Menden. Menden muss sich warm anziehen: Die Stadtwerke erklären erstmals genau, was die Haushalte und Unternehmen in der Stadt ab Oktober erwartet.
Warm anziehen, und das im doppelten Sinn, müssen sich Mendener Stadtwerke-Kunden ab Oktober: Die Preise für Gas werden zwei Mal massiv anziehen, am 1.10. und ab dem 1. Januar 2023. Das hat Vertriebschef Alexander Nickel für die Stadtwerke in der zweiten Energie-Konferenz online dem vor den Bildschirmen versammelten Stadtrat am späten Montagabend angekündigt. Alle genannten Zahlen versah Nickel mit dem Vorbehalt, dass noch nicht alle Parameter eingeflossen sein. Doch die Größenordnungen stimmten.
Monatlicher Abschlag beim Gas: Statt heute 155 Euro bald 250, dann 350 Euro
Und die haben es in sich. So muss der Durchschnittshaushalt, der 20.000 Kilowattstunden (KWh) Erdgas im Jahr verbraucht, dafür heute rund 1700 Euro zahlen. Daraus werden ab 1. Oktober fast 3000 Euro, ab 1. Januar werden daraus rund 3800 Euro. Auf die monatlichen Abschläge umgerechnet bedeutet das: Wer heute noch 155 Euro im Monat überweist, muss ab Oktober mit 250 und ab Februar (es gibt nur elf Abschlagszahlungen im Jahr) mit 350 Euro im Monat kalkulieren.
Stadtwerke wollen Abschläge für Kunden von sich aus neu berechnen
Zugleich kündigte Nickel an, dass die Stadtwerke Menden erstmals in ihrer langen Geschichte von sich aus Abschläge für die Kunden neu berechnen und erheben wollen, und zwar ebenfalls ab Oktober.
Beim Strom ebenfalls Aufschläge – per Abschlag aber erst ab Februar
Auch der Strom in Menden wird deutlich teurer als heute, allerdings erst zum Jahreswechsel. Dann zahlt der Durchschnittshaushalt für 3500 Kilowattstunden im Jahr statt jetzt 1113 Euro etwa 1550 Euro. Ob darauf auch noch die Mehrwertsteuer kommt, ist laut Alexander Nickel noch nicht klar.
Prognose für 2023 noch düsterer: Kein russisches Billiggas mehr im Preis
Für 2023 fällt die Preis-Prognose der Stadtwerke noch düsterer aus. Denn selbst bei den jetzt explodierenden und stark schwankenden Preisen auf den Energiemärkten und -börsen seien noch Reste des günstigen Russland-Gases eingepreist. Im kommenden Jahr müsse man ganz ohne dieses Gas auskommen, was weitere Preissteigerungen befürchten lasse. Verboten worden sei den Stadtwerken unterdessen die preisliche Unterscheidung zwischen Neu- und Stammkunden. War es bisher so, dass Neukunden wegen der dadurch notwendigen teureren Zukäufe der Stadtwerke deutlich höhere Tarife zahlen mussten als die Stammkunden, so müssen die Tarife der Grundversorgung jetzt zusammengeführt werden.
Gewerbe und Industrie: Hier droht die Versechsfachung des heutigen Gaspreises
Gewerbe und Industrie trifft es indes noch viel härter als die Haushalte. Mit bis zum Sechsfachen ihrer heutigen Preise müssen heimische Betriebe rechnen, erklärte Nickel weiter. Für energieintensive Unternehmen kann das existenzbedrohend werden. Auch hier lieferte Nickel ein Zahlenbeispiel: Der Mendener Betrieb mit einem Verbrauch von 270.000 KWh an Gas pro Jahr zahle heute 4,51 Cent pro Kilowattstunde und 12.135 Euro im Jahr. Daraus werden jetzt 23,7 Cent, die sich auf 63.850 Euro im Jahr summieren. Für Strom zahlt das Unternehmen, das heute 20.000 Euro berappt, bald 56.000. Auch diese Preisspirale werde man ab Oktober in Gang setzen, kündigte Nickel an.
Stadtwerke-Chef Reichelt: Sparen und umsteigen als das Gebot der Stunde
Stadtwerke-Geschäftsführer Bernd Reichelt erklärte, dass es jetzt zwei Gebote der Stunde gebe: „Erstens müssen wir alle Energie sparen, beim Gas ab Herbst, beim Strom ab sofort. Und wir müssen, wo immer es geht, erneuerbare Energie zum Einsatz bringen, im Haushalt wie im Betrieb.“ Und: Alle genannten Zahlen seien noch nicht ganz genau zu kalkulieren, da einige Parameter wie Mehrwertsteuer oder Betriebskostenumlage noch ausstehen. Die Größenordnungen allerdings stimmten, und die Stadtwerke bedauerten das zutiefst. Das einzig Positive an der Gesamtlage sei für Menden, dass der eingeschlagene Weg zu klimaneutralen Stadt durch die hohen Preise jetzt auf allen Ebenen so schnell wie möglich begangen werden müsse
Bürgermeister Schröder: Auch die Stadt muss sparen – Sorge um sozialen Frieden
Bürgermeister Roland Schröder sagte, dass auch die Stadtverwaltung jetzt an allen Ecken und Enden Energie einsparen wolle. Dafür laufe beim Immobilienservice Menden gerade eine Erhebung für jedes einzelne Gebäude. Zugleich müsse man die Daseinsvorsorge im Auge behalten, in Schulen und Kindergärten könnten Heizungen nicht unbegrenzt gedrosselt werden. Überdies müsse man sich auf die sozialen Folgen für die Bevölkerung einstellen. Der soziale Frieden müsse gewahrt bleiben, man müsse auch nach Lösungen suchen, um für überforderte Haushalte Energiesperren möglichst abzuwenden.