Menden/Balve. Ab Freitag herrscht im MK Maskenpflicht auch in Autos und vor Schulen. Private Kontakte werden eingeschränkt, Kontrollen sind angekündigt.

Mit einer neuen Allgemeinverfügung reagiert der Märkische Kreis auf die explosionsartige Zunahme der Corona-Ansteckungsrate. Die 7-Tages-Inzidenz ist binnen 24 Stunden von 158,3 auf 180,9 angestiegen, der MK ist damit jetzt unter allen Landkreisen und Städten in NRW mit Abstand am stärksten betroffen. Und: 70 Prozent der Ansteckungen erfolgen laut Gesundheitsamt im privaten Bereich. Hier will der Kreis laut Krisenstabsleiter Klaus-Peter Hohage jetzt ansetzen.

„In Abstimmung mit dem NRW-Gesundheitsministerium“ gelten daher laut Landrat Marco Voge ab Freitag, 0.00 Uhr, neue Schutzvorschriften, über die auch alle Bürgermeister informiert wurden. Die gezielten Maßnahmen richten sich laut Voge „an diejenigen, die mit unvorsichtigem Verhalten das Infektionsgeschehen anfachen“. So sollen die Ordnungsbehörden künftig Hinweisen auf Fehlverhalten konsequenter nachgehen. Aus Sicht des Krisenstabes ist eine Rücknahme der landesweiten Öffnungsschritte dagegen „nicht das geeignete Mittel“.

Die neue Allgemeinverfügung beinhaltet folgende Vorschriften:

Private Kontakte beschränkt

Die Kontaktbeschränkungen der Corona-Schutzverordnung für den öffentlichen Raum gelten ab Freitag auch für den Privatbereich. Klartext: Höchstens fünf Personen aus zwei Hausständen dürfen im privaten Raum zusammenkommen. Hohage: „Der Krisenstab des Kreises hat immer wieder appelliert, sich umsichtig, vorsichtig und diszipliniert zu verhalten – gerade auch weil die ansteckendere, britische Mutation in unserem Kreis vorherrschend ist. Es bleibt daher dringend erforderlich, dass die Bürgerinnen und Bürger weiterhin konsequent die AHAL (Abstand-Händehygiene-Alltagsmaske-Lüften)-Regeln einhalten und ihre Kontakte auf ein Minimum beschränken. Das Virus unterscheidet auch nicht zwischen öffentlichem und privatem Raum.“

Masken um Schulen und Kitas

An Schulen und Kindertageseinrichtungen muss im Umkreis von 150 Metern ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden In den Schulen und Kitas kämen sehr gute Hygienekonzepte zur Anwendung, sagt Hohage. Eine große Infektionsgefahr besteht laut Krisenstab aber, wenn außerhalb der Gebäude – zum Beispiel auf dem Heimweg oder auf dem Weg zu Bus und Bahn – keine Schutzmasken getragen werden. Ziel ist es, Ansammlungen ohne Schutzmasken vor und in der Nähe dieser Gebäude zu vermeiden.

Masken für Fahrgemeinschaften

In vielen mittelständisch geprägten Unternehmen sowie im produzierenden Gewerbe ist deutlich weniger Homeoffice möglich als anderswo. In den meisten Betrieben werden zwar hohe Schutz- und Hygienestandards eingehalten, allerdings kommt es vereinzelt zu Ansteckungen vor oder nach der Arbeit, in Pausen oder Fahrgemeinschaften. „In Fahrzeugen können die Abstandsregeln nicht eingehalten werden. Auch ist die Belüftungssituation oft nicht optimal“, sagt der Krisenstab. Daher gilt für Fahrgemeinschaften Maskenpflicht im Fahrzeug, ausgenommen sind Fahrer oder Fahrerin.

Rückverfolgbarkeit im Sport

Die jüngste Corona-Schutzverordnung sah unter anderem Lockerungen beim Jugendsport unter freiem Himmel vor. Demnach dürfen Gruppen von höchstens 20 Kindern bis einschließlich 14 Jahre sowie bis zu zwei Ausbildungs- oder Aufsichtspersonen draußen trainieren. Im Märkischen Kreis muss dafür ab sofort die Rückverfolgbarkeit sichergestellt werden. So müssen jetzt unter anderem Name, Adresse und Telefonnummer dokumentiert werden. Gleiches gilt bei Angeboten der Sozial- und Jugendhilfe.

