Menden. Befragte Mendener Einzelhändler sehen sich als Impf-Kontrolleure benutzt und fürchten Negativ-Effekte mit der jetzt geltenden Schutzverordnung.

Wenn mit dem heutigen Samstag, 4. Dezember, die aktualisierte Coronaschutzverordnung des Landes NRW mit 2G-Regelung gilt, dürften auch Mendener Weihnachts-Einkäufer im Eingang zu jedem Geschäft nach Impfpass, Cov-App oder Personalausweis gefragt werden. Denn nur Geimpfte oder Genese dürfen rein. Ungeimpften dagegen haben die Einzelhändler den Zutritt zu verwehren – und es wird kontrolliert, ob sie das auch wirklich tun. Die WP fragte bei heimischen Händlerinnen und Händlern nach. Die Palette der Antworten reicht von Empörung bis Gelassenheit.

Sinn-Chef Ketelsen hätte sich intelligentere Lösungen für den Handel gewünscht

Uwe Ketelsen ist Geschäftsführer des Modehauses Sinn in Menden, dem größten Textil-Anbieter in der Fußgängerzone. „2G wird zu spürbaren Umsatzeinbußen führen“, ist er sicher. „Das wissen wir aus unseren Filialen in Bundesländern, die das bereits praktizieren.“ Gewünscht hätte er sich intelligentere Lösungen als die, dass Corona-Kontrollen auf den Einzelhandel abgewälzt werden. „Es hat Initiativen gegeben, Geimpfte und Genesene mit Armbändchen erkennbar zu machen, um nicht jeden einzeln kontrollieren zu müssen. Aber das wurde nicht gestattet.“

Umsatzeinbußen, wo 2G schon länger herrscht

Die Erfahrungen andernorts zeigen laut Uwe Ketelsen auch, woher die Umsatzeinbußen in ohnehin schwierigen Zeiten für den Einzelhandel am Ort kommen: „Es sind nicht die Ungeimpften ohne Zutritt, die dabei das Gros ausmachen. Es ist die Verunsicherung vieler Kunden, die es außerdem sehr schnell als lästig empfinden, sich an jeder Eingangstür erneut als geimpft oder genesen ausweisen zu müssen.“ Ein schöner Einkaufsbummel komme so kaum zustande. Vielmehr reichten vielen schon die Schilder in den Schaufenstern, die zum Bereithalten aller Unterlagen auffordern: „Dann suchen sie sich andere Wege, um sich mit dem Gewünschten zu versorgen“ – und damit meint Ketelsen den Onlinehandel. Im überschaubaren Menden seien die praktischen Probleme mit den Kontrollen allerdings noch deutlich geringer als etwa bei Sinn in Dortmund, schätzt Ketelsen: „In Menden müssen nicht unbedingt mit langen Schlangen vor der Kontrolle rechnen.“

Einkaufserlebnis beeinträchtigt, Fachhandel wieder im Nachteil

Clubs und Discos dicht

Die NRW-Landesregierung hat neue und strengere Corona-Regeln beschlossen. Ab dem heutigen Samstag gilt die aktualisierte Schutzverordnung – und damit auch die 2G-Regel im Einzelhandel. Ausgenommen sind davon nur „Geschäfte für den täglichen Bedarf“, also etwa Lebensmittelgeschäfte, Super- und Verbrauchermärkte.

Auf Weihnachtsmärkten gilt die 2G-Regel. Clubs und Diskotheken müssen dagegen wieder schließen.

Das Einkaufserlebnis, das sonst den großen Unterschied zum Kauf per Mausklick ausmacht, sieht auch Falk Steidel, Sprecher der Werbegemeinschaft Menden, durch die Kontrollfunktion des Handels stark beeinträchtigt. Spontan-Einkäufe nach dem Motto: „Eben mal reingehen und schnuppern“ werde es nicht mehr geben. Und wie schon vor dem letzten Lockdown sieht Steidel den Fachhandel gegenüber großen Verbrauchermärkten wie Kaufland oder Real benachteiligt: „Weil es dort Lebensmittel gibt, dürfen Kunden bei diesen Anbietern ungehindert auch Spielzeug oder Elektroartikel in den entsprechenden Abteilungen kaufen.“

Sorge um Angestellte, wenn uneinsichtige Ungeimpfte reinwollen

Bernd Jost vom Musik- und Spielzeughaus MacJoker stellt sich eine weitere Frage: „Wer kontrolliert denn im Eingang? Wenn unsere junge Verkäuferin da steht, was macht sie denn, wenn da ein uneinsichtiger Kunde ohne Impfpass rein will? Ich halte dieses System für unverantwortlich.“

Ina Hesse von Gerry Weber sieht angesichts ihrer weiblichen Kundschaft dagegen kaum Probleme: „Die allermeisten sind ohnehin geimpft, unsere Kundinnen werden ganz gelassen damit umgehen.“