Menden. Ralf Goldschmidt leitet die Gesamtschule in Menden und kann Vorwürfe über faule Lehrer in der Coronazeit nicht verstehen.
Rund drei Monate ohne geregelten Unterricht in Klassenräumen haben ihre Spuren hinterlassen: Die Herausforderung, trotz Abstands zu den Schülern Wissen aufzubereiten, zu vermitteln und abzufragen, hat die Lehrkräfte laut Ralf Goldschmidt viel Zeit und Mühen gekostet. Der Schulleiter der Gesamtschule Menden weist deshalb die Vorwürfe des ehemaligen Kommunalpolitikers Wolfgang Jürgens vehement zurück. Jürgens setzt sich in einem Leserbrief an die Westfalenpost kritisch mit der Intensität der Arbeit und der Besoldung der Beamten während der Corona-Pandemie auseinander.
Mit Gerechtigkeit hat es nichts zu tun
Das Beamtentum und der normale Arbeitnehmer in der Coronazeit. Das Beamtentum schützt auch in Krisenzeiten unseren Staat! Ob Feuerwehrmann, Lehrer, Verwaltungsbeamte, Polizeibeamter, Krankenhausarzt und andere Beamtenberufe sind bedingt durch Unkündbarkeit, ständige Besoldungserhöhungen, private Krankenversicherungsversorgung privilegiert und grenzten sich so von dem normalen Arbeitnehmer ab. So die reine Lehre!
Jetzt die reine Wirklichkeit: In dieser Coronakrise habe ich persönlich den Eindruck gewonnen, der Staat schützt seine Beamten und schaltet den Staatsapparat mehr oder weniger aus! Ein großer Teil unserer Beamten (vor allen Dingen Lehrer) wurden bei voller weiterer Bezahlung außer Dienst gesetzt! Die Verantwortlichkeit für Bildung an unseren Kindern trat in den Hintergrund.
In der gleichen Phase wurde (zu Recht!) der Berufskraftfahrer, der uns unter anderem versorgen muss, sowie die Fleischfachverkäuferin oder Kassiererin bei Aldi oder Netto als systemrelevante Berufsgruppeeingestuft, die natürlich auch für die Versorgung der Beamten zuständig sind und sich jeden Tag und jede Stunde dem Coronaansteckungsrisiko ausgesetzt sehen. Alles ein Selbstverständnis! Eine versprochene Prämie, zu zahlen vom Arbeitgeber, wird es schon richten!
Andere Berufliche, die wegen Corona in die Kurzarbeit oder in die Arbeitslosigkeit gleiten mussten, natürlich mit enormen finanziellen Einbußen, kümmern sich jetzt um die Kinder, wissen nicht mehr die Miete zu bezahlen und schauen auf die Beamten, die gerade ihre Reise- und Urlaubsvorbereitungen treffen! Natürlich bei voller Entlohnung!? Sie können es sich leisten!
Mit Gerechtigkeit hat das nichts mehr zu tun, zumal die Beamten fast eine doppelte Altersvorsorge im Gegensatz zum Normalverdiener garantiert bekommen. Warum soll uns dieser Ist-Zustand wundern? Beamte machen die Gesetze, die Politiker sind dabei total überfordert, diese Gesetze im Sinne des Volkes zu überprüfen, weil die meisten als Berufspolitiker geboren wurden. Sie haben die reine Lehre der Arbeit nie kennengelernt.
Wolfgang Jürgens, Menden
„Wir haben ja zu Beginn der Pandemie gemerkt, dass so etwas wie Home-Schooling ein Thema werden könnte und haben uns entsprechend versucht, darauf vorzubereiten“, sagt Ralf Goldschmidt. Von dem Vorwurf, dass Lehrer während der Pandemie auf der faulen Haut gelegen hätten, könne er dagegen nicht berichten.
Lernpakete sorgen für viel Aufwand
„Wir mussten von heute auf morgen ganz anders arbeiten“, sagt der Gesamtschulleiter. Zugleich Kontakt zu halten und Abstand zu wahren sei zu Beginn der Corona-Krise nur über das Stellen von Aufgaben per Computer möglich gewesen. Zwei Mal in der Woche wurden Aufgaben, die im Vorfeld von den Lehrkräften entsprechend dem Lehrplan vorbereitet worden waren, den Schüler online übersandt. Wenige Tage später wurden diese geschnürten Lernpakete von den Pädagogen wieder eingeholt und korrigiert.
Der Aufwand, den einige Lehrer während der Kontrolle aufbrachten, war laut Goldschmidt enorm. „Es war keinesfalls so, dass die Lehrkräfte während der Pandemie herumgesessen und Däumchen gedreht hätten“, sagt er.
Lernvideos und Telefonate
Durch die Herausforderungen der Corona-Pandemie kamen neue Felder, in die sich auch einige Lehrer erst einarbeiten mussten, hinzu. „Es gab unter anderem Kollegen, die sich telefonisch mit Schülern auseinandergesetzt haben, wenn diese beim E-Learning an ihre Grenzen stießen“, weiß Goldschmidt. Andere Lehrer hingegen hätten sogar eigene Videos produziert, um den Schülern Lerninhalte bestmöglich zu vermitteln.
Insgesamt, glaubt Ralf Goldschmidt, habe sich der zeitliche Aufwand für die Lehrer in der Pandemie-Phase keinesfalls verringert. „Außer Dienst gesetzt“, wie Jürgens es in seinem Leserbrief kommuniziert, wurde laut Goldschmidt jedenfalls keine Lehrkraft. „Ich denke, das wird sich die Waage halten“, sagt der Leiter der Gesamtschule. Abgesehen davon hätten auch einige Lehrer mit der Situation zu kämpfen gehabt.
der Unterricht der letzten Wochen war für Goldschmidt didaktisch alles andere als zeitgemäß. „Das war Frontalunterricht pur.“
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