Menden. Einige Wochen vor dem Tötungsdelikt an der Brandenburgstraße war der Ehemann in Gewahrsam genommen worden.
Im Vorfeld des Tötungdeliktes vom 6. Dezember an der Brandenburgstraße gab es dort am 13. September einen Polizeieinsatz wegen häuslicher Gewalt. Das bestätigte Oberstaatsanwalt Thomas Poggel als Pressesprecher der Staatsanwaltschaft in Arnsberg auf Anfrage der WP. Wie berichtet, soll ein 46-jähriger Mann seine von ihm getrennt lebende Ehefrau (39) auf dem Dachboden des Mehrfamilienhauses umgebracht und danach Suizid begangen haben.
Polizeieinsatz im September wegen Bedrohung der Ehefrau (39)
Der Einsatz im September sei wegen einer Bedrohung der Frau durch ihren Ehemann erfolgt. Der Mann mit polnischer Staatsbürgerschaft sei vorübergehend in Gewahrsam genommen worden, und es habe eine Gefährder-Ansprache gegeben. Poggel weiter: „Nachdem die Beamten davon ausgegangen sind, dass keine Gefahr mehr vorlag, ist er wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden.“
Verfahren eine Woche vor der Bluttat eingestellt: Keine Rückmeldung
Das Verfahren wegen der Bedrohung sei eine Woche vor der Bluttat, am 29. November, eingestellt und die Geschädigte auf den Privatklageweg verwiesen worden. Denn weder die Frau noch ihre 21-jährige Tochter als Zeugin hätten auf eine schriftliche Befragung durch die Ermittlungsbehörden reagiert. Weil es zudem „keine Vorbelastungen des Beschuldigten“ gegeben habe, sei der Fall für die Strafverfolgungsbehörden erledigt gewesen.
Es wird wohl keinen Prozess mehr geben
Mit dem Tod eines Beschuldigten werde das Ermittlungsverfahren bei einem Tötungsdelikt überdies eingestellt, da gegen Verstorbene keine Anklage erhoben wird, erklärte Poggel weiter. Allerdings müssten Polizei und Staatsanwaltschaft im Todesermittlungsverfahren ausschließen, dass es bei Suizidvermutung nicht doch Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden gibt. Im aktuellen Fall gehen Polizei und Staatsanwaltschaft aber weiter davon aus, dass der Mann erst seine Ehefrau und dann sich selbst getötet hat. Es wird folglich keinen Prozess mehr geben.
Tochter soll Abschiedsbrief gefunden und die Polizei gerufen haben
Am Abend des Verbrechens soll die Tochter nach WP-Informationen kurz nach 18 Uhr den Notruf der Polizei alarmiert haben, nachdem sie in der Wohnung des Vaters einen Abschiedsbrief gefunden hatte. Die herbeigeeilten Einsatzkräfte fanden die Leichen der Eltern auf dem Wäscheboden des mehrstöckigen Gebäudes. Der ebenfalls in der Wohnung lebende 17-jährige Sohn hatte von der schrecklichen Tat nur zwei Stockwerke über ihm offenbar nichts mitbekommen.
Ob Mord oder Totschlag, ist für Ermittler hier nicht mehr relevant
Der Oberstaatsanwalt stellte auch klar: „Der Begriff ,Erweiterter Suizid‘ verharmlost die aktuelle Tat in Menden. Vielmehr handelt es sich um ein Tötungsdelikt mit anschließendem Selbstmord des mutmaßlichen Tatverdächtigen.“ Ob es Mord oder Totschlag war, sei in diesem Fall „nicht mehr relevant“, weil es bei der Deliktart lediglich um die mögliche Strafzumessung gehe. Da der mutmaßliche Tatverdächtige verstorben sei, spiele dies aber keine Rolle mehr.
Im Märkischen Kreis 2022 bisher neun Tötungsdelikte, davon zwei in Menden
Nach aktuellen Angaben der zuständigen Polizeibehörde gab es im gesamten Märkischen Kreis im Jahr 2022 bislang neun Tötungsdelikte, darunter einen Mord, eine fahrlässige Tötung, sechs Totschlagsdelikte sowie den aktuellen Fall. Zwei der Tötungsdelikte fanden in Menden statt, beide im Bereich Platte Heide.Wie berichtet, ist ein 83-jähriger Mann in der zweiten Oktoberhälfte vermutlich von einem 17-jährigen Mendener getötet worden.