Menden. Der erste Lernabend in Mendens Bücherei. Oberstufler büffelten. Aber auch Bibliotheksteam und WP lernten dazu. Was war so überraschend?

Die „Nacht der aufgeschobenen Hausaufgaben“ – sie fing in der Stadtbücherei nachmittags um 14 Uhr an. Bücherei-Chefin Veronika Czerwinski und Bildungsbeauftragte Gina Friedrich freuten sich über Jugendliche im Oberstufenalter, die in Kleingruppen über Stunden hinweg hochkonzentriert arbeiteten. Spannend war die Frage: Wie viele Jugendliche würden am frühen Abend, um 18.30 Uhr, noch Kraft aufbringen für ein Gespräch über Fakten und Fake-News mit WP-Redakteur Jürgen Overkott?

Nacht der aufgeschobenen Hausaufgaben: Büchereileiterin Veronika Czerwinski, Praktikantin Mia und Bildungsbeauftragte der Mendener Stadtbücherei Gina Friedrichs (von links)
Nacht der aufgeschobenen Hausaufgaben: Büchereileiterin Veronika Czerwinski, Praktikantin Mia und Bildungsbeauftragte der Mendener Stadtbücherei Gina Friedrichs (von links) © WP | Jürgen Overkott

„Bereits binnen weniger Sekunden war mir klar: Diese Runde wollte es wissen. Ich wäre schon mit einer kleinen, aber interessierten Gruppe zufrieden gewesen. Doch im Stuhlkreis saßen zwölf Mädchen. Zwölf von 18 Jugendlichen, zwei Drittel. Ich war hin und weg“, berichtete Redakteur Jürgen Overkott. „Und das war nur der Anfang. Die Bildungsbeauftragte der Bücherei, Gina Friedrich, öffnete mit ihrer Moderation Herzen und, wichtiger noch, Münder. Viele Teilnehmerinnen hatten viele Fragen.“

Am Ende der dreiviertelstündigen Runde stellte Büchereileiterin Veronika Czerwinski beinahe erschreckt fest: „Was, die 45 Minuten sind schon ‘rum?“ Aber es sollte für das Organisationsteam des Lernabends noch besser kommen. Es waren nämlich nach dem Talk über Fakten und Fairness längst noch nicht alle Fragen beantwortet. Die Schlussfrage der Schülerinnen lautete: „Wann ist das nächste Mal?“

Veronika Czerwinski und Gina Friedrich waren nach dem Abend in mehrfacher Hinsicht zufrieden. Nachdem der erste Versuch, ein neues Lernformat für Schülerinnen und Schüler im vergangenen Februar buchstäblich vom Winde verweht worden war, hatten sich auch für die verschobene Premiere beim zweiten Anlauf genügend Jugendliche angemeldet. Sie hatten das Angebot in der Bibliothek durchweg genutzt, um für Jahresarbeiten zu recherchieren – beispielsweise über die Monarchie in Großbritannien. Zudem freute sich das Bücherei-Team darüber, dass die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer erklärtermaßen die Vorzüge ruhigen Arbeitens in den Räumen zu schätzen wussten. „Das Angebot wurde auf jeden Fall schön wahrgenommen“, fasste Gina Friedrichs ihre Eindrücke zusammen.

Obendrein hatte nach ihrer Beobachtung auch die Kombination von Recherche für Hausarbeiten und Recherche für journalistische Arbeit funktioniert. „Es war schon Interesse da“, sagte Gina Friedrich. „Es war für die Schülerinnen gut zu erfahren, dass für die Berichterstattung mehrere Quellen wichtig sind – und dass bei den Schülerinnen schon das Bewusstsein da ist, nicht nur einer Quelle zu vertrauen.“

„Es war toll, dass sich die Schülerinnen darauf eingelassen haben“, meinte auch Veronika Czerwinski, die die Runde mitverfolgt hatte.

Sechs Stunden Arbeit

Veronika Czerwinski nahm nach dem Abend die Erkenntnis mit, „dass die Schüler das Bedürfnis haben nach einem ruhigen Ort zum lernen“. Mehr noch: „Es waren sogar welche da, die sich dafür bedankt haben, dass hier in Ruhe lernen können. Und wir dachten – ich habe gerade noch mit einer Kollegin darüber gesprochen –, dass es selbstverständlich ist, dass man solche Orte hat. Das ist aber offensichtlich nicht so.“

Manche Jugendliche verließen die Bücherei erst um 20 Uhr – nach sechs Stunden Arbeit. Sie hatten womöglich noch länger gebüffelt, hätten sie nicht pünktlich zu Bus oder Bahn kommen müssen.