Menden. Kita, Tagespflege, OGS: All das soll ab Sommer für Familien mit kleinen Einkommen gratis sein. Ab Januar könnte das auch für Kinderessen gelten.

Wirtschaftlich schwächeren Familien in Menden winkt ab dem kommenden Kindergartenjahr eine deutliche Entlastung bei den Elternbeiträgen und Essenskosten für Kitas, Tagespflege und Offenem Schulganztag. Für alle anderen bleiben die Beiträge gleich, auch Besserverdiener müssen nicht mehr berappen als heute. Einzige Ausnahme: Wer mehr als 45 Wochenstunden bucht, zahlt tatsächlich mehr. Allerdings gibt es dieses Angebot in Menden erst ab dem kommenden Sommer.

Nach Einkommen gestaffelt: Beitragstabelle reicht von 0 bis 609 Euro

Die in dieser Form vom Stadtrat im September beschlossenen Regelungen sind jetzt in eine neue Beitragstabelle gegossen worden, die in dieser Woche dem Schulausschuss – für den Ganztag – und dem Ausschuss für Kinder- und Jugendhilfe – für Kitas und Tagespflege – vorgelegt werden. Die jetzt vorgeschlagene Neuordnung der Elternbeiträge ist der mittlerweile dritte Entwurf.

Anders als die Nachbarstädte: Menden kassiert ärmere Familien ab

Neu daran ist: Familien, die bis zu 35.000 Euro im Jahr an Einkommen haben, sollen für den Kita-Besuch ihrer Kinder gar nichts mehr bezahlen müssen. Hier liegt der Freibetrag heute noch bei 17.000 Euro. Damit steht die Stadt Menden allerdings allein auf weiter Flur: Keine andere Stadt in der Umgebung kassiert ihre einkommensschwachen Familien dermaßen ab wie Menden. In sämtlichen Nachbarkommunen liegt die Freigrenze schon seit vielen Jahren deutlich höher – in Iserlohn zum Beispiel bei 48.000 Euro.

Betreuung: Bald sind auch mehr als 45 Wochenstunden zu buchen

Stadt will Kosten für Kita-Essen übernehmen

Um bis zum Inkrafttreten der neuen Beitragssatzungen am 1. August 2023 eine spürbare finanzielle Entlastung für Familien zu schaffen, schlägt die Stadtverwaltung vor: Für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2023 sollen die Kosten der Mittagessen für Kinder aus Familien mit einem Jahreseinkommen bis zu 35.000,00 Euro übernommen werden. Dies soll gelten, sofern die Essen nicht schon durch Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes bezahlt werden.

Mit Gesamtkosten von 210.000 Euro sieht die Stadtverwaltung in diesem Ansatz „einen gangbaren Weg“, um Familien mit niedrigen Einkommen in wirtschaftlich schwieriger Zeit rasch und unbürokratisch zu entlasten. Die Auswirkungen auf den Haushalt wären zudem „verhältnismäßig und zeitlich begrenzt“.

Eine vollständige Übernahme aller Essensgelder für das Haushaltjahr 2023 würde dagegen 1,2 Millionen Euro kosten. Dies wäre, so die Stadt, im Haushalt nicht mehr auszugleichen.

Gleiches gilt laut dem Rathaus für eine vollständige Übernahme aller Essensgelder nur vom 1.1. bis 31.7. 2023. Dies würde die Stadt immerhin noch 728.000 Euro kosten.

Neu an der Tabelle ist auch, dass es künftig ganz offiziell Angebote mit mehr als 45 Wochenstunden zur Betreuung in der Kita gibt. Bislang können Eltern nur 25, 35 oder 45 Stunden buchen. Damit wird in der Beitragstabelle allerdings auch der bisherige Höchstbeitrag nochmal getoppt: Bei mehr als 112.500 Euro Jahreseinkommen und den bisher maximal buchbaren 45 Wochenstunden zahlen wohlhabendere Eltern heute 562,50 Euro. Jetzt kann es – bei mehr als 45 Stunden Buchungszeit – auf bis zu 609 Euro als Monatsbeitrag hochgehen.

Nach langem Hin und Her: Geschwisterkinder sind und bleiben beitragsfrei

Wer dagegen ein Einkommen knapp über der Freigrenze hat, zahlt als kleinsten Beitrag für 25 Wochenstunden 58,33 Euro. Für die meistgebuchten 35 Stunden sind es in dieser Kategorie 70 Euro, bei 45 Stunden 108 Euro und bei mehr Wochenstunden 122,50. Und, ganz wichtig: Geschwisterkinder sind und bleiben beitragsfrei.

Kein Ausgleich: Stadt bleibt jetzt auf entgangenen Einnahmen sitzen

Die neue Tabelle spiegelt damit auch die politischen Debatten der letzten Monate vor allem in der Mendener Kinder- und Jugendpolitik wider. Es gab zwischenzeitlich mehrere Vorschläge, die eine unumstritten notwendige Entlastung der ärmsten Familien durch Zusatzbelastungen an anderer Stelle wieder auffangen wollten. So lag der Vorschlag des Jugendamts-Elternbeirates auf dem Tisch, als Ausgleich für den Verzicht auf das Geld der Schwächsten die Beiträge für die einkommensstarken Familien zu erhöhen. Und die Stadtverwaltung Menden kam auf die Idee, für Geschwisterkinder doch wieder die Hälfte des Standardbeitrags einzuführen, um den Einnahmeverlust für die Stadt aufzufangen.

Jetzt wird auch Übernahme der Essenskosten von Januar bis August überlegt

Doch alle Vorschläge dieser Art flogen den Ideengebern im Kinder- und Jugendhilfeausschuss wieder um die Ohren. Denn sie widersprachen letztlich dem Ziel, das sich die Mendener Politikerinnen und Politiker angesichts der Inflation und der Energiepreise ganz klar gesteckt hatten: Es sollte Entlastungen für Schwächere geben, ohne dass andere Familien zusätzlich belastet werden, ob sie nun Gutverdiener sind oder mehrere Kinder in Mendener Einrichtungen haben. Genau das gibt die aktuelle Tabelle jetzt wieder.

Zusätzlich zu den Entlastungen für die unteren Einkommensgruppen bei den Beiträgen wird jetzt auch die befristete Übernahme der Kosten von Mittagessen in Kindergärten und Grundschulen erwogen (siehe Infobox). Den Anstoß dazu gaben entsprechende Anträge der Ratsfraktionen von USF/UWG und den Grünen.