Fröndenberg/Dortmund. Der Messerstecher-Prozess geht weiter. Die Bluttat ereignete sich bereits im vergangenen Jahr. Keine Abwehrverletzungen beim Opfer erkennbar.

Fortsetzung des Messerstecher-Prozesses vor dem Amtsgericht Dortmund. Im Verfahren um die lebensgefährliche Attacke im vergangenen Herbst machte nun der Gerichtsmediziner seine Aussage.

Dr. Ralf Zweihoff, Leiter des Instituts für Rechtsmedizin in Dortmund, untersuchte das schwer verletzte Opfer vier Tage nach dem Vorfall. Der heute 26-Jährige war zu diesem Zeitpunkt, Ende Oktober 2019, bereits notoperiert worden und auch wieder ansprechbar. Der Rechtsmediziner untersuchte die schweren und lebensgefährlichen Verletzungen des Opfers genauer. Tiefe Schnitt- und Stichwunden fand der Arzt dabei vor, nahe der Nase und der Augen, an seinem Schlüsselbein und in der Brust. Auch am Bauch war ihm eine schwere Wunde zugefügt und dabei der Dickdarm verletzt worden. Innere Blutungen hatte der junge Mann ebenfalls erlitten. „Es ist eine große Dynamik zu erkennen", schilderte Dr. Zweihoff seine Schlussfolgerungen aus dem Verletzungsbild.

Auch interessant

Keine Abwehrverletzungen

Interessant sei auch, dass er bei dem Opfer keine Abwehrverletzungen an Händen und Armen vorfand. Gerade die Abwehr eines Messers (und damit soll der Angeklagte laut Anklage zugestochen haben) würde sehr wahrscheinlich Schnittwunden an den Händen verursachen, ebenso Schürfwunden oder Hämatome, so der Gerichtsmediziner. Das Fehlen dieser Merkmale könnte sich durch die Heimtücke des 34-jährigen Angeklagten erklären, der sein Opfer zunächst von hinten angefallen haben soll. So hatte es das Opfer auch in seiner Vernehmung ausgesagt. Sein späterer Peiniger solle ihn zunächst, als man sich gegenüber stand, aufgefordert haben, sich umzudrehen.

Der 26-jährige Syrer war an diesem fünften Verhandlungstag vor dem Landgericht Dortmund nicht anwesend. Als Beweisstücke in das Verfahren eingeführt, wurden die Kleidungsstücke von ihm und die des mutmaßlichen Angreifer. Dabei handelt es sich um Jeanshosen, Jacken und Pullover. An vielen Kleidungsstücken fand die Spurensicherung Blut.

Auch interessant

Gebrauch vom Recht zur Aussageverweigerung

Die Klamotten des Opfers wurden von den Rettungskräften teilweise aufgeschnitten, um schneller mit der Versorgung der Wunden beginnen zu können. In den Stofffetzen sind immer noch die Löcher erkennbar, die vom Messer stammen könnten. Das Opfer trug an dem Abend des 18. Oktober im vergangenen Jahr dem Wetter entsprechend dickere Kleidung, mehrere Schichten aus T-Shirt, Pullover und Jacke. Durch all das hat das Messer hindurch gestoßen. "Da muss also schon Wucht hintergesteckt haben", schlussfolgerte der Staatsanwalt.

Auch interessant

Für den Gerichtsmediziner jedenfalls ergeben die Verletzungen des jungen Syrers zum in der Anklage dargelegten Tatvorwurf durchaus Sinn, erscheinen ihm plausibel. Der Beschuldige selbst nutzt weiter sein Recht zur Aussageverweigerung (in seiner ersten polizeilichen Vernehmung hatte er von Notwehr berichtet). Den Ausführungen der weiteren Beteiligten in der Verhandlung folgt er allerdings sehr aufmerksam, betrachtete auch genau die verschiedenen Kleidungsstücke.

>>>INFO:

Der nächste Verhandlungstag vor der Schwurkammer am Dortmunder Landgericht ist Freitag, 12. Juni.

Dann werde auch das mutmaßliche Opfer wieder vernommen, insbesondere zu seiner Kommunikation mit dem Angeklagten an den Tagen vor der Bluttat am Fröndenberger Ruhrbalkon. Dort hatte sich die Tat ereignet. Das Opfer schwebte zunächst sogar in Lebensgefahr.