Entscheidungsgrundlage

Das diffuse Infektionsgeschehen ändere sich auf lokaler Ebene sehr schnell. Für die Entscheidungen des Krisenstabs sei daher nicht allein die Inzidenzzahl maßgeblich, sondern viele weitere Faktoren darüber hinaus. „Deutliche Fortschritte durch die Impfungen der vulnerablen Gruppen, umfangreiche Testungen, konsequente Nachverfolgung, mit denen viele Infektionen erst ermittelt werden, die Situation in den Krankenhäusern oder die Folgen der sogenannten ,Notbremse’“, sagt Volker Schmidt aus dem Krisenstab. Die Notbremse beinhalte, dass Erleichterungen und Öffnungsschritte lokal im Märkischen Kreis wieder aufgehoben werden können. Schmidt: „Wir wollen unnötige Mobilitätsströme in andere Kreise vermeiden, weil sie zur Ausbreitung des Infektionsgeschehens führen könnten.“

Bereits getroffene Maßnahmen

Um weitere Infektionsfälle zu verhindern, hat der Kreis bereits individuelle Maßnahmen ergriffen. Alle Indexfälle sowie die jeweiligen Kontaktpersonen müssen 14 Tage in Quarantäne und haben keine Möglichkeit zur Freitestung. Wer im direkten Kontakt mit einem Corona-Erkrankten steht und somit als Kontaktperson der Kategorie „K1“ gilt, wird im Kreis ebenfalls getestet. Alle positiven PCR-Tests werden einer variantenspezifischen PCR-Typisierung unterzogen, um innerhalb kürzester Zeit Mutationen nachzuweisen. Vor dem Impfstoff-Stopp von Astrazeneca hat die Kreisverwaltung die Impfungen in den Krankenhäusern deutlich forciert. Darüber hinaus sind wiederholt das starke Infektionsgeschehen im privaten Bereich betont und deutliche Appelle an die Bevölkerung gerichtet worden.

Die Verhältnismäßigkeit

„Die Gesamtsituation in unserem Kreis hat sich geändert. Wir haben immer ausdrücklich betont, die Lage stets neu zu bewerten und auf aktuelle Ereignisse sowie eine veränderte Lage konkret zu reagieren“, sagt Kai Elsweier aus dem Krisenstab. Der Krisenstab des Märkischen Kreises habe sich bewusst dafür entschieden, die landesweiten vorsichtigen und überlegten Öffnungsschritte mitzugehen. Die neuen Beschlüsse seien das Ergebnis einer ausgewogenen Prüfung und Analyse im Krisenstab sowie mit dem Gesundheitsministerium. „Wir setzen jetzt ganz gezielt da an, wo bei uns im Kreis Probleme bestehen. Bürgerinnen und Bürger, die sich schon lange und sehr konsequent an die Regeln halten, sollen unter den Verschärfungen keine oder kaum Nachteile erfahren. Sie richten sich in erster Linie an diejenigen, die nicht verantwortungsvoll genug mit der Pandemie umgehen. Wir prüfen immer wieder die Verhältnismäßigkeit unserer Maßnahmen und legen Wert auf zielgerichtete Mittel. Jede Verschärfung ist auch immer eine Einschränkung der Grundrechte, mit der wir verantwortungsvoll umgehen müssen.“

Kontrollen und Bußgelder

Der Krisenstab weist darauf hin, dass Verstöße gegen Regelungen der Schutzverordnung, die mit dieser Allgemeinverfügung wirksam werden, „als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet werden können“. Landrat Voge erklärte dazu auf nachfrage der WP: „Wir werden da nicht um die Häuser schleichen. Aber Hinweisen auf Fehlverhalten wird konsequent nachgegangen. Es kann nicht sein, dass alle darunter leiden, wenn einige glauben, sich über die Schutzvorschriften hinwegsetzen zu können.“

Die Allgemeinverfügung des Märkischen Kreises steht im Internet: https://t1p.de/bc8o