Fröndenberg. Seniorenheim in Fröndenberg zählt vier Tote. Fast die Hälfte der im Haus 1 untergebrachten Bewohner ist infiziert. Noch ist kein Ende abzusehen.

Heinz Fleck, sonst ein Machertyp, verzweifelt allmählich. Vier tote Senioren hat sein Haus bereits zu beklagen, 49 Bewohnerinnen und Bewohner des Schmallenbachhauses 1 auf dem Fröndenberger Hirschberg sind mit dem Coronavirus infiziert. Das ist fast die Hälfte der im Gebäude untergebrachten Menschen. Dazu musste der Geschäftsführer des Schmallenbachhauses bereits 24 betroffene Beschäftigte nach Hause schicken – und noch ist kein Ende abzusehen.

Geschäftsführer sieht seine Schützlinge von vielen im Stich gelassen

Die Ergebnisse der großen Testungen der letzten Woche, als das Kreisgesundheitsamt Unna mehr als 600 Menschen beproben ließ, liegen noch längst nicht vollständig vor. 100 Ergebnisse der 400 Tests von Mitarbeitern aller drei Standorte stehen noch aus. So weiß Fleck vom Haus 2 und dem Schwesterheim „Haus Hubertia“ in der Innenstadt nur, dass alle bisherigen Testungen negativ ausgingen – „aber was hilft das, wenn die nicht vollzählig sind?“ Ein einziger aktuell angesteckter Bewohner oder Mitarbeiter reiche, um das Gesamtbild rasant wieder zu verschlechtern. Womöglich seien alle jetzt erst eintreffenden Ergebnisse schon überholt: „Tests von letzter Woche Mittwoch interessieren doch nicht mehr!“

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Weil laut Fleck der Kreis Unna in einer aus seiner Sicht viel zu langsamen Prozedur die 600 Ergebnisse und Namen zuordnen müsse, dauert es aus seiner Sicht viel zu lange bis zum so wichtigen Gesamtüberblick. Bei der Probenahme seien die Röhrchen nicht den Häusern zugeordnet worden, was jetzt die Sisyphosarbeit im Kreishaus nötig mache. Inzwischen müsse er auch registrieren, dass sich Fachkräfte im eigenen Haus krank melden, weil sie mutmaßlich Angst vor einer Ansteckung haben. Dagegen hätten sich bisher nur zwei ausgebildete Pflegekräfte auf einen Aufruf des Schmallenbachhauses auf Facebook hin gemeldet, dafür aber fast 100 Freiwillige, die helfen wollten. Einige würden jetzt in Putzdienst oder Spülküche eingesetzt, um die verbliebenen Pflegekräfte von Aufgaben außerhalb der unmittelbaren Altenbetreuung zu entlasten.

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Am schlimmsten findet Heinz Fleck, dass ihm auch Ärzte unter der Notrufnummer 116117 erklärten, sie kämen nicht ins Schmallenbachhaus. Dabei würden die Mediziner dringend gebraucht, auch um Einweisungen in Krankenhäuser zu veranlassen. „Wir hatten jetzt ein Mal eine jüngere Ärztin aus Schwerte hier, die hat fünf Bewohner eingewiesen und war nach einer Stunde wieder weg“, schildert der Geschäftsführer, der selbst Tag und Nacht im Schmallenbachhaus arbeitet. Ob Kreis oder Ärzte: Fleck fühlt sich und seine Schützlinge derzeit von vielen im Stich gelassen. „Das ist eine Katastrophe!“

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Auch bei den Krankenhäusern wird es nach seinem Eindruck eng. Das St.-Vincenz-Krankenhaus, wo zwei Schmallenbachhaus-Bewohner mit Covid-19 verstarben, habe ihm schon erklärt, dass die Kranken aus Fröndenberg weiter verteilt werden müssten. Alternativen seien zunächst das evangelische und das katholische Krankenhaus in Unna, mittlerweile aber wohl auch Kliniken in Soest oder Dortmund.

Kreis Unna ebenfalls in Warteschleife: „Es fehlen Ergebnisse“

Als ebenso ohnmächtig wie die Heimleitung des Schmallenbachhauses sieht Constanze Rauert, Sprecherin des Kreises Unna, in der aktuellen Situation ihre Behörde mitsamt dem Kreisgesundheitsamt. „Dass Herr Fleck so offensiv mit der wirklich schwierigen Situation umgeht, ist gut, das kann ich vollauf nachvollziehen“, sagte Rauert auf Anfrage der WP. „Es fehlen Ergebnisse.“ Auch der Kreis Unna selbst warte ja auf weitere Resultate der Testungen, und auch der Behörde sei klar, dass die Uhr hier tickt: Je älter die Ergebnisse, desto wertloser werden sie, da sie wieder überholt sein können.

Gesundheitsbehörde: Können nicht die Aufgaben der Notärzte übernehmen

„Wir sind mit Herrn Fleck im engsten Kontakt, und dass es so lange dauert mit den Ergebnissen, hat vor allem mit der Tatsache zu tun, dass es so viele Testungen waren – etwa 600.“ Aufgabe der Gesundheitsbehörde sei es, den Risikoherd einzugrenzen und nicht, die Aufgabe der Hausärztinnen und Hausärzte zu übernehmen, die Fleck für die Einweisungen infizierter Bewohner jetzt so dringend brauche.

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„Auch wir“, stellt Rauert fest, „sitzen in der Warteschleife, und wir können Herrn Fleck jetzt nicht helfen. Wir können nur sagen, dass wir Ergebnisse, die wir bekommen, sofort an die Geschäftsführung weiterleiten werden.“ Auch die Laboratorien im Hygieneinstitut Gelsenkirchen seien womöglich ausgelastet. Rauert: „Wir müssen jetzt alle miteinander die Nerven behalten und erst einmal mit dem leben, was da ist.“