Menden. Mendener Mediziner Peter Brall impft am Mittwoch 103 Bewohner und Pflegekräfte im Hansa-Seniorenwohnpark. Polizei nur kurz präsent.

Für die Mendenerin Jutta Schimmel ist es überhaupt keine Frage, dass sie sich an diesem Mittwochnachmittag gegen das Coronavirus impfen lässt: "Ich will noch leben", sagt die 92-Jährige, "und meine Kinder wollen mich auch behalten." Soeben hat sie als Bewohnerin des Hansa-Seniorenwohnparks vom Mendener Allgemeinmediziner Peter Brall ihren Pieks erhalten. "Ach, das tut überhaupt nicht weh", schmunzelt die fit gebliebene Seniorin auf die Frage des Reporters. "Ein Mückenstich ist das, mehr nicht."

Nach Jutta Schimmel ist Angelika Kuhn an der Reihe: "Wie, schon fertig?", fragt sie und schaut aus dem Impfstuhl staunend zu Peter Brall hoch. "Das war's", sagt der Arzt, und die Seniorin strahlt. Von der Spritze in den Oberarm habe sie rein gar nichts gemerkt.

Mendener Polizei schaut kurz nach dem Rechten: Keine Impfgegner in Sicht

103 Menschen werden an diesem Mittwochnachmittag mit dem Biontech/Pfizer-Impfstoff geimpft - im freundlichen Ambiente des ehemaligen Restaurants "Olive" an der Unnaer Straße, das zum Hansa-Gebäudekomplex gehört. Schützen soll sie der Stoff aus den winzigen, gekühlten Ampullen vor schweren Verläufen einer Corona-Infektion. 58 Bewohnerinnen und Bewohner sowie 45 Pflegekräfte warten heute darauf, von Peter Brall geimpft zu werden. Die Mendener Polizei hat von draußen kurz nach dem Rechten gesehen, doch weil keine Impfgegner oder sonstige Störer zu sehen waren, bald wieder kehrt gemacht.

Schlange auf dem Flur: Impfung in der "Olive" läuft wie am Schnürchen

Die Impfung selbst läuft drinnen derweil wie geschnitten Brot. Die alten Leute mit ihren Gehstöcken, Rollatoren oder Rollstühlen bilden im Flur, der ins Restaurant führt, buchstäblich eine kleine Schlange, sie halten dabei aber Abstand und tragen ihre FFP2-Masken. "Auf Seiten unserer Bewohnerinnen und Bewohner war die Impfung tatsächlich keine Frage", erklärt Pflegedienstleiterin Tanja Hoffmann.

Alle Bewohner wollen geimpft werden, aber nicht alle Pflegekräfte

Alle hätten sich gefreut, dass der Termin an diesem Mittwoch nun endlich da ist. Für die Bewohnerinnen und Bewohner, die unter Betreuung stehen, weil sie nicht mehr für sich selbst entscheiden können, hätten alle Verantwortlichen ihr Plazet zur Impfung gegeben. Unter den Pflegekräften habe es nur wenige gegeben, die sich nicht schon heute impfen lassen wollten. Das habe sie sich anders gewünscht, aber das müsse man auch akzeptieren.

Für die Bettlägerigen macht der Arzt eine Runde durchs Haus

Zu den Kräften, die sich hier schon haben impfen lassen, zählt Iris Mertens vom Sozialdienst. Sie nimmt's mit Humor: "Also, mir ist noch kein dritter Arm gewachsen", lacht sie. Schade sei nur, dass der Impfstoff die grauen Haare nicht wieder einfärbe. Peter Brall impft unterdessen weiter einen nach dem anderen. "Für die bettlägerigen Leute machen wir gleich noch eine Runde durchs Haus, das dauert dann etwas länger", sagt der Arzt.

Minus 70 Grad werden in der Einrichtung nicht gebraucht: ein Kühlschrank tut's

Peter Brall hat eine geriatrische Vorbildung und Kooperationsverträge mit mehreren Seniorenheimen. Der Hansa-Wohnpark ist zumindest sein erster Einsatzort, ob anderswo in Menden schon Impfteams tätig waren, weiß auch er nicht. In einer kurzen Pause zeigt Brall im Vorraum, wo der Impfstoff präpariert wird und wie das funktioniert. "Der ist schon vorbereitet in einer Kühlbox hier angekommen." Brall öffnet einen gewöhnlichen Kühlschrank, in dem auf einer Steckpalette nur noch wenige Ampullen zu sehen sind. Der Stoff, aus dem der Schutz ist, braucht also die berühmten minus 70 Grad gar nicht bis an die Einsatzstelle. Ohne Unterbrechung der Kühlkette bliebe er laut Brall noch volle zwei Tage im Kühlschrank brauchbar. "Wenn man ihn rausnimmt, muss er aber innerhalb von sechs Stunden verimpft werden."

Keine Restbestände: Genaue Bestellung bei der Kassenärztlichen Vereinigung

Der Impfstoff hier wird heute bis zur letzten Ampulle verbraucht, schließlich hat Tanja Hoffmann bei der Kassenärztlichen Vereinigung in Dortmund zuvor eine personengenaue Bestellung aufgegeben. Die Vorbereitung auf den Impftag sei schon sehr aufwändig gewesen, sagt sie. Aber das gesamte Team habe hervorragend mitgezogen.

Ampullen werden gekippt, nicht geschüttelt: Fast wie bei James Bond

Unterdessen wird im Vorraum jede Ampulle erst zehn Mal nach links und dann zehn Mal nach rechts gekippt. "Gekippt, nicht geschüttelt. Fast wie bei James Bond", sagt Brall trocken. Aus den Ampullen ziehen Helferinnen die Spritzen zur Impfung auf. Die Spritzen gehen dann nach vorne zu Brall, der jetzt schon wieder am Impfstuhl steht. "Weiter geht's, die Leute warten."