Menden. Was ist elementarversichert? Diese Frage stellt sich vielen flutgeschädigten Bürgern. Wie die Stadt Menden um ihren Versicherungsschutz kämpft.

Sachschäden in einer Gesamthöhe von geschätzten 110 Millionen Euro hat das Hochwasser Mitte Juli im Märkischen Kreis angerichtet, wo Altena und Nachrodt am schwersten betroffen waren. Für Menden geht die Stadtverwaltung allein für ihre 17 betroffenen öffentlichen Gebäude von zwei Millionen Euro aus, für ganz Menden nach vorsichtiger Schätzung von 5,5 Millionen. Diese Zahlen und den Versicherungsschutz der Stadt erläuterte Marin Niehage, Betriebsleiter des städtischen Immobilienservices ISM, am Dienstagabend den Politikerinnen und Politikern im zuständigen Betriebsausschuss. Das meiste Geld wird es demnach kosten, das Hönne-Gymnasium und den Komplex Volkshochschule/Musikschule samt der dazugehörigen Sporthallen zu sanieren. So müssen in beiden Fällen die komplett unterspülten Böden ersetzt werden. Ob die Stadt die enormen Kosten selbst zu tragen hat oder nicht, ist derzeit noch offen, ein Rechtsstreit darüber erscheint nicht ausgeschlossen. Es geht um viel Geld.

Stadt hat Versicherungen erst 2020 neu ausgeschrieben – mit Elementarschutz

Tatsächlich hatte die Stadtverwaltung im Frühjahr 2020 eine Anregung des SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Mirko Kruschinski aufgegriffen und alle ihre Versicherungen auf den Prüfstand gestellt. Für die Gebäude gab es jeweils eine Risikobewertung, dann wurden die Leistungen EU-weit ausgeschrieben, wofür die Stadt wegen des komplizierten EU-Rechts eine Kanzlei zu Rate zog. Auf ausdrücklichen Wunsch des ISM stand in der Police schließlich auch der Schutz gegen Elementarschäden, den es vorher nicht gab. „Ich bin heute sehr froh, dass wir das gemacht haben“, sagte Niehage.

Lage in Gefahrenzone entscheidet über Schutz für Hönne-Gymnasium und VHS

Allerdings stehen in der Objektliste der Stadt für die Versicherung auch elf Gebäude in der höchsten Gefahrenzone 4, darunter das Gymnasium und die VHS, die Schmelzwerkhalle und auch Gut Rödinghausen.. Sie alle, hieß es lange, seien gar nicht gegen Hochwasserschäden zu versichern. Doch erneut war es ein Hinweis von Versicherungsfachmann Kruschinski, der im Rathaus weitere Nachforschungen auslöste. Denn wie in der WP bereits berichtet: Gefahrenzonen können sich verändern. Ein Gebäude aus Zone 4 kann sich, wenn lange nichts passiert ist, auch in einer Zone 3 wiederfinden – und damit auch wieder versicherbar gegen Elementarschäden sein. Über solche Neubewertungen muss jeder Versicherer die Kundschaft auf dem Laufenden halten.

Versicherer der Stadt beruft sich auf Objektliste: Jetzt wird weitergefragt

Der Versicherer der Stadt nimmt sich von Zonen-Wechseln indes nichts an. Man habe die Gebäude nach der Objektliste der Stadt versichert und folglich für die elf Gebäude in Zone 4 keinen Elementarschutz gewährt, weil der gar nicht nachgefragt worden sei. Jetzt, so Niehage, werde im Rathaus geprüft, auf welchem Weg die Stadt doch noch zu ihren Recht und ihrem Geld kommen kann, sollten etwa die Ausschreibung oder die Information der Stadt als Versicherte fehler- oder lückenhaft gewesen sein.

Hausmeisterwohnung im VHS-Gebäude: Rückkehr ist „unzumutbar“

Die Schadenshöhe allein für das Gymnasium und die Walramhalle liegt bei rund 900.000 Euro, gefolgt vom Komplex VHS/Musikschule mit gut 850.000. Darin sind auch 107.000 Euro für die Dienstwohnung des Hausmeisters enthalten. Die Wohnung war, wie berichtet, nach 2007 jetzt zum zweiten Mal völlig überflutet worden, einen Wiedereinzug nennt Niehage „unzumutbar“, und die Stadt werde hier künftig auch auf die Residenzpflicht verzichten – also die Pflicht eines Hausmeisters, unmittelbar an seinem Objekt zu wohnen.