Menden. Essen in Restaurants ist in der Corona-Krise untersagt. Wie stellen sich alteingesessene Mendener Gastwirte darauf ein?

In Zeiten der Corona-Krise haben sich Pizzerien und Döner-Imbisse schnell auf die veränderten Bedingungen eingestellt und liefern jetzt nach Hause. Was aber machen alteingesessene Mendener Restaurants wie „Oberkampf“, „Ivo“ und „Haus Lenze“? Wir haben nachgefragt.

„Bei Ivo“

„Mit geht’s gut“, sagt Ivo Bitanga auf die Frage der WP-Reporterin. Seit 54 (!) Jahren betreibt der 83-Jährige seine Gaststätte „Bei Ivo“ Auf der Haar. Ihm liegt es nicht, über die aktuelle Corona-Krise zu klagen. Doch ebenso wie alle anderen Restaurants ist sein Haus für Gäste derzeit geschlossen. „Wir verkraften das“, ist sich Ivo Bitanga sicher. Sicher habe er darüber nachgedacht, Essen auf Bestellung nach Hause zu liefern - zumal auch einige Kunden bei ihm nachgefragt hätten: „Aber ich bin da skeptisch“, sagt der Gastronom. „Wenn ich ein Rumpsteak liefere, dann ist das kalt, bis die Gäste es essen. Das ist nicht das gleiche, als wenn ich es hier im Restaurant serviere.“

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Entlassen werde er niemanden, betont Ivo Bitanga: „Ohne mein Personal wäre ich nichts. Ich muss jetzt in diesen Zeiten zu meinem Personal stehen. Die haben doch auch laufende Kosten, die kann ich nicht im Stich lassen.“

„Haus Oberkampf“

Auch Daniel Oberkampf von „Haus Oberkampf“ in der Innenstadt hat mit dem Gedanken gespielt, Essen außer Haus zu liefern. Für größere Familienfeste beispielsweise machen er und sein Team das ohnehin, und auch Reste von einem Essen, das sonst im Restaurant verzehrt wird, wird manchmal eingepackt: „Dafür haben wir kleine Boxen“, berichtet Daniel Oberkampf. „Aber wir sind nicht darauf vorbereitet, generell außer Haus zu liefern.“ Das Material müsste zunächst gekauft werden, „und wir müssten immer alle Lebensmittel vorrätig haben, die wir dann vielleicht wegwerfen müssen“.

„Haus Oberkampf“: Daniel Oberkampf mit Frau Judith.
„Haus Oberkampf“: Daniel Oberkampf mit Frau Judith. © WP | Lisa Dröttboom

Für sein Personal, das er auf alle Fälle halten will, habe er Kurzarbeit angemeldet. Zwischen den Mendener Gastronomen sei ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl zu spüren: „Solch eine Situation gab’s ja noch nie, das ist Neuland für uns alle.“ In einer WhatsApp-Gruppe tausche man sich derzeit aus, „wir versuchen, uns gegenseitig zu helfen, wenn es geht“.

„Haus Lenze“

Besonders herausfordernd ist die Corona-Krise für Robert Polniak, der mit seiner Ehefrau vor fünf Jahren das Haus Lenze im Biebertal übernommen hat. Eigentlich wollte die Familie schon im vergangenen Jahr renovieren, kaufte bereits Farben und Tapeten. „Damals hatten wir aber zu viele Gäste, da haben wir es zeitlich nicht geschafft“, berichtet Robert Polniak. Jetzt ist er froh, dass er das Material bereits zu Hause und vor allem bezahlt hat: „Das wäre sonst im Moment finanziell nicht drin.“ Die Zwangspause nutzt er nun zum Renovieren.

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Unser Archivbild zeigt Familie Polniak vom „Haus Lenze“. (v.l. Mutter Beate, Tochter Patricia, Vater Robert und Tochter Pamela Polniak).
Unser Archivbild zeigt Familie Polniak vom „Haus Lenze“. (v.l. Mutter Beate, Tochter Patricia, Vater Robert und Tochter Pamela Polniak). © WP | Martina Dinslage

Dadurch, dass er das Haus erst vor wenigen Jahren gekauft hat, müssen eigentlich hohe Kredite bedient werden, erzählt der Gastwirt: „Wir leben jetzt von Omas Rente.“ Mit seiner Bank habe er Kontakt aufgenommen, die Kredite werden nun zunächst gestundet. Auch einen Antrag auf Soforthilfe durch den Bund hat Robert Polniak auf den Weg gebracht.

Lange werde das Geld des Bundes allerdings nicht reichen. Denn er habe Kosten in Höhe von monatlich 15.000 Euro, für sein Personal habe er bereits Kurzarbeit angemeldet. Entlassen will er niemanden: „Wir brauchen die Mitarbeiter, wollen die unbedingt halten“, sagt der Gastwirt. „Aber es ist eine richtig schwierige Situation für uns. Das ist existenzbedrohend. Vor allem, weil wir nicht wissen, wie es weitergeht.“

Einen Lieferdienst einzurichten, hält Robert Polniak für wenig erfolgversprechend. Das „Haus Lenze“ liege zu weit von der Stadt entfernt. Wenn er liefern wolle, müsse er jeden Tag ausreichend frische Ware vorhalten: „Und die muss ich dann wegwerfen, wenn es nicht läuft.“ Zudem wolle er nicht durch einen Lieferdienst seinen Ruf verlieren: „Wir wollen weiter auf frische Sachen setzen, nicht auf Tiefgekühltes.“

Kleiner Lichtblick: Einige Kunden haben ausdrücklich nach Gutscheinen gefragt, die sie später einlösen können: „Die wollen uns auf diese Weise etwas unterstützen.“

Nicht jeder Gast hat Verständnis dafür, dass die Restaurant derzeit für Gäste geschlossen bleiben müssen. So berichtet Robert Polniak von einem wenig freundlichen Kunden. Der Mann sei aggressiv und unverschämt geworden, habe unbedingt im Restaurant essen wollen, schildert Robert Polniak: „Ich habe ihm gesagt, dass wir das nicht dürfen, aber er wollte nicht gehen.“ Stattdessen habe der Mann geantwortet: „Das interessiert mich nicht.“ Erst als Robert Polniak sich mit einem weiteren Mann vor die Tür stellte, um den Kunden zu verscheuchen, sei dieser gegangen.

HINTERGRUND

In der Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen ist festgelegt, dass Gastronomie-Betriebe derzeit nicht öffnen dürfen. Dort heißt es in „§9 Gastronomie“: „Der Betrieb von Restaurants, Gaststätten, Imbissen, Mensen, Kantinen, Kneipen, (Eis-)Cafés und anderen gastronomischen Einrichtungen ist untersagt.“

Die Belieferung mit Speisen und Getränken sowie der „Außer-Haus-Verkauf durch Restaurants, Gaststätten, Imbisse, Mensen, (Eis-)Cafés und Kantinen“ sei zulässig. „Für den Außer-Haus-Verkauf gilt dies nur, wenn die erforderlichen Vorkehrungen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts, zur Vermeidung von Warteschlangen und zur Gewährleistung eines Mindestabstands von 1,5 Metern gewährleistet sind. Der Verzehr ist in einem Umkreis von 50 Metern um die gastronomische Einrichtung untersagt.“