Menden. Beitrags-Niveau soll in allen Stufen deutlich sinken. Kinder- und Jugendpolitiker aus Menden halten 750.000 Euro für möglich
Eine deutliche finanzielle Entlastung in Hochpreiszeiten winkt allen Eltern von Mendener Kindern in Kitas und Offenem Schulganztag (OGS) ab Sommer 2023. Sollten die Ratsfraktionen zustimmen, dann müssten Mendener Eltern im Jahr insgesamt 750.000 Euro weniger bezahlen als bisher. Der dann fehlende Betrag aus der Stadtkasse beglichen.
Bedingung ist, dass der städtische Ausschuss für Kinder- und Jugendhilfe (KJHA) einen CDU-Vorschlag akzeptiert, der am Mittwochabend im Unterausschuss das zentrale Thema war: Die Stadt soll demnach ihre Elternbeiträge in Menden den viel niedrigeren Tarifen angleichen, die der Märkische Kreis in seinen Einrichtungen von Eltern verlangt. „Das“, sagte Bernd Haldorn für die Union, „Wäre ein mutiger Schritt und ein klares Zeichen an die Familien in unserer Stadt.“
Kein Beitrag für Geschwisterkinder
Das ist mehr als überfällig
Die Beitrags-Entlastung von Kita-Eltern in Menden ist mehr als nur überfällig: Sie kommt fast einer Wiedergutmachung gleich. In Zeiten der Pleitestadt, die noch gar nicht lange her ist, hat Menden auch von Alleinerziehenden mit weniger als 1500 Euro brutto im Monat Beiträge verlangt – über viele Jahre, als andere MK-Kommunen die Bezahlgrenze längst viel höher geschraubt hatten. Auch Normal- und Besserverdiener werden in Menden weit und breit am stärksten abkassiert. Das passt nicht mehr in eine Zeit, in der die Stadt ihre Chance auf vermehrten Zuzug dank der Baupreise im Ruhrgebiet und des neuen Gewerbegebiets in Hämmer nutzen muss. Es passt auch nicht zu den an allen Fronten steigenden Lebenshaltungskosten. Nur gut, dass auch die CDU das einsieht.
Zusätzlich, und das wäre in den Mendener Fraktionen jetzt zu klären, soll in Menden auch weiterhin auf einen Beitrag für Geschwisterkinder verzichtet werden. Der beträgt beim Kreis immerhin 50 Prozent des Normaltarifs fürs erste Kind.
Außerdem erhöht der MK seine Elternbeiträge Jahr für Jahr automatisch um 1,5 Prozent. Unterm Strich liegen sie dennoch in sämtlichen Einkommensgruppen klar unter den heutigen Elternbeiträgen der Stadt Menden.
Eine weitere, für die Stadtkasse günstigere Möglichkeit wäre daneben der ursprünglich verfolgte Ansatz: Die ganze Beitrags-Debatte hatte im letzten Jahr begonnen, als festgestellt wurde: Keine andere Stadt im Märkischen Kreis verlangt auch von Familien mit Mini-Einkommen schon Kita-Beiträge.
Ruf der Familienfeindlichkeit?
Bis heute liegt die Einkommensgrenze für eine Freistellung von Elternbeiträgen in Menden bei 17.000 Euro brutto im Jahr. Klartext: Schon wer knapp 1500 Euro im Monat brutto hat, muss in Menden Kita-Beiträge bezahlen.
Ein Umstand, der Menden den Ruf der Familienfeindlichkeit einzubringen droht und den alle Ratsfraktionen unbedingt abstellen wollen: Die Stadt soll künftig erst dann Kita-Elternbeiträge erheben, wenn ein Haushalt mehr als 35.000 Euro an Brutto-Jahreseinkommen hat. Zugleich gilt: Keine andere MK-Stadt belastet auch Normal- und Besserverdiener so stark wie Menden.
Langfristiges Ziel: Keine Beiträge
In der Debatte um eine neue Tarifstruktur sorgte die Mendener Stadtverwaltung zuletzt für eine „Schockstarre“ bei SPD und Grünen. Denn das Rathaus brachte im Bemühen um einen möglichen finanziellen Ausgleich für die Stadt die in Menden lange abgeschafften Geschwisterbeiträge wieder ins Spiel: 30 Prozent des Normaltarifs sollten Familien demnach zahlen, wenn auch ihr Kind Nummer 2 zur Kita geht. Das ist bisher kostenlos.
Hier meldeten sich SPD, Grüne, aber auch die FDP sehr kritisch zu Wort: Auf gar keinen Fall werde man in Hochpreiszeiten wie diesen irgendwelchen Beitragserhöhungen für Familien mit mehreren Kindern zustimmen, auch nicht für Normal- und Besserverdiener – und egal welcher Art: „Das langfristige Ziel der Stadt ist doch ohnehin der völlige Verzicht auf Kita- und OGS-Beiträge“, erklärte Monika Adolph für die Freien Demokraten am Mittwochabend im Ratssaal.
Für die Grünen ergänzte Caroline Jooß, dass Eltern nicht finanziell dafür bestraft werden dürften, dass sie zwei oder mehr Kinder in die Kita schicken.
Immerhin schont das Verwaltungsmodell die Stadtkasse, die hier am Ende nur 11.000 statt 750.000 Euro zusteuern müsste. Im Unterausschuss blieb das allerdings so nicht stehen. Da ein Geschwisterbeitrag von allen Seiten ausgeschlossen wurde, kommen dann noch etwa 160.000 Euro als städtischer Einnahmeausfall heraus.
Entscheidung bis November
Keine Rolle spielten mehr die beiden Tarifmodelle, die der Mendener Jugendamts-Elternbeirat (JAEB) als Vertretung der Kita- und OGS-Familien zuletzt noch vorgelegt hatte. Denn die sahen Entlastungen der unteren Einkommensgruppen bei zusätzlichen Belastungen von Besserverdienenden vor. „Das haben wir mit der heißen Nadel gestrickt und dafür inzwischen viele Prügel bezogen“, erklärte die JAEB-Sprecherin im Unterausschuss.
Noch am Vorabend sei man in einer Zoom-Konferenz mit vielen Eltern zurückgepfiffen worden. Die Linie sei jetzt klar: Keine einzige Familie in Menden dürfe in diesen ohnehin schwierigen Zeiten durch die Stadt noch zusätzlich belastet werden.
Die Politikerinnen und Politiker im Unterausschuss beschlossen, sich nach den Sommerferien erneut zu treffen, um dem Ausschuss für Kinder- und Jugendhilfe und dem Stadtrat eine Empfehlung zu geben. Bis dahin wollen sie die Ansichten ihrer Ratsfraktionen dazu einholen. Eine Entscheidung muss bis zur Verabschiedung des Stadthaushalts Anfang November fallen.