Menden. Draußen kein Testnachweis mehr, drinnen schon, aber es darf nach sieben Monaten wieder an der Theke getrunken werden. Was Mendener Wirte sagen.

Sieben lange Monate durften Mendener Wirtinnen und Wirte dank Corona keine Gäste im Lokal empfangen – mit dem heutigen Freitag ist damit Schluss. Einer, der erstmal ausräumen musste, ist Kreiselwirt Frank Hünnies. Denn seine Partnerin Ulla Kunert hatte im Lockdown die Idee, wenigstens Schaufensterpuppen in die leeren Schank- und Restauranträume zu setzen, um die Tristesse zu bekämpfen. Die vier reglosen Damen – Astra, Zeneca und die Zwillinge Johnson & Johnson – müssen jetzt wieder weichen und zurück ins Modehaus Wortmann, wo Hünnies sie vor Monaten abholen durfte. Damit können ab sofort wieder lebendige – und zahlende – Gäste überall Platz nehmen. Wenn auch noch mit Schnelltest und Abstand. Für Frank Hünnies ein Grund zum Aufatmen, weniger wegen der Damen, sondern weil er zumindest draußen nicht mehr kontrollieren muss.

Gastronomen froh, dass sie ihre Gäste draußen nicht mehr kontrollieren müssen

Sanfter Puppen-Rauswurf am Donnerstag bei Kreiselwirt Frank Hünnies: „Zeneca“ scheint zum Abschied zu grüßen.
Sanfter Puppen-Rauswurf am Donnerstag bei Kreiselwirt Frank Hünnies: „Zeneca“ scheint zum Abschied zu grüßen. © Westfalenpost | Thomas Hagemann

„Die Gäste haben sich wirklich vorbildlich verhalten, und trotzdem ist die Stimmung immer irgendwie angespannt, wenn man nach den Schnelltests fragen muss“, sagt der Gastronom. So habe er kürzlich ein älteres Pärchen wieder nach Hause schicken müssen: „Die beiden waren geimpft, aber die 14-Tages-Frist danach war laut Impfpass noch nicht abgelaufen.“ Da gab’s kein Pardon, aber Spaß mache das nicht, wenn man vor allem ein Ziel hat: „Meine Gäste zufriedenzustellen.“

Biermobil „Lutz“ half durch schwere Zeit

Über die schwierige Zeit geholfen habe ihm der Außer-Haus-Verkauf. Besonders die Gänse zu Weihnachten, nachhaltig verpackt, seien echte Renner gewesen. Auch Biermobil „Lutz“ machte nicht nur Schlagzeilen, sondern Umsatz – und funktionierte im Winter auch als Glühwein-Lieferant. Das Hotel lief weiter, da heimische Produktionsbetriebe auswärtige Monteure brauchten. Und auch die staatlichen Hilfen seien wichtig gewesen, auch wenn sie später eintrafen als vorhergesagt.

Was vom Außer-Haus-Service für die Zukunft bleiben wird, ist noch unklar

Lockerungen könnten weitergehen

Bei anhaltender Inzidenz unter 35 im Märkischen Kreis entfiele in der Gastronomie für den Außenbereich neben der Test- auch die Abstandspflicht. Auch im Innenbereich wären keine gültigen Tests mehr vorzuzeigen, allerdings muss dafür nicht nur im MK, sondern in ganz NRW die Inzidenz unter 35 liegen.

Was vom Abholservice und „Lutz“ nach Corona bleiben wird, weiß Frank Hünnies noch nicht: „Wenn wir hoffentlich bald wieder Normalbetrieb haben, wird sich der Abholservice kaum lohnen.“ Und wenn die Leute zur viertelstündlichen Abholung ihr Essen bestellen, werde das bei vollem Gastro-Betrieb kaum noch leistbar sein. Lutz werde derweil bereits als Partymobil geordert – „zuletzt noch am Mittwoch, als ein Gast 51 wurde, der seinen runden Geburtstag vor einem Jahr gar nicht feiern konnte.“

Salsa-Chef Jozeh Ramazani: „Wir sind wieder frei“ – Hoffnung auf weitere Lockerung

Das Bierchen draußen gibt’s ab dem Freitag ohne Testpflicht: Salsa-Wirt Joseh Ramazani freut’s. 
Das Bierchen draußen gibt’s ab dem Freitag ohne Testpflicht: Salsa-Wirt Joseh Ramazani freut’s.  © WP | Thomas Hagemann

„Wir sind wieder frei!“, freut sich Salsa-Gastronom Jozeh Ramazani, dem wie Hünnies vor allem die Kontrollen der Gäste gewaltig auf den Keks gingen. „Wenn du als Gastronom Leute ohne Schnelltest wegschicken musst, tut das richtig weh.“ Und auch ihm hätten die Überbrückungshilfen gutgetan. Dennoch werde er wohl noch einige Zeit an sein Berufsleben anhängen müssen, um die Corona-Scharte wieder auszuwetzen. Andererseits sei er Gastronom mit Leib und Seele, also trägt er’s mit Fassung.

Festanstellung des Personals half, es zu halten

„Fürs Erste hoffe ich, dass wir bald auch drinnen auf Kontrollen von Test- oder Impfstatus verzichten können.“ Beim augenblicklichen Sonnenwetter wolle ohnehin kaum jemand drinnen essen oder trinken. Als großes Glück in der Krise habe sich erwiesen, dass das Gros seiner Kräfte fest angestellt war: „Sie haben Kurzarbeitergeld bekommen und sind bei der Stange geblieben.“

Alle suchen jetzt wieder Aushilfskräfte

Bei Aushilfen, die sich beruflich umorientieren mussten, sehe das anders aus. Doch auch sie würden jetzt wieder gebraucht – „auch bei uns. Wer Freude an der Gastronomie hat, darf sich gerne melden.“ Wobei Ramazani weiß: „Jetzt suchen fast alle.“

Nahes DRK-Schnelltestzentrum half Toni Castrignano und der Mendener Mühle

Vitantonio „Toni“ Castrignano von der Mendener Mühle vor seinem Lokal. Von hier aus sind es nur wenige Meter zum Schnelltestzentrum im Bürgersaal.
Vitantonio „Toni“ Castrignano von der Mendener Mühle vor seinem Lokal. Von hier aus sind es nur wenige Meter zum Schnelltestzentrum im Bürgersaal. © WP | Sophie Beckmann

Vitantonio „Toni“ Castrignano weitet derweil den Biergarten vor der „Mendener Mühle“ aus: Auch unten am Mühlengraben kann man sitzen und essen. Was ihm sehr helfe, sei das nahe DRK-Schnelltestzentrum im Bürgersaal: „Da brauchen wir den Gästen nur zu sagen: Geh eben da rüber, und in einer Viertelstunde gibt’s ein Bierchen.“

Das habe schon an den letzten Wochenenden für volle Tische gesorgt. Allerdings müsse man Leuten auch am Telefon erklären, dass man nur fürs Bier keinen Tisch reservieren kann.