Menden/Unna. Weil die schwangere Mendenerin eine Flasche Wasser brauchte, erhalten ihr Mann und zwei Freunde ein Corona-Bußgeld von 800 Euro.

Eigentlich wollte Darius Schmidt (29) (Name geändert) an einem schönem Frühjahrstag im April nur eine kleine Fahrradtour mit seiner zu der Zeit schwangeren Frau (27) machen. Am Ende des Tages kamen er, seine Frau und zwei weitere Beteiligte mit einem Corona-Bußgeld von insgesamt 800 Euro nach Hause. Zwei Monate später standen alle vor dem Amtsgericht Unna, weil sie Widerspruch einlegten. Doch ohne Erfolg.

Es ist eine Geschichte, die eigentlich anders hätte ablaufen müssen, findet der Mendener. Er fühlt sich falsch behandelt. Denn das, was ihm, seiner Frau und zwei Freunden vorgeworfen wurde, stimme nicht so ganz. Zu dem Geschehen: Im April galten aufgrund der Corona-Pandemie noch viel härtere Regeln als heute. Nur ein Haushalt durfte sich zu der Zeit gemeinsam draußen aufhalten, und gerade an den Wochenenden kontrollierten die Polizei und das Ordnungsamt diese Regeln vermehrt. „An dem Tag wollten meine Frau und ich eine kleine Fahrradtour machen. Meine Frau war da im siebten Monat schwanger. Wir haben uns eine einfache Strecke von Menden aus Richtung Fröndenberg auf dem Ruhrtalweg ausgesucht“, erzählt Darius Schmidt.

Schwangere Frau hat plötzlich Schmerzen im Bauch

In Fröndenberg angekommen bekam seine Frau plötzlich Schmerzen und Krämpfe im Bauch. Das Wasser, das die beiden mitgenommen hatten, war schon aufgebraucht. „Wir haben uns auf einen Baumstamm am Wegesrand gesetzt und Pause gemacht. Dann sind uns zwei Freunde entgegengekommen. Die haben wir nach Wasser gefragt“, berichtet Darius Schmidt. Die beiden hatten zum Glück noch was zu Trinken mit und blieben für wenige Minuten beim Ehepaar Schmidt stehen, um sich um die Frau zu kümmern.

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„Es hätte meiner Frau schlechter gehen können. Wir haben auch den Zwei-Meter-Abstand eingehalten“, erklärt Schmidt dazu. Von etwa 30 Metern sahen die vier dann einen Polizisten und eine Beamtin des Ordnungsamtes, die direkt auf die „Gruppe“ zukam. Als Gruppe, also mehr als ein Haushalt, hätten die Beamten nämlich das Ehepaar und die beiden Freunde gesehen und sofort bekamen alle ein Bußgeld. „Ich habe ein Foto gemacht, das beweist, dass wir Abstand gehalten haben. Wir haben uns nicht vorsätzlich getroffen. Meiner Frau ging es schlecht – die beiden haben geholfen“, beteuert Darius Schmidt. Doch die Polizisten hätten nicht mit sich reden lassen, wären nicht auf die körperlichen Leiden der Frau eingegangen. 200 Euro sollte jeder bezahlen. Darius Schmidt, seine Frau und Freunde legten Einspruch ein und gaben eine Stellungnahme ab. Dann, im Juli und August, wurden sie zu öffentlichen Verhandlungen am Amtsgericht Unna geladen.

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Auch vor Gericht nicht auf das Ehepaar eingegangen

„Auch die Richter waren voreingenommen, sahen nur die Aussagen der Beamten“, sagt Darius Schmidt. Ihnen wurde vorgeworfen, sich vorsätzlich als Gruppe getroffen zu haben. Schmidt erklärte dann, dass genug Abstand gehalten wurde und die beiden Freunde zufällig vorbeikamen. Abstände seien zu der Zeit aber egal gewesen, sagte der Richter. Was zähle, sei, dass die vier eindeutig als Gruppe erkennbar gewesen wären, und das wären sie wohl auch bei drei oder fünf Metern Abstand. „Wo ist dann die Grenze? Wann ist es keine Gruppe?“, fragte Schmidt, doch von der Richterin habe er keine Antwort erhalten. Noch fraglicher für ihn: Demnach hätten die beiden Freunde der Frau zwar die Wasserflasche geben dürfen, aber nicht wirklich helfen können, sondern, laut Richter, den Platz sofort verlassen müssen. „Wenn es schlimmer geworden wäre, dann hätte man ja ein Mobiltelefon.“

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Verurteilung zu insgesamt knapp 700 Euro

Letztendlich sind das Ehepaar und einer der Freunde verurteilt worden und müssen je 200 Euro plus Gerichtskosten und Zustellung bezahlen – insgesamt knapp 260 Euro. „Meine Frau wurde runtergestuft auf 100 Euro. Sie habe fahrlässig und nicht vorsätzlich gehandelt. Weil es ihr schlecht ging, hätte sie sich nicht von der Gruppe entfernen können“, erklärt Schmidt. Eine kuriose und unverständliche Begründung findet er. Denn ansonsten wurde auf die Schmerzen der Frau in keiner Weise eingegangen. Die vierte Person, der Bruder des Freundes, war noch minderjährig – das Verfahren wurde eingestellt.

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Wenn es so gewesen wäre, wie die Richter und Polizisten behaupteten, hätte Schmidt das Bußgeld ohne Widerrede bezahlt, beteuert er. „So wie es uns vorgeworfen wurde, war es nicht“, meint der Mendener. In anderen Städten wäre laut Schmidt vorerst proaktiv auf Gruppen zugegangen worden, da sei nicht sofort der „Bußgeld-Hammer“ geschwungen worden. Und weil er dachte, das würde nicht notwendig sein, wandte sich Schmidt nicht direkt an seinen Anwalt. „Egal, wem ich das erzähle, alle haben sich an den Kopf gefasst.“ Heute blickt der frisch gebackene Papa mit Humor auf die Geschichte zurück: „Das Foto, das ich gemacht habe, hängt jetzt im Wohnzimmer. Als Mahnung und Erinnerung.“