Menden. Bei Mendener Friseuren stehen seit Mittwochabend die Telefone nicht mehr still. Viele wollen einen Termin – und am besten direkt am 1. März.
Bei den meisten Mendener Friseuren treffen seit Mittwochabend Nachrichten über WhatsApp, Facebook, E-Mail und Telefon im Minutentakt ein. Tenor: Die Kunden sind überglücklich, dass die friseurlose Zeit bald vorbei ist.
Arbeiten nur mit Termin
„Das erste, was ich gemacht habe, ist: Ich habe meine Telefonnummer aus dem Laden auf mein Handy weitergeleitet“, berichtet Stephanie Mertens-Bette, Inhaberin des „Friseur am Markt“. Die Resonanz sei überwältigend: „So viele Kundinnen haben mir Herzchen und Küsschen geschickt“, ist Stephanie Mertens-Bette ganz gerührt, „das hätte ich nie im Leben gedacht.“
„Alle wollen direkt am 1. März und so schnell wie möglich einen Termin haben“, erzählt Konstantina Kourou, Inhaberin der „Haargalerie Kourou“. Das sei natürlich nicht möglich, „da wir Auflagen haben, die wir strikt einhalten werden, um nicht die Schließung des Salons zu riskieren.“ Konstantina Kourou will die Kunden der Reihe nach kontaktieren: „Wir haben eine Telefonliste, auf der alle aufgelistet sind und die werden der Reihe nach abgearbeitet.“
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In den ersten vier Wochen, so vermutet die Friseurmeisterin, werde es einen großen Ansturm auf Termine geben. Sie befürchtet allerdings, dass es dann – wenn jeder wieder seinen Haarschnitt und seine Coloration bekommen habe – wieder „sehr ruhig“ sein werde, „denn solange die Pandemie nicht bekämpft ist, werden die Kunden ihre Friseurbesuche auf das absolut notwendige Minimum reduzieren“.
Viele Nachrichten über Facebook und Instagram
Auch bei Miriam Bouzidi von „Inch By Inch“ „steht das Telefon seit Mittwochabend nicht mehr still“. Auch über Facebook und Instagram schreiben viele Kunden, berichtet die Mendenerin.
Wie wichtig der Friseurbesuch vielen Menschen ist, hat auch Mohamad Saidrslan, der seinen Salon „Lord“ im vergangenen Sommer an der Hauptstraße in Menden öffnete, gespürt: „Mich haben viele gefragt, ob ich denen nicht privat die Haare schneiden könnte. Aber das konnte und wollte ich nicht machen. Ich habe nur meiner Familie die Haare geschnitten.“
Gesundheit von Kunden und Mitarbeitern
Bei aller Freude, dass die Friseursalons wieder öffnen dürfen, gibt es auch nachdenkliche Töne. So sagt Konstantina Kourou von der „Haargalerie Kourou“, dass es ihr lieber wäre, „wenn jeder Kunde mir einen negativen Corona-Schnelltest vorlegen würde“.
Ihr sei es „völlig unverständlich, wieso die anderen Branchen erst bei einem Inzidenzwert von 35 öffnen dürfen“ und dies nicht für Friseure gelte, „die derart nah am Kunden arbeiten müssen“. Denn ihr liege die Gesundheit ihrer Mitarbeiter und ihrer Kunden sehr am Herzen.
Stephanie Mertens-Bettes Kunden müssen sich – wie bei manchen anderen Salons auch – auf eine grundlegende Umstellung gefasst machen: „Ich darf nur noch mit Terminen arbeiten“, erklärt Stephanie Mertens-Bette und hofft, dass sich ihre Kunden daran halten: „Es täte mir total leid, wenn sich zum Beispiel eine ältere Kundin, die vielleicht schlecht zu Fuß ist, mit dem Bus aus Halingen auf den Weg macht und ich sie dann wieder wegschicken müsste.“
Nicht nur Stephanie Mertens-Bette ist heilfroh, dass sie in ihrem Salon bald wieder Haare schneiden und färben darf, sondern auch ihre beiden Mitarbeiterinnen:
„Die haben sich beide sofort gemeldet und gefragt, wann wir den Laden putzen, desinfizieren und wieder startklar machen. Das Geschäft war ja jetzt quasi im Winterschlaf.“
Große finanzielle Herausforderung
Finanziell hat der Lockdown seit Mitte Dezember viele Friseursalons vor große Herausforderungen gestellt. Von staatlicher Hilfe sei bislang nichts angekommen, berichten mehrere Mendener Saloninhaber. Eigene finanzielle Ressourcen seien teilweise schon im ersten Lockdown im Frühjahr vergangenen Jahres aufgebraucht worden.
„Ich habe jetzt zwei Monate keine Einnahmen gehabt“, sagt beispielsweise Mohamad Saidrslan. „Gas, Strom, Miete, Krankenversicherungen für Mitarbeiter musste ich aber trotzdem weiter bezahlen.“
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Auch Miriam Bouzidi von „Inch By Inch“ erklärt, sie habe „keinen Euro“ staatliche Unterstützung bekommen. „Das ist unfassbar, was da mit uns gemacht wird.“ Sie habe einen Partner, der sie unterstützt habe, „sonst wäre das nicht gegangen“.
Geschäft über Jahre aufgebaut
Sie habe sich ihr Geschäft über Jahre mit harter Arbeit aufgebaut, habe immer gut gewirtschaftet. „Ich will da nicht falsch verstanden werden“, sagt Miriam Bouzidi, „der Lockdown war richtig. Es ist erschreckend, wenn man mal gesehen hat, was auf den Intensivstationen los ist.“
Schwarzarbeit keine Alternative
Aber sie hätte sich „ein bisschen finanzielle Unterstützung“ gewünscht. „Und wenn man pauschal 1500 Euro für Miete und Essen bekommen hätte, das wäre schon mal was gewesen“, sagt Miriam Bouzidi.
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Schwarzarbeit während des Lockdowns sei für sie dennoch nie in Frage gekommen. „Aber wenn jemand eben keinen Partner hat, alleine für seine Kinder sorgen muss und kein Geld mehr hat, kann ich schon verstehen, wenn jemand schwarzarbeitet.“ Für manche sei das eine existenzielle Frage, „wenn man sich fragt: Wo bekommst du die 20 Euro her, um im Supermarkt das Essen für deine Kinder zu bezahlen.“