „Straße der SA“, im Volksmund „Zigeunergasse“

Die meisten von ihnen wurden dort umgebracht, unter ihnen waren viele Kinder und Jugendliche. „Ihnen ein würdiges Gedenken zu ermöglichen, muss uns auch heute noch ein Anliegen sein“, schreibt Schulte-Kurteshi. In Menden hat es schon mehrfach Anläufe dazu gegeben, doch ein Mahnmal gibt es bis heute nicht. Schulte-Kurteshi hat die Schicksale der Mendener Sinti in der Broschüre akribisch nachgezeichnet. Vier Familien lebten demnach bis zur Deportation an der Wilhelmstraße, die damals „Straße der SA“ hieß – und im Volksmund nur „Zigeunergasse“.

Kritischer Blick auf die Rolle der katholischen Kirche in Menden

Kritisch beleuchtet wird auch die Rolle der katholischen Kirche in Menden im Zusammenhang mit der Verfolgung der Sinti: Zwar habe sich Pastor Funke, anerkannter Gegner des Nationalsozialismus, damals in seinen Predigten mit den NS-Schergen angelegt. Nicht bekannt ist indes, dass er sich auch für diese Menschen eingesetzt hätte.

Otto Pankok kritisierte die Nazi-Herrschaft: Malverbot

Auch Otto Pankok (1893 bis 1966) musste unter den Nazis leiden. Er war ein äußerst produktiver deutscher Maler, Grafiker und Bildhauer. Der Nachwelt hinterließ er laut dem Internet-Lexikon Wikipedia 6000 Kohlezeichnungen, 800 Holzschnitte, 800 Radierungen, 500 Lithographien, Steinschnitte und Monotypien, 3500 Zeichnungen für die Düsseldorfer Zeitung „Der Mittag“ und über 200 Plastiken. Zu Pankoks Hauptwerken zählt die 1933/34 geschaffene „Passion“, ein Zyklus von 60 großformatigen Kohlezeichnungen, in dem er für den Mitmenschen und für verfolgte Minderheiten eintritt und dabei deutliche Kritik an der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft übt.

In Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt

Hierfür erhielt der Künstler Malverbot. Seine Kunst galt unter der NS-Herrschaft als „entartet“, und er musste bis 1945 mehrfach fliehen. Besonders berühmt ist seine 1950 geschaffene Holzschnittarbeit „Christus zerbricht das Gewehr“ gegen die Wiederaufrüstung, später ein Symbol der internationalen Friedensbewegung. Die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem ehrte Otto Pankok und seine Frau Hulda posthum 2014 als „Gerechter unter den Völkern“, weil sie ihren Malerfreund Mathias Barz und dessen jüdische Ehefrau Brunhilde vor der Gestapo versteckt hatten.

Einer von Pankoks Schülern war der Schriftsteller Günter Grass, der 1997 auch den Otto-Pankok-Preis ins Leben rief. Die Otto-Pankok-Stiftung und die Otto-Pankok-Gesellschaft kümmern sich seit 1968 um die Pflege seines Werkes.