Menden. Schwester Malena Grothe fährt weiter Patienten an - als mobile Pflegekraft ist sie in diesen Tagen oft auch Seelsorgerin für ihre Patienten.

Wenn es bei einigen älteren Menschen in diesen Tagen klingelt, steht der einzige Besuch des Tages vor der Tür. Schwester Malena ist gekommen, um ihrer Arbeit nachzugehen. Sie ist Pflegerin beim mobilen Pflegedienst des VKM, der sich auch während der Corona-Krise um die Patienten vor Ort kümmert. Eben um die, die nicht mehr vor die Tür kommen - die Mendenerin Malena Grothe ist oft die einzige Person, die sie in diesen Tagen zu sehen bekommen. Ein Bericht aus ihrem aktuellen Alltag.

Der Tag ist fast schon minutiös durchgeplant für Pflegekräfte wie Schwester Malena. Die Zeit bei den Patienten ist oft knapp bemessen, jede Minute, die sie länger bei einem Patienten verbringt, muss sie bei einem anderen einsparen. Eigentlich. "Ich bleibe aber oft so lange wie möglich und ziehe diese Zeit dann nicht beim nächsten Patienten ab", sagt die Pflegerin. Oft führt das zu Überstunden, ihr Feierabend verschiebt sich regelmäßig nach hinten. "Das", so sagt Malena Grothe, "war aber auch schon vor Corona so."

Der einzige Kontakt nach draußen

Pflegekräfte stehen oft unter enormen Zeitdruck, dass hat sich auch in der Krise nicht geändert. Was sich geändert hat, ist die Zeit, die sich Pfleger und Pflegerinnen wie Malena Grothe für Gespräche nehmen. "Ich merke den älteren Leuten die Angst an", sagt Grothe. Viele fragen sie, was gerade so passiert, fühlen sich an die Zeit während des Zweiten Weltkriegs erinnert. Die Pflegerin erzählt dann, was draußen, dort wo die meisten ihrer Patienten gar nicht mehr oder nur selten hinkommen, derzeit los ist. Für die Patienten ist das meist der einzige Kontakt in diesen Tagen - denn außer ihrer täglichen Visite sind Kontakte zu den älteren Menschen derzeit untersagt.

Schwester Malena geht trotz des hohen Risikos einer Ansteckung ihrer Arbeit nach - eine andere Wahl hat sie ohnehin nicht. "Uns bleibt nichts anderes übrig", sagt sie. Während der Visiten, bei denen sie beim Anziehen oder Waschen hilft und Medikamente verabreicht, wird sie immer öfter auch zur Seelsorgerin. Auch wenn sie selbst mit dem Risiko lebt, sich anzustecken. Malena Grothe versucht dabei kühlen Kopf zu bewahren und den Patienten die Sorgen zu nehmen. "Wir dürfen nicht unruhig werden, das merken die Patienten", sagt sie.

Unterbesetzung macht ihr zu schaffen

Ihr ohnehin schon anspruchsvoller Beruf ist in der derzeitigen Krisenzeit noch einmal schwieriger geworden. Es brauche mehr Unterstützung, mehr Mitarbeiter. Von einer, wie an anderer Stelle schon oft geforderten besseren Bezahlung redet sie nicht. "Die Pflege muss ja weiter laufen", sagt sie - ihr Pragmatismus klingt in dieser Zeit fast schon gebetsmühlenartig. Ihr macht eher die Unterbesetzung zu schaffen, die bereits vor der Krise deutlich spürbar war.

Da einige Verwandte der Patienten bedingt durch Kurzarbeit in vielen Betrieben mehr Zeit haben, übernehmen sie Aufgaben der täglichen Pflege. Das erleichtere den Job derzeit, trotzdem gebe es noch Patienten, die weiter drei bis vier Mal am Tag angefahren und versorgt werden müssen. Da wo es zeitliche Ersparnis gibt, fällt an anderer Stelle aber neue Arbeit an. "Wir müssen natürlich weiter unsere Dokumentationen schreiben. Auch wenn die natürlich dazu gehören, halten sie uns immens auf", sagt Malena Grothe.

Aufmunterung durch Unterstützung

Die Sicherheitsmaßnahmen rund um ihre Arbeit wurden aufgrund des hohen Risikos noch einmal nach oben geschraubt. Vor Dienstantritt wird Fieber gemessen, dann wird für entsprechend umfangreichen Schutz gesorgt. Atemmasken sind dabei wie an vielen anderen Stellen derzeit äußerst rar. "Zum Glück bekommen wir viele selbst genähte Masken", berichtet die Pflegerin. Darauf seien sie angewiesen. Ähnlich wie auf die vielen positiven und aufbauenden Rückmeldungen in diesen Tagen. Viele gemalte Bilder erreichen sie, Kinder versuchen so für Aufmunterung bei ihr und ihren Patienten zu sorgen.

Kaufen kann sie sich dafür aber nichts, vor allem keine Freizeit. Wie viele andere Pflegekräfte wagt sie keinen Blick auf ihr Überstundenkonto. Die eigentlich festgelegte Arbeitszeit von 25 Stunden pro Woche überschreite sie aber regelmäßig. Dann geht es nach Hause, wo das eigene Kind und eine Baustelle warten. Es ist keine Zeit, in der man mit Schwester Malena tauschen möchte. Umso wichtiger scheint es, die mutigen Pfleger und Pflegerinnen bei ihrer Arbeit zu unterstützen.