Menden. Groß-Invest mitten in der Krise: Warum der Unternehmer Ulrich Bettermann mit OBO gerade jetzt in Menden und Ungarn neu baut.
„Man muss immer antizyklisch investieren“, so lautet eine Erkenntnis von OBO-Chef Ulrich Leo Bettermann. Und während gerade alle Welt vor einer Rezession zittert, hat Bettermann mit den Planungen für eine Erweiterung seiner Logistik am Stammsitz in Menden begonnen. Dies, nachdem das Unternehmen im Juni eine neue Fläche für eine Großinvestition über 60 Millionen Euro erworben hatte (die WP berichtete).
Nach der Genehmigung rechnet OBO mit nur einem Jahr Bauzeit
Angrenzend an das große OBO-Metallkompetenzzentrum in Lendringsen hatte das Industrieunternehmen für Elektroinstallationstechnik 61.000 Quadratmeter Grund und Boden von der Familie Dücker-Plettenberg erworben. Kurzfristig sollen hier eine 13.000 Quadratmeter große Freilagerfläche und – nach der „in Kürze erwarteten“ Baugenehmigung – eine 40.000 Quadratmeter große Multifunktionshalle für Fertigung und Logistik entstehen. Liegt die Genehmigung vor, geht Bettermann von etwa einem Jahr Bauzeit aus, wie er auf Nachfrage der WP am Mittwoch erklärte. Damit könnte das Projekt bereits 2024 stehen.
Insgesamt 100 neue Arbeitsplätze in Menden und 200 in Bugyi/Ungarn
Zusätzlich werde das 2011 fertiggestellte Metallkompetenzzentrum in Lendringsen erweitert, so dass insgesamt 100 neue Arbeitsplätze in Menden entstehen, wo das Familienunternehmen 1911 gegründet wurde. Mit der Fertigstellung werde auch der Logistikstandort im benachbarten Iserlohn aufgegeben. Dorthin, ins Sümmeraner Gewerbegebiet am Ex-Kirchhoff-Standort am Langen Brauck, war Ende 2016 die neu gegründete Vertriebsgesellschaft für Deutschland gezogen.
Auch Verwaltung kehrt aus Iserlohn-Sümmern zurück nach Menden
Jetzt sollen auch alle dort eingesetzten Mitarbeiter, die Rede war damals von 130, bis Jahresende nach Menden zurückkehren. „Das beweist nicht nur unsere Treue zur Stadt, es ist auch eine gute Nachricht für den Mendener Stadtkämmerer“, schmunzelt Bettermann. Denn der Umzug eines Teils der Verwaltung hatte bekanntlich auch ein Gutteil der Gewerbesteuer-Einnahmen von Menden nach Iserlohn umdirigiert. Den Standort Sümmern wolle man nach Möglichkeit aber halten. Man denke daher an eine Vermietung der Immobilie, sagte Bettermann weiter.
Am Standort in Ungarn parallel ein Invest in Höhe von 49 Millionen Euro
Der Seniorchef kündigte damit binnen weniger Tage die zweite OBO-Großinvestition an. Denn bei der Feier zum 110-jährigen Bestehen des Unternehmens in Bugyi bei Budapest hat er gerade erst den Ausbau der Produktion und Logistik am ungarischen Standort bekanntgegeben. Dort werden 49 Millionen Euro aufgewendet und 200 neue Arbeitsplätze geschaffen.
Erfolgsformel: Unternehmerisch handeln statt auf die Banken zu hören
Vor mehr als 110 Jahren hat im sauerländischen Menden angefangen, was kürzlich in Bugyi mit 400 Gästen international als Doppeljubiläum gefeiert wurde. Dort, so berichtet Bettermann, hätten ihm alle Geschäftsführungen dafür gedankt, dass bei OBO eben nicht gehandelt werde, wie es Banken vorgeben: „Wir waren zuletzt dank unserer Lagerhaltung von tausenden Tonnen Stahl immer lieferfähig – und das weltweit. Andere waren das nicht. Die haben darauf gehört, dass sich ihr Lager immer auf der Autobahn befinden muss“, also auf rollenden Lkw. Lagerhaltung, das möge sich in solchen Ohren ja antiquiert anhören. Doch OBO verschaffe sie bei unterbrochenen Lieferketten gerade jetzt wichtige Wettbewerbsvorteile, erklärte Bettermann.
Bettermann mit Zuversicht auch in Kriegszeiten: „Wir haben vorgesorgt“
„Von Ulrich Bettermann können wir alle noch täglich lernen“, wird denn auch Lajos Hernádi zitiert. Er ist Werkleiter in Bugyi und sprach dort im Beisein von Dr. Gergely Gulyás, dem Chef des Amtes des ungarischen Ministerpräsidenten. Bettermann zeigte sich seinerseits zuversichtlich, dass OBO seinen Erfolgskurs auch in Kriegszeiten fortsetzt: „Wir haben vorgesorgt.“
Baufirmen mit Blick auf mögliche Rezession wieder um Aufträge bemüht
Doch warum wird in Lendringsen ausgerechnet in Zeiten investiert, in denen Baukosten enorm hoch sind, die Zinsen steigen und viele andere Unternehmen sich mit Investitionen zurückhalten? „Ich habe eher den Eindruck, dass sich Baufirmen mit Blick auf die kommende, sicherlich schwierige Zeit gerade wieder um Aufträge reißen“, erklärt der Unternehmer.
Neubauten bedeuten für Menden weniger Transporte in der Stadt
Die Neubau-Pläne würden im Detail jetzt vom Architekturbüro „Planquadrat“ in Dortmund entworfen. „Ich selber habe sie schon genau im Kopf.“ Nun hoffe er darauf, dass Kreis und Bezirksregierung möglichst rasch prüften. Denn für das Unternehmen wie für die Stadt Menden sei das OBO-Vorhaben in jeder Hinsicht positiv: „Wir kommen alle wieder zusammen an einem Standort. Und das bedeutet auch, dass kein Material mehr hin- und hergekarrt werden muss, was wiederum der Umwelt hilft.“