Menden. Der De-Cent-Laden für Bedürftige in Menden wird überrannt. Die Politik gibt trotzdem nur 100.000 statt 162.000 Euro als Hilfe frei. Die Gründe.

100.000 Euro erhält der De-Cent-Laden als Mendener Tafel zur Versorgung seiner bedürftigen Kundinnen und Kunden mit günstigen Lebensmitteln aus dem NRW-Landestopf „Gemeinsam gegen Armut“. Erst später wollen die Mendener Sozialpolitiker entscheiden, ob weitere 62.000 Euro für De-Cent freigegeben oder anderweitig verteilt werden. Zum Beispiel als Unterstützung von 2000 Euro für jede Kita im Stadtgebiet, wie die Grünen es vorschlagen.

Mendener Stadtverwaltung wollte De-Cent-Laden mit 162.000 Euro ausstatten

Im Sozialausschuss am Mittwochabend, der diesen Beschluss fasste, war zuvor eine Debatte um die 162.000 Euro entbrannt, die laut Stadtverwaltung schnellstmöglich und in voller Höhe an den Katholischen Verein für soziale Dienste in Menden (SKFM) und dessen DeCent-Laden fließen sollten. Mit dieser Lebensmittel-Versorgung decke der Verein „das elementarste aller Grundbedürfnisse“ ab, erklärte Mirko Kruschinski (SPD). Das müsse Vorrang haben vor allen anderen Hilfen. Gebe man jetzt nicht das gesamte Geld frei, dann sei erfahrungsgemäß sicher, dass es anderweitig ausgegeben wird.

Hilfsverein SKFM braucht heute 200.000 Euro im Jahr allein fürs Essen

SKFM-Geschäftsführerin Marita Hill machte vor den Politikerinnen und Politikern zudem deutlich, dass ihr Verein nach derzeitigem Stand sogar 200.000 Euro im Jahr bräuchte, um die stark steigende Nachfrage an der Tafel decken zu können. Bekanntlich kauft der SKFM viele Lebensmittel, die der Verein an die Bedürftigen weitergibt, zuvor selbst vergünstigt bei Rewe und Edeka in Menden ein. Dies, nachdem Spenden aus Supermärkten vor allem nach der Real-Schließung stark zurückgegangen sind – bei steigendem Bedarf.

718 Einkaufsausweise: De-Cent-Laden wird mittlerweile buchstäblich überrannt

Der De-Cent-Laden an der Fröndenberger Straße werde derzeit buchstäblich überrannt, berichtete Marita Hill. In konkreten Zahlen heiße das: „Vor einem Jahr um diese Zeit, als auch schon ukrainische Flüchtlinge in größerer Zahl hier angekommen waren, hatten wir 320 Einkaufsausweise an nachweislich Bedürftige ausgestellt. Heute sind es 718“ – also binnen Jahresfrist mehr als doppelt so viele.

Grüne wollen Geld zurückhalten, um auch noch andere Projekte fördern zu können

Drei weitere Antragsteller

Neben dem SKFM hat bisher das Netzwerk „Lendringsen hilft“ 51.490 Euro an Mehrbedarf für Maßnahmen zur Grundversorgung mit Lebensmitteln, für regelmäßige Mahlzeiten und aufsuchende Arbeit gegen versteckte Armut im Ortsteil angemeldet.

Die städtische Drogenberatungsstelle (Drobs) beantragte 2500 Euro als Mehrbedarf für den Einkauf für die Klienten der Drogenberatung.

Der Verein Mendener in Not benötigt 25.000 Euro als Mehrbedarf für den Einkauf von Lebensmitteln und Energie.

Dagegen verteidigte die Ausschussvorsitzende Tina Reers (Grüne) das Anliegen ihrer Fraktion, nicht sofort alles Geld für Lebensmittel an den SKFM zu geben. Wie berichtet, hält der Landestopf aus Stärkungspaktmitteln für Menden insgesamt rund 255.000 Euro bereit. Hinzu kommen 65.000 Euro, die der Märkische Kreis der Stadt Menden aus seinen Geldern aus dem Landestopf zur Verfügung stellen will. „Wie Manna in der Wüste“ regne es gerade unverhofft aus Düsseldorf nach Menden herein, stellte Robin Kroll (CDU) fest. Das Geld soll verwendet werden, um angesichts steigender Preise für Energie und Lebensmittel den täglichen Bedarf von Menschen mit geringem Einkommen zu sichern.

CDU will die NRW-Hilfsgelder „nicht mit der Gießkanne verteilen“

Kroll erklärte dazu, seine Fraktion wolle die Mittel jetzt nicht nach dem Gießkannenprinzip auf alle verteilen, sondern stadtteil- und projektbezogen einsetzen. Hierfür seien früher schon vor allem der Papenbusch und das Rauherfeld mit besonderen Bedarfen identifiziert worden. Und: Es gehe der Union wie den Grünen auch um Empfängerinnen und Empfänger, die sich jetzt nicht melden, um versteckte Armut auch im Alter. An diese Menschen gelte es jetzt heranzukommen, statt nur große, meist von christlichen Kirchen getragene Vereine zu unterstützen. Tina Reers erklärte, dass die Verteilung über Kitas und Schulen erfolgen könne, wo etwa ein gesundes Frühstück angeboten werden könne.

SPD sieht die Landesmittel bei den großen Hilfsvereinen in besten Händen

Vergebens hielt Kruschinski dagegen, dass gerade die große Vereine in Menden auch als Kita-Träger so gut vernetzt seien, auch untereinander, dass sie versteckte Armut effektiv bekämpfen könnten. Zudem gehe es nicht nur um Lebensmittel, sondern auch um Energiekosten. Und hier habe der SKFM einen kurzen Draht zum Hilfsverein „Mendener in Not“.

Am Ende entschied der Ausschuss jedoch, dass der SKFM erst einmal nur 100.000 Euro erhalten soll, also die Hälfte des von Marita Hill angegebenen Jahresbedarfs. Und noch können weitere Vereine Anträge auf die Gelder stellen. SPD und AfD enthielten sich der Stimme.