Menden. Herausforderungen für städtische Kitas: Erzieher können jetzt bis zu vier zusätzliche freie Tage nutzen. Was heißt das für Eltern? Ein Überblick.

Kinder lieben sie, Eltern brauchen sie – denn sie leisten täglich Großes bei der Arbeit mit den Kleinsten: Erzieherinnen und Erzieher. Für jene, die im kommunalen Dienst arbeiten, sorgt ein neuer Tarifvertrag für deutliche Verbesserungen. Doch genau diese Änderung stellt momentan vor allem die Leitungen der städtischen Kindergärten vor große Herausforderungen – und das hat letztendlich auch Konsequenzen für Eltern, die ihre Kinder in einer der sieben städtischen Kitas betreuen lassen.

Worum geht es überhaupt?

Die Gewerkschaft ver.di und der Beamtenbund dbb haben sich mit den kommunalen Arbeitgebern im Spätsommer vergangenen Jahres auf zusätzliche Entlastungstage und monatliche Zulagen für die Beschäftigten geeinigt. Die Einigung betrifft rund 330.000 kommunale Kita-Erziehungskräfte und andere Beschäftigte in sozialen Berufen wie beispielsweise Sozialarbeiter.

Pro Jahr sollen die Beschäftigten pauschal zwei zusätzliche freie Tage, sogenannte Regenerationstage, bekommen. Außerdem bekommen Erzieherinnen und Erzieher im kommunalen Dienst monatlich 130 Euro mehr Gehalt. „Dieses Geld können sie in maximal zwei weitere freie Tage, sogenannte Umwandlungstage, investieren“, erklärt Nadine Huckschlag. Sie ist Teamleiterin Tagesbetreuung bei der Stadt Menden. Die Stadt ist Trägerin von sieben städtischen Kitas, die von dem neuen Tarifvertrag betroffen sind. Pro Jahr können pro Kopf maximal zwei Umwandlungstage genommen werden. Konkret heißt das: Insgesamt können Erzieherinnen und Erzieher im Jahr bis zu vier zusätzliche freie Tage erhalten.

Was heißt das für Menden?

Nadine Huckschlag betrachtet den neuen Tarifvertrag mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Sie gönne jedem Betroffenen die Neuerungen. Besonders nach der Pandemie, in der Erzieherinnen und Erzieher immer im Einsatz waren, hätten sie sich diese Entlastung verdient. Die freie Zeit werde den Betroffenen gut tun und sei wichtig.

Doch im pädagogischen Alltag bedeuten die Veränderungen eine große organisatorische Herausforderung. Nadine Huckschlag ruft eine Beispielrechnung auf: „Gucken wir uns eine Standard-Kita in Menden mit vier Gruppen an“, sagt sie. 15 Mitarbeiter sind dort im Einsatz, die jeweils 30 reguläre Urlaubstage haben. Nun kommen zwei Regenerationstage und zwei Umwandlungstage hinzu. Insgesamt mache das 510 freie Tage, die im Kita-Dienstplan untergebracht werden müssen. „Im Jahr 2023 haben wir 250 Werktage“, sagt sie. Jede städtische Kita habe im Schnitt 22 bis 23 Schließtage im Jahr. Schnell wird deutlich: Es klafft eine große Lücke – theoretisch kann nie in voller Besetzung gearbeitet werden. Und hier sind Krankmeldungen noch nicht eingerechnet. Der Krankenstand, so Huckschlag, sei bei Erzieherinnen und Erziehern hoch – pro Kopf durchschnittlich 18 bis 19 Tage im Jahr. Diese Fehltage müssen vom restlichen Personal aufgefangen werden.

Wie geht die Stadt, als Trägerin der Einrichtungen, mit dem Engpass um?

„Es gibt verschiedene Stellschrauben, an denen man drehen kann“, erklärt Nadine Huckschlag. Die Stadt hat als Trägerin der Einrichtungen das Gespräch mit den Eltern gesucht. Die Forderung nach mehr Personal sei aufgekommen. „Wir schauen, was möglich ist“, sagt Nadine Huckschlag. Denn über das Kinderbildungsgesetz gebe es klare Vorgaben wie wenige oder wie viele Personen eingesetzt werden können. Auch das Budget ist gedeckelt. Selbst wenn die Stadt das Budget zu 100 Prozent ausschöpfen würde, sei es zwar theoretisch vielleicht möglich das Problem zu lösen, praktisch würden aber Fachkräfte fehlen.

Eine weitere Option: Einen Springerpool bilden. Erzieherinnen und Erzieher werden eingestellt und sind keiner festen Einrichtung zugewiesen. Sie helfen aus, wo sie gebraucht werden. „Aber solche Stellen sind schwierig zu besetzen“, sagt die Expertin. Verständlicherweise würden die Erzieherinnen und Erzieher lieber konstant in einer Einrichtung arbeiten, um tiefere Bindungen zu Kindern und Eltern aufbauen zu können. „Und der Markt sieht im Moment so aus, dass sich Erzieherinnen und Erzieher die Stelle aussuchen können.“

Was heißt das jetzt für die betroffenen Eltern?

Es gibt bereits (unabhängig von der neuen Situation) zwei volle Springerstellen im Stellenplan der Stadt, die auf vier Halbtagsstellen aufgeteilt werden sollen. Eine Stelle wird ab dem 1. April besetzt. Diese Stellen sind dann zwar einer Einrichtung zugeordnet, doch die Personen können auch in anderen Einrichtungen aushelfen.

Außerdem wurden die Elternbeiräte eingebunden und abgefragt, ob die Eltern lieber zusätzliche Schließtage oder eher Betreuungsengpässe in Kauf nehmen würden, die dann unter Umständen spontan aufgefangen werden müssten. Beides habe Vor- und Nachteile – sowohl für die Eltern, als auch für die Einrichtungen und deren Mitarbeiter. Die Entscheidung fiel auf Schließtage. „Maximal 27 Schließtage sind pro Jahr möglich und wir liegen bei 22 bis 23. Wir haben also noch einen Puffer“, sagt Nadine Huckschlag. Die Stadt hat ihren Einrichtungen nun ermöglicht, einen weiteren Schließtag im Jahr einzuführen. „Das ist aber keine Vorgabe.“ Jede Kita entscheidet das selbst – immer in enger Absprache mit dem jeweiligen Elternbeirat.

Der Entscheidungsprozess läuft aktuell noch. Jede Einrichtung sei individuell zu betrachten. Generell, so Huckschlag, werde man in diesem Jahr Erfahrungen sammeln und dann unter Umständen im kommenden Jahr nachbessern.

Folgende Kitas sind in Menden in städtischer Trägerschaft: Kita Arndtstraße mit drei Gruppen für 60 Kinder; Kita Bösperde mit vier Gruppen für 66 Kinder; Kita Halingen mit drei Gruppen; Kita Am Papenbusch mit sech Gruppenräumen; Kita Vincenz mit vier Gruppenräumen; Kita Vollmersbusch mit fünf Gruppen und 95 Plätzen; Kita Zeisigstraße mit drei „normalen“ Gruppen und einer Waldgruppe am Naturschutzzentrum Arche Noah.