Menden. Amok-Warnanlagen an Mendens Schulen haben schon fatale Fehlalarme ausgelöst. Wie Rektor Cormann diesmal einen Großeinsatz verhindern konnte.
Die Debatte um Sinn und Unsinn von Amok-Alarmanlagen an Schulen erhält in Menden durch ein Naturereignis neue Nahrung. Der gewaltige Blitz vom 18. Mai ließ nicht nur Ampeln oder Aldi-Kassen in Menden ausfallen und legte noch einige Kilometer weiter das Stellwerk in Langschede lahm: Vor allem aber löste die extreme Überspannung einen Amok-Fehlalarm am Gymnasium an der Hönne aus.
Lehrerinnen und Lehrer beruhigen die Kinder: „Das war nur der Blitz“
Rektor Ulrich Cormann und den Lehrerinnen und Lehrern gelang es durch ihre besonnene Reaktion binnen Minuten, mögliche Panikreaktionen der Schülerinnen und Schüler ebenso zu verhindern wie einen neuerlichen Großeinsatz der Polizei mit Sondereinheiten und Hubschraubern, den es im Februar 2017 am Hönne-Berufskolleg gab. Auf Nachfrage der WP sagt Ulrich Cormann zur Fehlauslösung ganz klar: „Das darf nicht passieren.“
Einschlag zehn Mal stärker als normal: Alle Räume plötzlich gleißend hell
Rückblende: Am Dienstag, 18. Mai, um 12.58 Uhr schlägt der extrem heftige Blitz der Kategorie „Wilder Hausrüttler“ mit 212.000 Ampere am Galbusch nahe der Innenstadt ein. Im Mittel werden Blitze sonst mit 15- bis 20.000 Ampere gemessen, wie der Deutsche Wetterdienst erklärt. Dieser zehn Mal stärkere und gleißend helle Mega-Blitz leuchtet auch im Gymnasium an der Hönne, das unter dem grauen Mendener Himmel liegt, jeden Raum bis in den hintersten Winkel aus. Daran erinnert sich Ulrich Cormann noch genau. Im nächsten Moment läuft zu seinem Entsetzen die Durchsage mit der Warnung vor einem Amoklauf in der Schule an.
Rasche Reaktion in der Schule verhindert größeren Polizeieinsatz
Todesangst, Gerüchte, Debatten: Was Amok-Alarme auslösen
Was ein Amok-Alarm in der Schule üblicherweise auslöst, muss man sich vergegenwärtigen: Bei Amok-Alarm sollen sich Lehrer und Schüler in den Klassen verbarrikadieren, weil ja zu befürchten ist, dass ein Bewaffneter in der Schule wahllos Menschen töten will.
Entsprechend panisch fielen am Hönne-Berufskolleg (HBK) im Jahr 2017 die Reaktionen der Schülerinnen und Schüler nach dem ersten Fehlalarm aus – angeheizt noch durch Gerüchte böswilliger Spinner, die auf Facebook posteten, dass es bereits Tote und Verletzte im Gebäude gebe.
Über dem Gebäude des HBK kreisten zugleich Hubschrauber, Sondereinheiten der Polizei rammten drinnen Türen auf, weinende Eltern standen an den Polizeiabsperrungen.
Tatsächlich hatte offenbar ein Hilfshausmeister des Kollegs durch Hantieren an seinem Handmelder den katastrophalen Fehlalarm ausgelöst.
Die Bezirksregierung Arnsberg musste an den Tagen danach alle verfügbaren Kräfte zur psychologischen Unterstützung traumatisierter Schüler und Lehrkräfte nach Menden entsenden.
Obendrein kostete der Fehlalarm viel Geld – und es gab am HBK kurz danach zwei weitere Fehlalarme. Deren Folgen waren weniger dramatisch, beim dritten schaute nur eine Mendener Polizeistreife nach dem Rechten. Auch das befeuerte eine Debatte um Sinn und Unsinn der Anlagen.
Cormann reagiert sofort, verständigt die Polizei in Menden, dass dieser Amok-Alarm mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch Blitzschlag ausgelöst wurde. Dann läuft er durch die Schulflure, um Entwarnung zu geben. „Wir hatten in vielerlei Hinsicht Glück“, sagt er im Rückblick. Zum einen sind im Mai wegen des noch geltenden Wechselunterrichts weitaus weniger Schülerinnen und Schüler als heute im Gebäude. Und: Noch lernen die ersten Jahrgänge, die im nächsten Schuljahr dank des laufenden Erweiterungsbaus an die Walramstraße umziehen sollen, komplett an der Wilhelmstraße, wo es keinen Alarm gibt. Ganz wichtig laut Cormann: „Unsere Amok-Anlage ist nicht unmittelbar mit der Polizei verbunden – sonst wäre die Maschinerie angelaufen und sicher nicht mehr zu stoppen gewesen.“
Schulleiter spricht Kollegium ein Kompliment aus: Panikreaktionen unterbunden
Ein Kompliment für die besonnene Reaktion macht Cormann dem Kollegium: „Die meisten Lehrerinnen und Lehrer haben den Schülern sofort gesagt, dass der Blitz den Alarm ausgelöst habe und sie keine Angst haben müssten. Das lag wegen der zeitlichen Nähe zwischen Blitz und Alarm für alle sehr nahe.“