Menden. OBO Bettermann will im Biebertal ein neues Logistikzentrum bauen. Die Bezirksregierung warnte vor dem Riesenbau im Grünen und mahnte die Stadt.
Wird der Bau des neuen OBO-Logistikzentrums im Biebertal überhaupt nur möglich, weil die Stadtverwaltung die geforderte Änderung eines Jahrzehnte alten Bebauungsplans verschlafen hat? Anwohner, die sich seit Jahren für eine Umwidmung einsetzen, kritisieren genau das. Alte Schreiben der Bezirksregierung legen nahe, dass die komplette Fläche schon längst kein Bauland mehr hätte sein dürfen.
Bezirksregierung macht schon 2016 Druck auf die Stadt Menden
In einem Schreiben vom 5. September 2016, das der Redaktion vorliegt, macht die Bezirksregierung Druck. „Da der alte Bebauungsplan weiter Rechtskraft hat“, sei zu befürchten, dass Bauvoranfragen und -anträge von der Stadt positiv beschieden werden müssten. Die Bezirksregierung fürchtet eine „schleichende bauliche Inanspruchnahme“ der Flächen, die aus Sicht der Bezirksregierung schon längst nicht mehr für eine gewerbliche Nutzung vorgesehen sind. Der Regionalplan sieht hier eine Mischung aus Ackerflächen, Landschaftsschutzgebiet und „landschaftsorientierter Erholung“ vor. Abteilungsleiter Ferdinand Aßhoff forderte umfassende Berichte und Handlungsnachweise der Stadt Menden ein.
Tatsächlich entwickelte die Stadt auch Aktivitäten. Bis es konkreter wurde, gingen knapp zwei Jahre ins Land. Die Stadt entwickelte ein „Szenario als Zielsetzung für eine Neuplanung im Bereich des Bebauungsplans“. Der damalige erste Beigeordnete Sebastian Arlt versprach im April 2018 eine dreigliedrige Planung. Der Bereich des heutigen kleinen Gewerbegebietes am Eilinger Kamp solle weiter bebaut werden dürfen. Die nun für die Bettermann-Hallen vorgesehenen Flächen sollten laut Arlt für Entwicklungen vorgesehen werden, „die besser in Einklang mit Natur und Landschaft zu bringen sind“. Das seien Wohnnutzungen, aber auch Sport und Freizeit. Die Fläche auf der anderen Seite des Biebertals, ebenfalls seit Jahrzehnten für Gewerbe vorgesehen, sei von Bebauung gänzlich freizuhalten.
Stadtverwaltung sieht Baugenehmigung durch Gutachter gestützt
Dieses Szenario ließ sich die Stadtverwaltung damals vom Stadtrat absegnen. Auch Grundstückseigentümer wie Bettermann sollen sich seinerzeit dafür ausgesprochen haben. Es blieb allerdings bei einem Szenario. Die Änderung des Bebauungsplans Nummer 15 wurde nie eingeleitet. Daraus leitet OBO jetzt das Recht ab, die drei Hallen im Grünen bauen zu dürfen. Die Stadtverwaltung stützt diese Haltung. Ein eigens beauftragter Gutachter sei zu dem Schluss gekommen, dass man die Genehmigung des Bauantrags nicht verwehren könne. In einem Schreiben an einen Anwohner heißt es in einem Nebensatz, dass die „Zielsetzung“ von 2018 nicht mehr von allen Seiten mitgetragen werde, „so dass sie nicht mehr weiterverfolgt werden konnte“.
Warum unternahm die Stadtverwaltung nichts und leitete keine Änderung des Bebauungsplanes ein? „Aufgrund unterschiedlicher Interessenslagen war das nicht mehr möglich“, sagt Stadtsprecherin Julia Riedel und erneuert den Hinweis von 2018. Mehrere Grundstückseigentümer zeigten zuletzt ein Bauinteresse.
Bezirksregierung: Stadt verstößt gegen Baugesetzbuch
Die Bezirksregierung wirft der Stadt jetzt sogar einen Verstoß gegen das Baugesetzbuch vor: „Der für den angesprochenen Bereich „Biebertal“ erstellte Bebauungsplan Nr. 15 ist seit vielen Jahren nicht an die Ziele der Raumordnung angepasst und verstößt somit gegen § 1 Abs. 4 BauGB“, sagt Bezirksregierungs-Sprecher Christoph Söbbeler. „An die daraus entstehende kommunale Anpassungspflicht wurde die Stadt Menden bereits mehrfach erinnert und zur Umplanung aufgefordert – erstmalig 2008.“
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Selbst kann die Bezirksregierung nun aber nichts mehr unternehmen: „Die Bauleitplanung ist dennoch ureigene Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltungshoheit, die von der Bezirksregierung respektiert wird. Daher wird über Bauanträge, die sich auf diesen Bauleitplan beziehen, von der Stadt Menden in eigener Verantwortung entschieden“, sagt Söbbeler. „Eine eventuell durch die Stadt Menden erteilte Baugenehmigung könnte allenfalls auf dem verwaltungsgerichtlichen Klageweg überprüft werden.“
Unternehmer Ulrich Bettermann (74) verwies gegenüber der WP bereits darauf, dass keine anderen Flächen zur Verfügung stünden. Er nutze den gültigen Bebauungsplan. OBO benötige dringend mehr Platz für seine Produkte und das Lager. Er sei außerdem selbst Opfer mehrerer Enteignungen geworden, weil zwei Gasleitungen und die Straße über sein Grundstück gebaut wurden.