Kreis Unna. Tierschützer machen dem Kreis Unna schwere Vorwürfe: Hinweise auf Verstöße gab es in gleich zwei Fällen seit Jahren.

Es ist der zweite Tierschutz-Skandal, der den Kreis Unna binnen weniger Monate erschüttert: Die geschlossene Viehsammelstelle im Großraum Werne offenbart auch für engagierte Tierschützer „eine neue Dimension des Grauens“. Es ist nur die Spitze des Eisbergs.

Ungeschnittenes Videomaterial

Der neuerliche Fall in einer Umlagestelle für Tiere im Großraum Werne verschlägt auch hart gesottenen Tierschützern die Sprache. Friedrich Mülln, Vorsitzender der „SOKO Tierschutz“, bezeichnet den Fall gar als „neue Dimension des Grauens“. Die Schließung des Betriebes geht – wie bereits die eines Schlachthofes im März 2021 – auf das Konto der Tierrechtsorganisation. Der Kreis Unna hatte in Absprache mit dem Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerium sowie dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) den Betrieb am Freitag, 23. Juli, geschlossen. Dort sind ersten Erkenntnissen zufolge hauptsächlich Pferde für den europäischen Weitertransport umgeladen worden.

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Wieder hatte die „SOKO Tierschutz“ mit umfangreichen Videoaufnahmen die Zustände in der Viehsammelstelle dokumentiert und diese an die Staatsanwaltschaft Dortmund übermittelt. Derzeit laufe die Auswertung des Videomaterials, wie Staatsanwalt Henner Kruse auf WP-Anfrage erklärt. Parallel zur Schließung in der vergangenen Woche sei es zudem zu Durchsuchungen der Geschäftsräume, von Privatwohnungen sowie von Zulieferern des Betriebes gekommen. Die Ermittlungen gestalten sich aufwändig. „Es ist sehr, sehr viel Videomaterial“, sagt Kruse. Demnach sei auch das erste Verfahren gegen den Selmer Schlachthof aus dem März 2021 in vollem Gange. Hier hatte die „SOKO Tierschutz“ gut drei Wochen ungeschnittenes Videomaterial zur Verfügung gestellt.

Jahrelang Hinweise auf Verstöße

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Am Beispiel des Kreises Unna und der Maßnahmen des Landes würden große Probleme der Branche offensichtlich, so Friedrich Mülln. „Das Veterinärwesen ist bundesweit eine Krux. Würde es funktionieren, würde die Fleischproduktion zusammenbrechen.“ Der Kreis Unna sei in der Tierschutzszene inzwischen „berüchtigt“; demnach ist der neuerliche Fall nur die Spitze des Eisberges. Es gebe „diverse Hinweise“ auf weitere Verstöße.

Gleichzeitig deute vieles darauf hin, dass der Werner Fall eine ähnliche „zeitliche Dimension“ aufweist wie zuletzt der Selmer Schlachthof. Auch dort hatte es in den vergangenen Jahren immer wieder Hinweise auf Verstöße gegeben, „die aber jeweils mangels Beweisen nicht zu einer Verurteilung des Schlachthofbetreibers führten“, wie es in einem Bericht des NRW-Landwirtschaftsministeriums dazu heißt (siehe Zweittext).

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Beim Kreis Unna äußert man sich angesichts laufender Ermittlungen zurückhaltend. Eine überdurchschnittliche Häufung von Tierschutzverstößen unter der Aufsicht des Veterinäramtes sehe man aber nicht, so Pressesprecher Volker Maier. Vielmehr liege es daran, dass Tierrechtsorganisationen einfach aktiver im Kreis seien. Dabei hatte Landrat Mario Löhr Ende April gegenüber dem WDR erklärt: „Wir werden die Aufklärung intensiv unterstützen, weil ich klare Ergebnisse sehen will.“ Das gelte für den betroffenen Betrieb, der „einen Fehler begangen“ habe wie auch die Abläufe des Kreises zur Kontrolle. Nach einer Strafanzeige der „SOKO Tierschutz“ ermittelt die Staatsanwaltschaft Dortmund nämlich auch gegen den Kreis Unna.