Platte Heide. Der evangelische Pfarrer Mario Huhn erklärt, wie sich die Gemeindearbeit durch die Krise verändert hat. Seelsorge findet jetzt telefonisch statt.
Der evangelische Pfarrer Mario Huhn ist seit Sommer 2019 im Paul-Gerhardt-Haus in Platte Heide aktiv. Er hat dort seine erste Pfarrstelle angetreten. Und schon nach der vergleichsweise kurzen Eingewöhnungsphase wird er auf die Probe gestellt: Durch die Corona-Krise ist alles anders und es gilt vieles zu beachten.
Kaum persönliche Kontakte, keine Gottesdienste oder Begegnungen: Im Zuge der Krise musste auch die Evangelische Kirchengemeinde Menden reagieren und ihren Arbeitsalltag umstellen. "Diese Herausforderung pusht mich mehr als alles andere", sagt Mario Huhn. Er nehme sie gerne an. Denn obwohl er erst wenige Monate im Amt ist, habe er sich bis zum Start der Krise gut eingearbeitet. Es sei dennoch sehr schade, dass aktuell keine Gottesdienste stattfinden könnten. "Die sind für mich zentral", sagt der Pfarrer. Aber er versucht, die Nähe zu den Gemeindemitgliedern trotzdem nicht zu verlieren.
Kirchen sind eingeschränkt geöffnet
So sind die Kirchen der Gemeinde noch offen - für das persönliche Gebet und ein Gespräch. Die Türen des Paul-Gerhardt-Hauses sind sonntags von 11 bis 12 Uhr geöffnet, die Heilig-Geist-Kirche montags bis freitags von 18 bis 19 sowie samstags und sonntags von 11 bis 12 Uhr und die Erlöserkirche sonntags von 9.30 bis 10.30 Uhr. "Die Pfarrer sind dann dort als Ansprechpartner", sagt Mario Huhn.
Es seien auch Menschen dort, die das Angebot in Anspruch nehmen, primär Gemeindemitglieder. Man kenne sich. Doch viele Menschen, gerade Ältere, hätten Angst, nach draußen zu gehen. "Sie kommen nicht und das ist auch gut so", sagt Pfarrer Mario Huhn. Es sei wichtig, jedes Ansteckungsrisiko zu vermeiden. Deshalb ist er für diese Menschen auch telefonisch erreichbar.
Fragen am Telefon beantworten
"Der normale Alltag liegt still, aber die Arbeit am Schreibtisch geht weiter", sagt Mario Huhn. "Ich führe viele Telefonate, um den Kontakt aufrecht zu erhalten." Jene Mitglieder der Gemeinde, die ihn kontaktieren, hätten Angst vor der Ungewissheit. "Wie geht es weiter? Wie bekomme ich Familie und Homeoffice unter einen Hut?" - Das seien Themen, die die Menschen beschäftigen. Es gehe bei der telefonischen Seelsorge darum, nicht "billig zu vertrösten". Mario Huhn: "Ich versuche, den Blick darauf zu lenken, dass die Menschen in der Krise nicht allein sind."
Viele würden auch nach Rat bitten, was sie tun könnten, damit ihnen zuhause nicht die Decke auf den Kopf fällt. "Ich rate ihnen dann, Struktur in den Alltag zu bringen. Feste Zeiten für das Essen oder für Spielzeiten zum Beispiel. Das ist natürlich bei jeder Person sehr individuell", sagt der Pfarrer, der selbst Familienvater ist. Auch für ihn gilt es, seine Familie zu schützen. Außentermine seien zwar sehr eingeschränkt, Beerdigungen führe er trotz allem aber durch. Mit dem nötigen Abstand.
Zeit für Fortbildung nutzen
"Die Gemeinschaft und der persönliche Kontakt, ja einfach Gespräche zu führen, das fehlt mir ganz klar", sagt Mario Huhn. Der Alltag sei eingeschränkt, man versuche das Beste aus der Situation zu machen. "Ich versuche die Gebetszeiten einzuhalten, Mails zu schreiben und nutze die Zeit auch dafür, um Dinge nachzuarbeiten oder mich fortzubilden." So lese er beispielsweise viel.
Mario Huhn glaubt, dass die Krise die Gesellschaft verändert. Er schaut hoffnungsvoll in die Zukunft, will den Kopf nicht in den Sand stecken. "Ich habe Respekt für die Menschen, die gerade an der Front sind." Viele Menschen würden in diesen Tagen merken, wie wichtig und schön der normale Alltag eigentlich ist. "Sie wollen ihm vielleicht sonst entfliehen, aber jetzt sehen sie, dass der Gang ins Café oder Geschäft ein Gewinn ist", sagt er. Auch die Familie stehe stärker im Fokus. "Familie und Freunde sind wichtig. Alles andere ist eigentlich egal."
Weitere Informationen zu Kirche, Öffnungszeiten und Aktionen:
Die christlichen Kirchen in Menden laden in einer Zeit des Versammlungsverbots ein, an jedem Abend gemeinschaftlich Andacht zu halten: "Stellen Sie von 19.45 Uhr bis 20 Uhr eine Kerze ins Fenster, sprechen ein Vaterunser und ein Gebet für die, die besonders vom Corona-Virus betroffen sind, für die medizinischen Pflegekräfte und für die Liebe und Solidarität der Menschen miteinander", heißt es.
Unter dem Motto "Kirche hört zu" haben Pfarrerinnen und Pfarrer des Ev. Kirchenkreises Iserlohn, Mitarbeitende des Jugendreferates und Ehrenamtliche der Notfallseelsorge zudem täglich ein offenes Ohr für die Anliegen der Menschen: von 9 bis 13 Uhr und 15 bis 19 Uhr ist unter 0151/62973800 eine Hotline geschaltet.
Das Gemeindebüro und die Friedhofsverwaltung bleiben bis zum 19. April für den Publikumsverkehr geschlossen. Die Mitarbeiterinnen sind telefonisch erreichbar von Dienstag bis Freitag 9 bis 12 Uhr sowie donnerstags von 14 bis 16 Uhr. Gottesdienste fallen aus, auch die Ostergottesdienste sind betroffen.
Pfarrer Mario Huhn ist erreichbar unter 02373/7602760.