Menden. Im Mendener Teufelsturm treffen sich am Samstag sogenannte Puppies: Menschen, die sich als bunte Hunde „verkleiden“. Was hinter dem Trend steckt.
Bunte Verkleidungen sind im Heim der westfälischen Fastnacht ja nichts Neues. Selten gesehene Gäste sind jedoch die sogenannten Puppies: Menschen, die sich als bunte Hunde „verkleiden". Das Ganze nennt sich „Human Petplay" und entspringt dem BDSM-Fetisch. Pupplay bringt Menschen aller Gesellschaftsschichten zusammen. So auch am Samstag, 22. Juli, im Mendener Teufelsturm.
Die Pupplay-Gemeinschaft verzeichnete insbesondere während der Corona-Zeit einen starken Zulauf. Für die meisten Pupplayer ist es zu einem Lebensstil oder Hobby abseits des Alltags geworden. Es entstand so schon weit vor Corona eine starke, wachsende Gemeinschaft, die sich in ganz Deutschland verteilt und gemeinsam Partys feiert oder einfach nur gemeinsam die Zeit verbringt.
Pupplay: Ausbrechen aus dem Alltag und Entwicklung eines neuen Charakters
Doch was bewegt die Menschen, diesen Fetisch auszuleben? Es ist die Entwicklung eines neuen Charakters, das Ausbrechen aus dem Alltag, was für viele Petplayer das Hauptaugenmerk ist. Der Verein „Puppy & Friends NRW" erklärt auf seiner Homepage, dass das Pupplay in drei Gliedern beschrieben werden kann: Sozial, Style und Sex. Die Veranstaltung am Wochenende im Teufelsturm ist ein Grillfest des Vereines. Es gliedert sich also im sozialen Bereich des Pupplay ein. „Wir möchten allen Gästen einen stammtischähnlichen Charakter bieten und verbringen einen gemütlichen Abend mit frisch Gegrilltem zusammen", erklärt Organisator Eddie. Auch das ist Teil des Pupplays: Fast alle Pupplayer geben sich auch einen neuen Namen – auch um ihre Privatsphäre zu wahren.
Und es gibt auch noch viel mehr Möglichkeiten, diesen Fetisch zusammen mit Gleichgesinnten auszuleben und zu feiern. So sind alleine in NRW zahlreiche Stammtische, Partys und Kneipen verteilt und ermöglichen nicht nur dem Pupplay freie Entfaltung. Die wohl größte Party für Fetische wie das Pupplay ist die „Gear'n'Dance" in der Bottroper Veranstaltungshalle Eloria. Anfang Juli 2023 haben dort über 1000 Menschen in bunten und vielfältigen Outfits gefeiert.
Ausleben einer Lebenseinstellung
BDSM steht für „Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism“. Es beschreibt also einen Fetisch, der aus Fesseln und Disziplinierung, Dominanz und Unterwürfigkeit sowie Sadismus und Masochismus bestehen kann. Der Begriff ist dabei sehr weit gefasst und kann für jede Person anders ausgelebt werden.
Wie viele Fetische entspringt es einem sexuellen Rahmen, kann aber auch nicht-sexuell ausgelebt werden.
Das Pupplay ist zwar ein Fetisch, in den meisten Fällen jedoch nicht als sexuelle Handlung. Es beschreibt das Ausleben einer Lebenseinstellung und freien Entfaltung der Persönlichkeit in der Öffentlichkeit.
In Deutschland soll es 2500 bis 3000 Pupplayer geben. Termine und News aus der Pupplay-Szene: pawsup.de, NRW-Verein: puppy.nrw
Der Weg in die Szene ist keineswegs kompliziert. Es gibt zahlreiche regionale Telegram-Gruppen und auch über die Stammtische und Partys findet man schnell Anschluss. Viele Pupplayer fangen mit einer günstigen Maske (in der Szene als „Hood" bezeichnet) aus dem Internet an und suchen dann den Anschluss über die Telegram-Gruppen. Die Szene ist buchstäblich bunt: die „Hoods" lassen sich auch individuell gestalten.
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In der Regel kosten solche individuellen Masken 250 Euro. Dabei gibt es sie in verschiedensten Ausführungen. Egal, ob Latex, Leder oder Neopren, schwarz, braun oder bunt. Für jeden Geschmack gibt es auch eine Maske. Bei den Outfits darf dann auch gerne Kreativität gezeigt werden. Viele Pupplayer bedienen sich hier am Fetisch-Stil, wie man ihn von vielen Christopher-Street-Days (CSD) kennt: Lack und Leder oder aber auch Motocross- und Biker-Anzüge zählen zu den vielen Kleidungsmöglichkeiten.
Konflikte wegen der Masken bei CSD-Demo in Recklinghausen
Doch mit den Masken gibt es in der Öffentlichkeit auch immer wieder Konflikte. Bei einer CSD-Demo in Recklinghausen im Juni 2023 hat die Polizei das Tragen der Masken mit Verweis auf das Vermummungsverbot erneut untersagt. Dem gegenüber steht jedoch die Aussage von NRW-Innenminister Herbert Reul aus 2018 zum CSD in Essen im gleichen Jahr: „Eine Aufforderung, das Tragen der Masken zu unterlassen, hätte bei dem vorliegenden Sachverhalt demnach nicht erfolgen dürfen." Denn das Tragen der Hoods und Fetisch-Outfits kann „zu einem solchen Anlass der Meinungsäußerung oder der künstlerischen Verwirklichung zugerechnet werden, was von dem Vermummungsverbot nicht erfasst werde", so Reul weiter. Die Polizei in Recklinghausen hat sich im Nachgang bei der Szene entschuldigt.
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Wenn nun am Samstagabend die Puppies durch den Garten des Teufelsturms wuseln, wird es bestimmt kein weniger buntes Treiben als in den zahlreichen Karnevalssessionen. Letztenendes ist das Pupplay für den Außenstehenden nichts weiter als eine Verkleidung, die sich zu einem Hobby entwickelt hat.