Menden. Digitalisierung in der Praxis: Wie ausgerechnet Müll-Laster in Menden bald zu rollenden Hightech-Sensoren werden.
Ausgerechnet Müll-Laster sollen die Mendener Straßen schon sehr bald in eine digitale Zukunft führen: Auf ihren Touren durch die Stadt sollen die hohen Fahrzeuge künftig Handys an Bord haben, die vom Innenspiegel aus den Zustand jeder einzelnen Straße fotografisch festhalten. Die Geräte messen auch jede Erschütterung durch Unebenheiten auf der Fahrbahn. So erhalten die Straßenbau-Experten im Rathaus nach und nach ein elektronisches Kataster der 330 Mendener Straßenkilometer, für die sie zuständig sind.
Rechtzeitige Reparatur verlängert die Lebensdauer der Straße um Jahre
Das System zeigt rechtzeitig und fortlaufend an, wie es der Straße geht. Zum Beispiel, ob eine Fahrbahndecke mit vertretbarem Aufwand repariert werden sollte, bevor sie völlig marode ist und die Sanierung richtig teuer wird. Die Lebensdauer der Straße kann so um Jahre verlängert werden. Daraus ergeben sich enorme Einsparsummen – bei Systemkosten von 165.000 Euro.
„Mendigital“ und die Straßenbauer steckten die Köpfe zusammen
Entwickelt hat die Idee die neue städtische Gesellschaft „Mendigital“ gemeinsam mit den Straßenbauern im Rathaus. Die Politiker im städtischen Digitalausschuss haben dem Projekt am Donnerstagabend einhellig grünes Licht gegeben. Vorbehaltlich der erwarteten Zustimmung des Bauausschusses ist der Weg damit für die Müll-Laster als Schlaglochsuchgeräte frei.
Testfahrten bereits erfolgreich, Politik gibt grünes Licht
Digitalisierung: Menden auf Platz 3 von 407
Es geht steil nach oben: In Sachen Digitalisierung ist die Stadt Menden im Oktober ausgezeichnet worden. 407 Städte mit mehr als 30.000 Einwohnern wurden in einer unabhängigen Untersuchung auf die Fortschritte untersucht, die sie in der Digitalisierung 2021 gemacht haben. Menden landete mit Rang 3 auf einem Spitzenplatz.
Das sorgt für große Freude bei der Stabsstelle Digitalisierung und Mendens Digitalisierungsgesellschaft mendigital GmbH: „Wahnsinn, dass wir als ‚Team Menden‘ im Vergleich zu anderen Städten einen derart großen Sprung nach vorne machen konnten“, sagt Robin Eisbach. „Wir haben eine umfassende Grundlagen-Arbeit gemacht und viele Menschen einbezogen – das hat sich gelohnt“, ergänzt Karin Glingener, Leiterin der Stabsstelle Digitalisierung.
Einen weiteren Vorteil der digitalen Erfassung nennt Mendigital-Chef Robin Eisbach der WP im gemeinsamen Gespräch mit Straßenbau-Abteilungsleiter Dirk Wiegand: „Das Ganze spart den Kolleginnen und Kollegen viel Zeit.“ Denn bisher, ergänzt Wiegand, rücken die Straßenbauer für die Kontrollen beständig selbst aus, im Zweifel auch begleitet von Kräften des Ordnungsamtes, wenn es um Verschmutzung oder Sperrungen für Bauarbeiten geht. Viele dieser zeitraubenden Einsätze würden dank der filmenden Müll-Laster in naher Zukunft überflüssig. Erfolgreiche Testfahrten der Lkw hat es bereits gegeben. Allerdings müssen die entsprechenden Aufträge noch erteilt werden.
Müll-Laster auf 95 Prozent der 330 Mendener Straßenkilometer unterwegs
Derzeit rollen 14 Sammelfahrzeuge durch das Mendener Stadtgebiet, drei davon sind täglich im Einsatz – mit ortskundigem und technisch versierten Personal an Bord. Sie befahren geschätzte 95 Prozent aller Straßen in Menden mit Klein- und Großfahrzeugen, und das im zweiwöchentlichen Rhythmus.
Mehr Sicherheit: Straßen, Gehwege, Schilder, Markierungen immer im Blick
Die regelmäßigen Aufzeichnungen sollen Geld sparen, aber auch für mehr Verkehrssicherheit sorgen, weil Löcher oder Risse rechtzeitig erkannt und repariert werden können. Und damit nicht genug: Künstliche Intelligenz (KI) errechnet gleich auch die Schäden, die sich unter Rissen im Asphalt verbergen. Vollautomatisch erfasst werden Verkehrsschilder, Gehwege und Markierungen – und deren Schäden. Das alles funktioniert obendrein, ohne dass das Personal oder die Fahrzeuge für die Aufzeichnungen in irgendeiner Form gebunden werden. Das Handy läuft ja einfach mit.
„Rollende Sensoren“ könnte auch Wasseruhren ablesen oder Funklöcher aufspüren
Datenschutztechnisch sei die neue Methode überprüft und abgesegnet, versichern Eisbach und Wiegand auf WP-Nachfrage. Und für Robin Eisbach sind die Möglichkeiten der Müll-Laster als rollende Sensoren noch längst nicht erschöpft: „Man kann damit auch Funklöcher orten oder im Vorbeifahren die Zählerstände von Wasseruhren messen, die Daten versenden. All das gibt es bereits.“
Womöglich bald auch in Menden.