Fröndenberg/Unna. Weil er einen Krankenpfleger im JVK Fröndenberg mit der Faust schlug und ihn anspuckte, musste sich ein 30-Jähriger vor Gericht verantworten.

Ein Häftling des Justizvollzugskrankenhauses (JVK) Fröndenberg hat im Sommer einen Krankenpfleger angegriffen. Auslöser soll Streit wegen der Warteschlange am Telefon gewesen sein. Die Verhandlung dazu fand jetzt vor dem Amtsgericht Unna statt. Ob es solche Angriffe auf Personal öfter gibt, hat die WP bei der JVK-Leitung nachgefragt.

Erkrankte Häftlinge aus ganz Nordrhein-Westfalen kommen in das Fröndenberger Justizvollzugskrankenhaus, wenn sie medizinische Behandlung benötigen. So erging es auch einem mittlerweile 30-jährigen Düsseldorfer, der Ende Juni, Anfang Juli einige Zeit im JVK verbrachte. In seiner Vita stehen bereits 13 Voreintragungen wegen Gesetzesverstößen, mehrere davon musste er auch schon mit Haftstrafen verbüßen. So auch wieder im Sommer dieses Jahres wegen mehrfachen Diebstahls. Dann wurde er in das JVK verlegt.

Angeklager wollte wegen eines Telefonats anscheinend nicht warten

An einem Nachmittag Ende Juni wollte der Mann telefonieren. Der Krankenpfleger, der für die Abwicklung der Gefangenentelefonate zuständig ist, erklärte ihm aber, dass noch mehrere andere Häftlinge vor ihm an der Reihe seien. Das passte dem Düsseldorfer anscheinend gar nicht. Der junge Mann, der im Rollstuhl sitzt, soll deshalb laut Anklageschrift aus diesem aufgestanden sein und den Krankenpfleger, einen 54-jährigen Mann, mit mehreren Faustschlägen traktiert haben. Neben einer blutigen Lippe hat der Pfleger dabei vor allem ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma erlitten, welches glücklicherweise aber keine langanhaltenden Auswirkungen hatte.

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Schlag mit Porzellankanne gegen Krankenpfleger

Danach schwang der Angeklagte auch noch eine Porzellankanne, die er in dieser Situation griffbereit hatte. Ein möglicherweise fataler Schlag gegen den am Boden liegenden Krankenpfleger gelang aber nicht. Stattdessen aber spuckte der 30-Jährige den Pfleger auch noch an. In der Anklage wurde dieses Vergehen auch noch als Körperverletzung gewertet, denn der Angeklagte war damals an Hepatitis C erkrankt. Diese Krankheit, so erklärte Amtsrichter Granseuer nun bei der Verhandlung in Unna, sei aber nur direkt durch Blut übertragbar. Und weil nur das Opfer, nicht aber der Angreifer in dieser Situation blutete, habe hier keine Gefahr bestanden. Allerdings zählt das Anspucken im juristischen Sinne als tätliche Beleidigung.

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Apropos Beleidigung: An zwei weiteren Tagen, Anfang Juli 2020, fiel der Düsseldorfer wieder negativ auf. Jeweils bei der Essensausgabe im JVK beleidigte er andere Mitarbeiter des Hauses aufs Übelste. Im Gegensatz zu dem leicht verletzten Krankenpfleger waren hier die mutmaßlich Geschädigten nicht als Zeugen für das Verfahren geladen worden. Und im Hinblick auf die Strafe wegen Körperverletzung wurde dann die Anklage wegen Beleidigung auch fallengelassen. Der 30-jährige Angeklagte hatte im Verfahren zunächst von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch gemacht. Erst in seinem letzten Wort erklärte er überraschend: „Ich kann aus dem Rollstuhl gar nicht aufstehen. Das kann jeder Arzt bestätigen.“

Sehr großer Arbeitgeber

Das Fröndenberger Justizvollzugskrankenhaus am Hirschberg besteht seit 1986 und ist das einzige seiner Art in NRW. Für fast 200 Betten stehen um die 300 Mitarbeiter zur Verfügung, was es zu einem der größten Arbeitgeber der Stadt macht.

Für das Gericht aber keine glaubwürdige Aussage. Vielmehr sah man die Version des Geschädigten als glaubhaft und kam als Urteil zu einer Haftstrafe von neun Monaten. Auch wenn in dieser Größenordnung oftmals noch mit Bewährung geurteilt wird, in diesem Falle nicht. Aufgrund der massiven, einschlägigen Vorstrafen - und schließlich passierte die Tat ja auch in Haft - erkannte Amtsrichter Granseuer: „Ich kann hier wirklich keine positive Sozialprognose stellen.“ Diese ist für eine Bewährungsstrafe notwendig. Der Angeklagte muss also erneut hinter Gitter.

Personal ist gut geschult

Sind denn Angriffe auf JVK-Personal ein größeres oder regelmäßiges Problem? Joachim Turowski, Leiter des Justizvollzugskrankenhauses Fröndenberg, erklärt auf Nachfrage, dass tätliche Gewalt leider hin und wieder vorkomme. Gerade auf der Station für die psychisch Erkrankten. Auf die Krankenpfleger aber weniger. „Das Feindbild sind normalerweise die Menschen in Uniform", erklärt Turowski. Also das Wachpersonal. Aber man kenne natürlich die Patienten und ihr Verhalten, sämtliches Personal sei gut geschult und vorbereitet. Ein so überraschender Angriff wie in diesem Fall, so Joachim Turowski, sei deshalb zum Glück die große Ausnahme.

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