Menden-Lendringsen. Es erscheint unfassbar: Was Arbeiter bei Sicherungsarbeiten am unterspülten Brückenpfeiler der gesperrten B515 hören, verschlägt ihnen den Atem.

Offenbar haben mehrere Lkw-Fahrer die aktuellen Sperren auf der Brücke der Bundesstraße 515 (Westtangente) in Menden einfach zur Seite geschoben, um mit schweren Lastern auf der gefährdeten und komplett gesperrten Brücke weiterzufahren. Was schier unglaublich erscheint, bestätigt am Sonntag ein Arbeiter, der an der Sicherung des unterspülten Brückenpfeilers mitwirkte: „Da oben sind definitiv mehrere Lkw entlanggedonnert.“ Dies habe er auch der Polizei gemeldet.

Hohlräume: Vollsperrung seit Samstagnachmittag – auf unbestimmte Zeit

Seit Samstagnachmittag ist die B 515 (Westtangente) zwischen den Einmündungen Bessemer Weg und Fischkuhle voll gesperrt – und zwar auf unbestimmte Zeit. Denn: Die Hönne hatte beim Hochwasser am Donnerstag nach einem Dammbruch oberhalb des renaturierten Bereichs in Höhe des Walzwegs in Lendringsen ihr Flussbett verlassen. So konnte sie einen der riesigen Brückenpfeiler im Bereich Walzweg unterspülen. Die starke Strömung umfloss den Pfeiler der Westtangente zu beiden Seiten und riss eine schützende Böschung mit sich. Damit lag der riesige Betonfuß des Trägers ungeschützt frei und blieb den starken Fluten tagelang ausgesetzt. Tatsächlich seien jetzt Hohlräume unter dem Fuß zu erkennen, erklärten Fachleute vor Ort.

Bagger baut gebrochenen Erddamm wieder auf – Massiver Brückenschaden möglich

Wie tief diese Spalten unter den Beton reichen, ob sich der Pfeiler womöglich schon bewegt hat, das sollen Statiker ab Montag feststellen. Da das enorme Gewicht von Straße und Pfeiler über den Betonfuß des Pfeilers in die Erde weitergegeben wird, droht der Brücke ein plötzliches Absacken, das massive Schäden zur Folge hätte. Als Sofortmaßnahme hatte der größte verfügbare Bagger der Mendener Baufirma Krutmann der Hönne noch am Samstagabend buchstäblich das Wasser abgegraben: Der Bagger schloss den beim Hochwasser gebrochenen Erddamm und zwang den Fluss damit wieder ins ursprüngliche Bett. Um zu verhindern, dass das verbliebene Hönnewasser den riesigen Fuß des Pfeilers weiter erreichen kann, platzierte der Bagger am Sonntag die Big Packs davor. Diese superschweren, mit Wasser oder Schotter befüllten Kunststoff-Säcke kamen schon während des Hochwassers von Ruhr und Hönne in Fröndenberg und in Menden mehrfach zum Einsatz.

Großräumige Umleitungen sollen Lendringsen das Schlimmste ersparen

Die Vollsperrung der Bundesstraße wird nach Einschätzung des Mendener Bürgermeisters Roland Schröder, der am Samstag vor Ort war, auf jeden Fall noch mehrere Tage andauern. Damit droht Lendringsen jetzt ein Verkehrschaos. Denn die Route über die Lendringser Hauptstraße ist aktuell der kürzeste aller Umwege für den Durchgangsverkehr, augenblicklich führt auch die offizielle Umleitung hier entlang: über Bessemer Weg, Mendener Straße, Lendringser Hauptstraße und Fischkuhle, über die man die B 515 wieder erreichen und Richtung Hönnetal weiterfahren kann.

Um die Schwerlaster aus Lendringsen möglichst herauszuhalten, würden bereits großräumige Umleitungen geplant – „auch in Abstimmung mit Landrat Marco Voge als oberstem Polizeichef und mit dem Märkischen Kreis“, erklärte Schröder. Sollte der Pfeiler einen erheblichen Schaden davongetragen haben, könnte die Sperrung der Bundesstraße auch über längere Zeit anhalten. „Für Lendringsen dürfte das ab Montag eine enorme Belastung werden. Ich fürchte, das wird hier einen Lindwurm geben wie in den schlechten alten Zeiten, als es die Westtangente noch nicht gab.“

Offenbar einfach beiseite geschoben: die Sperren auf der Bundesstraße. Die B 515 in Menden ist zwischen den Einmündungen Bessemer Weg und Fischkuhle weiterhin voll gesperrt.
Offenbar einfach beiseite geschoben: die Sperren auf der Bundesstraße. Die B 515 in Menden ist zwischen den Einmündungen Bessemer Weg und Fischkuhle weiterhin voll gesperrt. © Westfalenpost | Thomas Hagemann

Lendringsen droht jetzt ein Verkehrschaos: Parkplätze bereits abgesperrt

Damit der Verkehr überhaupt über die Lendringser Hauptstraße durchs Dorf fließen kann, sind zu beiden Seiten bereits halb auf die Straße reichende Parkplätze mit Flatterband abgesperrt worden. Sie sollen üblicherweise die Fahrbahn einengen und ausdrücklich den Verkehrsfluss verlangsamen, vor allem da, wo Tempo 30 gefahren werden muss. Jetzt aber soll Platz geschaffen werden für das, was kommt. Damit fehlt den Geschäften entlang der Lendringser Hauptverkehrsader aber auch wieder das, was sie so beliebt macht: die Parkmöglichkeit direkt vor dem Laden.

Umleitungen werden lang und zeitraubend

Gefasst machen müssen sich die Lendringser wohl in jedem Fall auf ein enormes Verkehrsaufkommen mindestens in der kommenden Woche. Denn dann dürften es alle Autofahrerinnen und Autofahrer, die aus Richtung Hönnetal kommen oder dorthin wollen, durch das Nadelöhr der Hauptstraße versuchen. Die sonstigen Umwege, etwa über die B7, werden vielen entweder nicht bekannt oder zu weitläufg sein. (Wir berichten weiter.)

Vorbereitung auf Durchgangsverkehr ab Montag: Viele Parkplätze an der Lendringser Dorfstraße sind abgesperrt, damit ab Montag der Durchgangsverkehr hier her fließen kann.
Vorbereitung auf Durchgangsverkehr ab Montag: Viele Parkplätze an der Lendringser Dorfstraße sind abgesperrt, damit ab Montag der Durchgangsverkehr hier her fließen kann. © Westfalenpost | Thomas Hagemann