Menden/Dortmund. Was sie vorhaben, ist unglaublich: In einem zweimotorigen Flieger wollen Tim Wegner aus Menden und Christof Schumann aus Dortmund um die Welt.
Viele Maiwanderer zogen gerade ihre Bollerwagen durch Menden, als Tim Wegner aus Menden auf dem Flughafen Dortmund die beiden Propeller einer DA-42 startete, um mit dem Dortmunder Christof Schumann zu einer Weltumrundung aufzubrechen. Alle fünf Kontinente wollen die beiden Piloten in den nächsten drei Monaten anfliegen, sie wollen Island und Indien erleben und Bali und Australien. Ihr erstes Ziel heute war Belgrad, und am Abend sind sie dort sicher gelandet. Erst am 31. Juli wollen sie wieder in Dortmund aufsetzen.
Den Lebenstraum verwirklichen – Ehefrau: „Das ist so ein Jungs-Ding“
Tim Wegner, 36, ist Berufspilot und hat sich für diese Weltumrundung einen sehr langen Urlaub genommen, um seinem Freund und Hobbyflieger Christof Schumann bei der Verwirklichung seines Lebenstraums zu helfen. „Das ist so ein Jungs-Ding“, sagt Beate Schumann, als wir am Sonntag vor dem Flieger stehen, während die Jungs ihn beladen. Seit 36 Jahren ist Beate mit ihrem Christof verheiratet und muss jetzt erstmals drei Monate auf ihn verzichten. Warum fliegt sie nicht selber mit? „Weil es für Christof viel besser ist, wenn er einen erfahrenen und ruhigen Berufspiloten wie Tim neben sich hat und keine ängstliche Ehefrau.“
Pro Mann zwei Hosen und zwei Hemden: Für die Welt muss das reichen
Zwei Hosen, zwei Hemden und T-Shirts hat Tim Wegner eingepackt. Auch Christof Schumann kommt mit einer Sporttasche aus. Das muss reichen für die Welt. Ein Jungs-Ding eben, und so ein kleiner Flieger verträgt eh keine schweren Koffer. Das Flugzeug kommt gerade aus der Werft bei Frankfurt und ist komplett durchgecheckt für die 40.000 Kilometer in der Luft. Es wird in Australien den nächsten Werft-Check geben, dazwischen jede Menge exotische Tankstopps. An guten Wünschen dafür fehlt es nicht in der WhatsApp-Gruppe „Earthrounding N234AA“ – das ist die Nummer ihres Flugzeugs: „Ich kenne in Afrika eine günstige Tankstelle!“, schreibt einer der rund 100 Verwandten, Freunde und Kollegen, die in diese besondere Gruppe eingeladen wurden.
Über dem Pazifik so still wie hinterm Mond: „Zu wenig Mobilfunkmasten“
Die Zeitung ist mit dabei, und so können alle dieses Abenteuer verfolgen, wann immer sich Schumann und Wegner melden. „Über dem Pazifik wird das schwierig“, schmunzelt der Platte Heider, „da gibt es zu wenig Mobilfunkmasten.“ Rund 4000 Kilometer beträgt die längste Einzelstrecke von Hawaii aus nach Monterrey. Und wenn sie erstmal über diesem endlosen Ozean sind, dann werden sie ungefähr so gut zu erreichen sein wie Astronauten auf der Rückseite des Mondes. Dieser Vergleich passt: „Es soll mehr Leute geben, die im All waren, als selbst um die Welt geflogen sind“, sagt Tim Wegner.
Im Vorfeld zig Visa besorgt und Hotelzimmer in aller Welt gebucht
Geplant haben die beiden ihren Mega-Trip seit Monaten: „Es gab kaum noch ein anderes Thema, deshalb ist es gut, dass es endlich losgeht“, berichtet Beate Schumann. Sie mussten Hotels auf der ganzen Globus im Voraus buchen – ob sie pünktlich da sein werden? Sie brauchten Visa unter anderem für Australien und Kambodscha, für Neuseeland und die USA, und letztere war nicht online zu haben, dafür mussten sie in die Botschaft. Doch auch die allerbeste Planung, das weiß keiner besser als Tim Wegner, hilft mitunter nichts: „Wenn‘s Sturm gibt, dann werden wir vielleicht auch mal eine Woche oder länger am Boden bleiben.“
Sicherheit geht vor: Ukraine und Myanmar werden umflogen
Die Sicherheit stehe ohnehin an erster Stelle, sagt Wegner. So meiden sie von vornherein alle Lufträume über Kriegs- und Krisengebieten, nicht nur die Ukraine, Bangladesch und Myanmar müssen aufwändig umflogen werden. Die Welt, die sie sehen wollen, ist eben kein friedlicher Ort. Außerdem kann eine DA „Twin Star“ auch weiterfliegen, wenn einer der beiden Propeller ausfällt. Über dem Meer sollte das natürlich nicht passieren, doch dafür haben sie immerhin noch eine aufblasbare Rettungsinsel an Bord. Christof Schumann zeigt auch den Sender, der lebensrettende Signale und Lichtblitze absetzen kann, falls es doch schiefgeht. Ungefährlich ist diese Weltreise beileibe nicht.
Wegen des Rückenwindes: Um die Erde geht’s rechtsrum
Doch daran denkt in diesem Moment keiner, denn jetzt steigen sie erstmal auf. „Und wegen des Rückenwindes, den wir auf jeden Fall brauchen, geht‘s rechtsrum um die Erde“, lacht Wegner. Auf Serbien folgen Zypern, Ägypten, die Emirate, Indien, Thailand, Kambodscha, Singapur, Bali, dann sechs Landungen in Australien und Neuseeland, und die Hälfte ist geschafft. Es geht zu so exotischen Zielen wie Amerikanisch-Samoa mit seiner Hauptstadt Pago-Pago, nach Kiribati oder Tonga. In Indien feiert Tim Wegner seinen 37. Geburtstag. Drei Mal überfliegen sie auf ihrer höchstpersönlichen World Tour die internationale Datumsgrenze, 40 Stopps in 90 Tagen sind eingeplant.
Unterwegs im wohl sparsamsten Flugzeug von allen
Auf die Frage, wie sich das Ganze auf das Klima auswirkt, sagt der Berufspilot: „Die in Österreich gebaute DA-42 ist das spritsparendste Flugzeug, das ich kenne.“ Friedrich Merz habe in Echthausen eine DA-62, das nächstgrößere Modell, und zu Recht so argumentiert, als er damit zu Christian Lindners Hochzeit flog. Bei 40 Litern Kerosin pro Stunde, 300 km/h und buchstäblich Luftlinie halte der Spritverbrauch mit dem einer Limousine mit.
Für beide Piloten das Abenteuer ihres Lebens
Beide, der Unternehmer Christof Schumann und der Pilot Tim Wegner, haben in ihrem Leben schon viel gesehen. Doch das hier, das ist das größte Abenteuer ihres Lebens. Und heute, am 1. Mai, geht’s los.