Menden. Ruhrverband fährt 5500 Tonnen Klärschlamm ab, dann übernimmt die Stadt. Danach soll das Naturparadies neu erstehen – zur Naherholung.

Wer zurzeit am Ruhrverbands-Gelände am Wälkesberg vorbeikommt, der erblickt hinter dem Zaun ein wahres Lehm-Gebirge. Hinter diesen „Wälkesbergen“ steckt eine riesige Räumungsmaßnahme: Der Ruhrverband ist seit sechs Wochen dabei, die alten Klärteiche am Wälkesberg von giftigem Schlamm zu befreien. Wenn alles fertig ist, soll das Gelände als neuer Naherholungsraum für die Menderinnen und Mendener dienen – entstehen soll ein Naturparadies, das seinesgleichen suchen dürfte.

Klärteiche als Naturparadies: Ein Projekt ähnlich den Oeseteichen

Laut der Essener Ruhrverbands-Sprecherin Britta Balt werden sich die Abfuhrarbeiten auf dem Gelände allerdings noch mindestens bis zum Jahresende hinziehen – wenn alles klappt wie geplant. „Insgesamt rechnet der Ruhrverband mit rund 5500 Tonnen Klärschlamm, die am Wälkesberg zu räumen sind.“ Die sich jetzt auftürmenden Lehmberge bestehen laut Balt aus bereits gesiebtem und getrocknetem Klärschlamm, der in der nächsten Zeit abgefahren werde.

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Die Stadt Menden hat das Gelände vom Ruhrverband mittlerweile gekauft – ähnlich wie die Oeseteiche, deren Verwandlung in Naherholungsgebiet für Bürger und Rückzugsraum für selten gewordene Tiere und Pflanzen sich gerade vollzieht.

Gewachsenes Öko-System leidet jetzt unter Räumarbeiten

Am Wälkesberg ist es noch lange nicht so weit. Bis man hier flanieren kann, liegt vor allen Beteiligten noch jede Menge Arbeit. Allerdings hatten sich Flora und Fauna hier bereits prächtig entwickelt, bildeten Stillgewässer und Sumpfbereiche unterschiedlicher Größen und Tiefen bieten Pflanzen, Wasservögeln, Amphibien und Insekten doch schier unersetzliche Lebensräume. Die leiden jetzt massiv unter den Räumarbeiten, im Grunde wird ein altes Öko-System zerstört, um Platz für ein neues zu schaffen, unter dem keine Giftschichten mehr liegen.

Stillgewässer, Uferzonen und Sumpfbereiche

Die Klärteiche, das sind heute Stillgewässer und Weiher für Schwimm- und Tauchvögel mit Fischen und Wasservegetation; flach ausgezogene, teils trocken fallende Tümpel und Lachen.

Hinzu kommen stark variierende Uferzonen und Inseln, Steilufer für den Eisvogel, für Solitärbienen und -Wespen, schlammige Flachufer für Watvögel, die vor Ort brüten oder auf dem Durchzug sind.

Schließlich auch Sumpfbereiche für Watvögel und Rallen, Röhrichte für Halmbrüter und Insekten sowie hohe Lehmsteilwände für Solitär-Bienen und -Wespen und ausgedehnte Strauchweidenbestände als Pollen- und Nektarquelle auch für Wildbienen.

Die Stadt Menden jedenfalls will die 11,5 Hektar am Wälkesberg auch als Umwelt-Ausgleichsfläche nutzen. Dieser Flächenpool wird eingesetzt, wenn bei Baumaßnahmen die Natur weichen muss, ohne dass dies an Ort und Stelle durch Ersatzpflanzungen ausgebügelt werden kann. Dieses Mendener Öko-Konto wäre mit der Einrichtung des Gewerbegebiets Hämmer-Süd, das gerade auf erste Ansiedlungen vorbereitet wird, nahezu bei Null. Deshalb hatte die Stadtverwaltung schon Anfang 2015 beim Ruhrverband ihr grundsätzliches Interesse an den Klärbecken bekundet.

Kauf wird erst nach Räumung fällig

Der Kauf ist inzwischen zwar in trockenen Tüchern, vollzogen wird der Übergang – und damit auch die Bezahlung – laut Stadt-Sprecher Johannes Ehrlich aber erst nach der vertraglich vereinbarten Räumung.

Am Wälkesberg geht es indes auch um einen Streit um zwei große Windkraftanlagen, die der Versorger Gelsenwasser plant. Das Vorhaben war begleitet vom Bürgerprotest der Initiative „Gegenwind“. Die Mendener Politik beschloss hier im Jahr 2018 eine „Schwerpunktzone für Naherholungs-, Freizeit- und Fremdenverkehrszwecke“ entwickeln zu wollen. Die Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans wurde ebenso verfügt wie die fällige Änderung im Flächennutzungsplan. Damit wurde eine Veränderungssperre für das Gebiet möglich, die bis zu vier Jahre verlängert werden kann. Auch wenn die Stadtverwaltung seinerzeit betonte, dass dies keine „Verhinderungsplanung“ für die großen Windräder sei, so lief es doch darauf hinaus.