Menden/Lüdenscheid. Wegen eines Software-Fehlers bekommen 100 Senioren zur selben Zeit einen Impftermin. 20 warten lange in der Kälte und werden wieder weggeschickt.
Eine lange Warteschlange staute sich am Sonntagnachmittag vor dem Impfzentrum in Lüdenscheid. Eine Stunde mussten die Senioren bei Temperaturen um den Gefrierpunkt warten. Einige wurden anschließend ungeimpft wieder nach Hause geschickt.
Ohne Impfung wieder nach Hause
Rund hundert Seniorinnen und Senioren sowie etliche Angehörige warteten ab dem frühen Nachmittag in einer langen Reihe vor dem Impfzentrum des Märkischen Kreises. Im Laufe des Nachmittags rückten sie nur zentimeterweise weiter, bis sie endlich in das Vorzelt vor dem Impfzentrum eintreten konnten, um dann weiter Richtung Impfung vorrücken zu dürfen. Ursache des ungeplanten Ansturms sei ein Software-Fehler bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) gewesen, erklärt Kreissprecher Hendrik Klein.
Von Andrang völlig überrascht
Das Impfteam in Lüdenscheid wurde von dem großen Andrang völlig überrascht, denn dort lag nur eine Liste mit den Namen derjenigen vor, die tatsächlich einen Impftermin hatten und für die der Impfstoff bereitlag. Das waren für den 14-Uhr-Termin laut Hendrik Klein zwölf Personen. Rund 90 weitere Über-80-Jährige glaubten indes, ebenfalls einen Impftermin für 14 Uhr sicher zu haben – was dem besagten Software-Fehler geschuldet war.
Das Team im Impfzentrum machte kurzerhand das Beste aus der herausfordernden Situation: Alle Impfdosen, die von den Vortagen übrig waren, wurden verimpft, so dass letzten Endes nur 20 Senioren ungeimpft nach Hause geschickt werden mussten, stellt Hendrik Klein fest und sagt: „Damit hat es sich bewährt, dass die abends nicht verimpften Dosen aufgehoben wurden und nicht an diejenigen verimpft wurden, die versucht haben, sich zwischendurch ohne Termin ins Impfzentrum einzuschleichen.“
Alle nachfolgenden Termine verschoben
Durch den ungeplanten Andrang beim 14-Uhr-Termin verspäteten sich am Sonntagnachmittag auch alle nachfolgenden Impftermine. Mitarbeiter des Impfzentrums brachten für einige der Wartenden Stühle nach draußen, ein Mann fuhr eigens nach Hause, um seiner Mutter ihren Rollator zu holen, mit dem sie sich in die Warteschlange einreihen konnte. Viele der Senioren stützen sich auf ihren Gehstock, manche saßen im Rollstuhl.
KVWL entschuldigt sich für Panne
Wie kann ein Termin gleich mehrfach vergeben werden? Wir haben bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) nachgefragt.
Ursache des Termin-Chaos ist laut KVWL die Online-Buchungssystematik. Dort seien Termine als frei angezeigt worden. Nach einem Klick auf diese Termine, sei dann die Anzeige „Termin bereits vergeben“ / „Termin bereits gebucht“ zu lesen gewesen. Damit sei gemeint gewesen, „dass der Termin nicht mehr zur Verfügung steht“, erklärt KVWL-Pressesprecherin Vanessa Pudlo. „Einige Bürger haben diese Aussage jedoch so aufgefasst, dass sie den Termin selbst erfolgreich gebucht haben. Diese Darstellung war in der Tat sehr missverständlich und das Problem konnte mittlerweile von der kv.digital (Das Unternehmen kümmert sich nach eigenen Angaben um die Digitalisierung der niedergelassenen ärztlichen Versorgung; Anm. d. Red.) größtenteils behoben werden.“
Doch nicht nur bei Bürgern, die ihren Termin online selbst buchten, kam es zu Missverständnissen, räumt die KVWL ein. „Die Telefonisten sehen die gleiche Buchungsmaske wie Bürger, die online buchen“, sagt Vanessa Pudlo. Sie vermute, dass es „zu Beginn auf allen Ebenen im Zuge des Durcheinanders rund um die Terminvergabe zu Missverständnissen gekommen“ sei.
