Menden. Mendener Thomas Kissmer verkauft Wohnwagen: Nach dem Lockdown im Frühjahr blüht das Geschäft. Bei Gebrauchten rät der Fachmann aber zu Vorsicht.
Für Thomas Kissmer, der am Bräukerweg Wohnwagen verkauft, verleiht und in Schuss hält, sind die Sommerferien immer Hochsaison. Doch was der Mendener zurzeit erlebt, ist mit dem Wort Boom noch schwach umschrieben: Auf ein gutes Drittel mehr als sonst schätzt der Unternehmer die Nachfrage an allen Fronten des Geschäfts rund ums rollende Heim. Der Firma tut das gut, auch wenn sich der Stress wegen urlaubender Mitarbeiter mit Schulkindern gerade noch erhöht hat: „Wir holen jetzt den Lockdown auf.“
Virus verändert Reisepläne – und verstärkt den Trend zum rollenden Eigenheim
Denn im März und April, als auch Thomas Kissmer sein Geschäft für einen Monat schließen musste und die Campingplätze auch danach noch nicht wieder öffnen durften, da befürchtete er ein Katastrophenjahr. „Das wird aktuell aber abgefangen. Camping und Caravaning lagen schon vor Corona im Trend. Jetzt wollen viele auf diese Weise ihr eigenes Land erst recht neu entdecken.“
In Osterferien übernachteten viele mit Kindern im Camper – vor der Haustür
Die eingefleischten Camper dagegen seien wie immer schon vor Saisonbeginn erschienen, um ihre Wagen fitmachen zu lassen. „Die waren bestens vorbereitet, durften dann aber in den Osterferien nicht mehr los“, berichtet Thomas Kissmer. Nicht wenige hätten daraufhin mit ihren Kindern im Wohnwagen vor der Haustür übernachtet, um den Kleinen ein Urlaubsgefühl zu verschaffen. „Das haben mir gleich mehrere Kunden so erzählt“, schmunzelt Kissmer. Als dann wieder losgefahren werden durfte, erfuhr Kissmer wegen der weltweiten Pandemie von stark korrigierten Urlaubszielen: „Fehmarn statt Kroatien, Sylt statt Südtirol, auch davon höre ich viel.“
Experte warnt vor überteuerten Gebrauchten, aber auch Neuwagenkauf ist nicht ohne
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Die enorme Nachfrage treibt allerdings auch ihre Blüten: „Viele Leute kaufen jetzt gebrauchte Wohnwagen ohne Sinn und Verstand, der ganze Markt ist vollkommen überteuert.“ Kissmer kann nur noch den Kopf schütteln über das, was ihm „zum Durchgucken für den Urlaub“ dann auf den Hof gestellt wird. Denn bei mancher teuer erstandenen Schrottlaube gebe es kaum noch was durchzugucken. „Es gibt sogar schon Campingplätze, da wird jetzt nach Fahrzeug, Baujahr und Zustand gefragt. Die wollen nämlich auch keinen Schrott bei sich stehen haben, mit dem es hinterher nur Ärger gibt.“ Sogar Tränen habe es in seinem Geschäft schon gegeben, berichtet der Mendener. Das war, als Kissmer einem Kunden vorrechnete, dass Kaufpreis plus Reparaturkosten für den sechs Jahre alten Gebrauchten ungefähr den Neupreis des Gefährts ergaben.
Caravan-Neupreise liegen zwischen 15- und 30.000 Euro
Die Neupreise für Wohnwagen beginnen laut Thomas Kissmer ab 15- bis 16.000 Euro. Die Obergrenze liege bei gut 30.000 Euro, dann gehörten aber ein Mofa oder die Klimaanlage an Bord dazu.
Von der üblichen jährlich Preissteigerung um bis 3 Prozent abgesehen, habe die Corona-Krise daran auch noch nichts geändert – anders als bei der Preisexplosion für Gebrauchte.
Hier berichtet Thomas Kissmer von Kunden, die ihr Gebrauchtfahrzeug nach vier Jahren Nutzung soeben für mehr Geld verkaufen konnten, als sie damals selbst bezahlt hatten.
Ein Irrtum sei es zu glauben, dass kleine Wohnwagen auch kleine Preise bedeuten. Dafür seien die Gefährte, wenn sie in Schuss gehalten werden, auch in normalen Zeiten durchaus wertbeständig.
Kissmer lebt hauptsächlich von Fahrzeug-Verkauf und Reparaturen, Vermietungen gehen auch, spielen aber eine untergeordnete Rolle.
Wobei: Auch Neuwagenkäufe laufen längst nicht mehr so reibungslos wie vor Corona, als man seinen Wohnwagen bei einer Lieferzeit von einem Monat problemlos noch im Frühjahr zur Saison bestellen konnte. Denn jetzt, sagt Kissmer, kämen die Hersteller kaum noch nach, Stichwort: Lieferkette. „Vor allem bei den Wohnmobilen ist das stark spürbar.“ So würden etwa zwei Drittel aller Wohnmobile auf der Basis des Fiat Ducato aufgebaut. Doch Fiat baut in Italien, und in dem von Corona stark getroffenen Land werde der Wagen bis heute noch wieder nicht in der erforderlichen Stückzahl gebaut.
Weitere Corona-Folge: Beliebte Hersteller kommen mit dem Bau nicht nach
„Um die Fahrzeuge gibt es unter den Herstellern ein Hauen und Stechen, und wir als Händler müssen den Kunden dann erklären, dass es nicht an uns liegt“, erzählt Kissmer. „Wir leben ja auch nicht vom Behalten.“ Ähnliche Probleme gebe es bei Anbau-Markisen und sonstigem Camping-Zubehör. Oft rät Kissmer den Kunden von vornherein eine Ausweichfarbe zu wählen, falls es die gewünschte wieder einmal nicht geben sollte. Trotz allem: Bei Wohnwagen gehe auch für Kurzentschlossene für die Ferien immer noch was. Von Spontankäufen auf einschlägigen Portalen rät Kissmer allen Camping-Laien aber dringend ab.