Menden. In letzter Minute verbietet das Land NRW die Silvesterparty für 300 Leute im Swingerclub Menden. Betreiber ist bedient, Land sieht sich im Recht.

Verärgert über Politik und Ministerien zeigt sich Michael Menzel, Betreiber des Mendener Swingerclubs „Location One“ an der Werler Straße: „Erst 36 Stunden vor Beginn unserer Silvester-Veranstaltung ist die Corona-Schutzverordnung so angepasst worden, dass wir allen angemeldeten Gästen doch wieder absagen mussten.“ Alles sei da schon vorbereitet und eingekauft gewesen, etwa 300 Gäste hätten sich angesagt. Dies, nachdem in der jüngsten Schutzverordnung des Landes NRW, die etwa den Betrieb von Tanzpartys untersagte, die Swinger-Clubs nicht erwähnt worden waren. Auch auf Nachfrage, so Menzel, habe man ihm das ausdrücklich bestätigt.

Bürgermeister zeigt Verständnis für Verärgerung, Schließung wurde kontrolliert

Dass dann erst am 30. Dezember nachgebessert wurde und nun auch der Betrieb von Swingerclubs wie der „Location One“ untersagt wurde, treffe ihn bis ins Mark: „Wir durften jetzt allen absagen und die Rückzahlung bereits geleisteter Eintritte in die Wege leiten. Silvester kommt ja immer wieder überraschend. Ich bin stinksauer. Von wem werden wir da eigentlich regiert?“

Betreiber sieht Swingerclubs als hygienisch einwandfrei an – auch ohne Corona

Die Gegenfrage, ob ihm nicht klar gewesen sein muss, dass Veranstaltungen mit sexuellen Kontakten in Swingerclubs angesichts der angekündigten Verschärfung der Corona-Regeln für alle Arten von übertragungsträchtigen Kontakten gelten würde, verneint Menzel kategorisch: „Mich hat zunächst mal überhaupt nicht gewundert, dass wir ausgenommen waren. Denn nirgendwo wird derart auf Hygiene geachtet und kontrolliert wie gerade in unserer Branche, davon bin ich überzeugt. Unter 2Gplus geht nichts. Und unsere Gäste bleiben beim leisesten Hauch einer Erkältung von sich aus zuhause – das war übrigens schon vor Corona so.“

Alles schon eingekauft: Umsatzstärkste Nacht des Jahres kurzfristig gekippt

Dass mit der Nachbesserung der Corona-Schutzverordnung am 30. Dezember dann mit Silvester die umsatzstärkste Nacht des Jahres an der Werler Straße vom Landesministerium abgeblasen wurde, sei für ihn deshalb aus heiterem Himmel gekommen. Als Gastronom und Unternehmer fühle er sich von den Verantwortlichen überhaupt nicht mehr ernst genommen. Die einzigen Ausnahmen seien der Mendener Bürgermeister Dr. Roland Schröder und das städtische Ordnungsamt gewesen, an die er sich gewandt habe: „Die haben sich das erst in Ruhe angehört und dann noch einmal Erkundigungen eingezogen. Aber am Ende können sie eine Landesverordnung auch nicht außer Kraft setzen.“

Bürgermeister kann Ärger verstehen: Keine moralische Bewertung von Unternehmen

Roland Schröder bestätigt auf Nachfrage, dass es die Gespräche zum Swingerclub gab. Letztlich aber habe man Michael Menzel auch sagen müssen, dass der Betrieb untersagt sei. Die Schließung über Silvester sei von Ordnungsamt dann auch kontrolliert worden, ohne Beanstandung. „Ich kann den Ärger aber absolut verstehen“, sagt Schröder. Zum einen bewerte er das Unternehmen nicht moralisch, und auch der Stadtverwaltung kämen nicht alle Schutzmaßnahmen unbedingt logisch vor. Allerdings werde auch Menzel vom Land NRW Hilfe bekommen.

Darum gehe es ihm gar nicht, betont der Gastronom von der Werler Straße. Er frage sich nur, warum am Ende des zweiten Coronajahres immer noch solche Versäumnisse passieren können. „Offenbar macht sich keiner Gedanken darüber, dass auch Gastronomen Familien und Verbindlichkeiten haben. Was bei uns läuft, ist mittlerweile jenseits der Realität.“

MAGS-Sprecher: Silvesterfeier mit 300 Swingern „infektiologisch nicht vertretbar“

Das Landesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) in Düsseldorf beantwortete am Montagabend Fragen der WP nach Gründen für die Anpassung: Das frühzeitigere Verbot von Diskotheken und Tanzclubs, so erklärte Sprecher Heiko Haffmans, habe auf einer Beratung in der Ministerpräsidentenkonferenz und dem Ausbruchsgeschehen beruht. „Im Nachgang wurde überprüft, welche Angebote ähnlich hohe Infektionsrisiken bergen wie bereits andere, beschränkte oder verbotene Angebote.“ Dabei seien die Swingerclubs insbesondere dadurch in den Fokus gerückt, weil nach Berichten mehrerer Kommunen Clubs Silvesterfeiern geplant hatten. In der aktuellen Situation und angesichts der Appelle von Wissenschaft und Politik hätte aber klar sein müssen, dass solche Veranstaltungen „derzeit infektiologisch nicht vertretbar“ sind. Daher habe die Verordnung ergänzt werden müssen. Eine infektiologische Bewertung des Gesamtsettings „Swinger-Club“ habe dann zur Gleichstellung mit Tanzeinrichtungen und deshalb zum Komplettverbot geführt.

Fürs Ministerium sind Swingerclubs selber schuld: Risiko bewusst eingegangen

Ersatzansprüche für die Clubs bestünden nicht. „Nach Rechtsauffassung des MAGS kann in der aktuellen Situation – wie schon immer im Verlauf der letzten zwei Jahre – niemand blind darauf vertrauen, dass sich eine veränderte Infektionssituation nicht auch kurzfristig in neuen Verboten niederschlägt.“ Das sei die Sorge vor der Omikron-Ausbreitung wegen massiver Infektionsgeschehen in Nachbarländern.

Haffmans: „Hier gilt, dass die Planung solcher Veranstaltungen auch ohne ausdrückliches Verbot allen Appellen widersprach und die Veranstalter damit bewusst das Risiko eingegangen sind, für eine eigentlich infektiologisch nicht vertretbare Veranstaltung einzukaufen.“