Was können denn Senioren tun, um einen vergeblichen Besuch im Impfzentrum zu verhindern? Für die Bürger gelte weiterhin, dass sie ihre Termine wie geplant wahrnehmen, erläutert Vanessa Pudlo. Hier gebe es im Moment keinen Königsweg. Es werde „an Lösungen gearbeitet, wie eine Impfung der betroffenen Bürger gewährleistet werden kann. Aus diesem Grund sollten die Termine wie (vermeintlich) vereinbart auch wahrgenommen werden.“ Sollten im Impfzentrum Unstimmigkeiten auftreten, würden diese vor Ort geklärt.
Ausdrücklich bitte die KVWL „alle Bürgerinnen und Bürger um Entschuldigung für die andauernden Schwierigkeiten bei der Impf-Terminvergabe“.
Manche der Wartenden harrten geduldig aus, versuchten das Ganze positiv zu sehen. Denn immerhin spielte das Wetter den Senioren und ihren Angehörigen ein kleines bisschen in die Karten. Es war zwar knackig-kalt, aber am Nachmittag auch sonnig und trocken. Und gleichzeitig waren viele einfach dankbar, die Impfe nun mit als erste zu erhalten.
Eine Stunde Wartezeit ohne Wetterschutz
Andere wiederum, die ungeimpft wieder nach Hause geschickt werden mussten, waren stinksauer. Der Mendenerin Diana Wilde, die für ihre 90-jährige Schwiegermutter einen Corona-Impftermin vereinbart hatte, erging es so. Nach einer Stunde Wartezeit „bei zwei Grad Außentemperatur ohne Wetterschutz wurde uns und den armen, wartenden Menschen hinter uns gesagt, dass bei der Terminvergabe für den heutigen Tag ein Softwarefehler aufgetreten ist und wir nun wieder abreisen könnten, da nicht genug Impfdosen für diese Termine vorhanden sind“, berichtet sie. Die Enttäuschung bei ihrer Schwiegermutter sei riesengroß gewesen.
Diana Wilde und ihre Schwiegermutter mussten unverrichteter Dinge wieder nach Hause fahren: „Ein Fehler kann immer passieren, aber man hätte uns doch direkt sagen können, dass die Impfdosen für meine Schwiegermutter nicht mehr reichen“, erklärt Diana Wilde. „Dann hätten wir nicht eine Stunde umsonst warten müssen.“
Noch kein neuer Termin
Nach einem Anruf bei der Impf-Hotline habe ihnen noch kein neuer Termin gegeben werden können. Diana Wilde befürchtet, auch der „zweite Impftermin ist jetzt natürlich nicht mehr einzuhalten“. Dabei habe die Familie so gehofft, „dass meine Schwiegermutter nach dem zweiten Impftermin ab Mitte März dann ihre Enkel wieder treffen kann“.
Hier zeigt der Märkische Kreis eine kurzfristige Lösung auf: Die Betroffenen können sich mit Angabe der Buchungsnummer unter hotline-lsiz@maerkischer-kreis.de melden und sollen dann einen zusätzlichen Impftermin in der kommenden Woche erhalten.
Verschulden liegt bei der KVWL
„Natürlich ist das Ganze aus Sicht der Betroffenen unglücklich gelaufen“, versteht Hendrik Klein die Verärgerung. Doch das Verschulden liege nicht beim Märkischen Kreis und das Team des Impfzentrums habe alles getan, was in der Situation möglich gewesen sei. Wie Hendrik Klein erklärt, forderten Landrat und Krisenstab des Märkischen Kreises die KVWL nachdrücklich auf, zu prüfen, ob es möglicherweise weitere Termine gibt, die irrtümlich vergeben worden sind.